Wenn sie mit einer neuen Kollektion beginnt, muss Rei Kawakubos Schreibtisch leer sein. Kein Bild, keine Zeichnung darf stören. Sie liebe das Nichts, die Tabula rasa, um neue Ideen zu haben, sagt die 66-jährige Japanerin. Anfang der Siebzigerjahre gründete sie das Label »Comme des Garçons«, 1981 zeigte sie ihre Mode zum ersten Mal in Paris, und die Branche war schockiert: Kawakubo trat das westliche Schönheitsideal mit Füßen, ihre Models trugen flache Schuhe und schwarz-graue Kutten, die jede weibliche Form versteckten.
Kawakubo räumte mit der Vorstellung auf, Mode habe immer mit Schönheit zu tun. Die Frauen sollten sich wohlfühlen, nicht gefallen müssen. So prägte sie den Stil der Achtzigerjahre. »Wenn ich etwas machen will, achte ich dabei nicht auf die Meinung anderer«, sagt sie. »Ich will die Menschen zu einer Reaktion herausfordern, ganz gleich, ob sie gut oder schlecht ist.« 2004 eröffnete sie in Berlin einen Guerrilla Store in der ehemaligen Brecht-Buchhandlung, um mit dem klassischen Konzept der Luxusboutique zu brechen; Guerrilla Stores, schnell eröffnet, schnell wieder geschlossen, folgten in Barcelona, Warschau oder Athen. Andere Designer kopierten diese Idee, wie so oft, wenn Rei Kawakubo der Branche etwas Neues vormachte.
Illustration: Jeanne Detallante