Die Unabhängigen: Cordula & Georg

Zwei, die in der Krise zueinanderfanden: Cordula Reyer, Österreichs bekanntestes Model, und der Autor Georg Desrues.

SZ-Magazin: Frau Reyer, Sie waren Ende der Achtzigerjahre der Topmodel-Export aus Österreich, die Muse von Helmut Lang, und haben bis vor einigen Jahren in L. A. gelebt; Herr Desrues, Ihnen gehörten mehrere Bars in der Wiener Innenstadt, zwischendurch haben Sie in Paris gewohnt – wie kam es, dass zwei Ur-Wiener wie Sie schließlich zueinandergefunden haben?
Georg Desrues: Aus der Ferne kannte ich die Cordula schon lang, sie ist ein Star in Österreich. Es war ein Jugendtraum, sie kennenzulernen, vor sieben Jahren hat ihn mir eine Freundin erfüllt.
Cordula Reyer: Oh je, was für ein peinlicher Anfang!
Desrues: Diese Freundin telefoniert ständig – als sie im Restaurant wieder mal ans Handy ging, bin ich aufgestanden und wollte gehen. Da sagte sie: Es ist die Cordula, ob sie zu uns kommen kann?
Reyer: Das war im Sommer 2004 in Wien – wir haben uns ineinander verliebt, es ist einfach passiert. Aber die Logistik am Anfang war schwierig, ich habe ja 10 000 Kilometer weit weg in L. A. gewohnt.

Also führten Sie erst mal eine Fernbeziehung?
Desrues
: Ja, das war hart, vor allem die Zeitverschiebung.
Reyer: Nach einem halben Jahr ist der Georg zu mir nach L. A. gezogen. Als er dann angefangen hat, in Bra im Piemont zu studieren, bin ich mit ihm gegangen.
Desrues: Wir sind in vielem gegensätzlich, aber wir sind uns zu einem Zeitpunkt im Leben begegnet, zu dem wir uns in sehr ähnlichen Gemütszuständen befanden und das Gleiche wollten.
Reyer: Stimmt. Wir wollten beide unser Leben komplett verändern.

Was waren das für Veränderungen?

Desrues: Mir gehörten einige Lokale in Wien und ich war drauf und dran, sie abzustoßen – aber ich wusste auch nicht, was ich sonst machen sollte. Und die Cordl war gerade am Ende ihrer Model-Karriere, ihr Sohn zog aus, er war erwachsen geworden. Wir waren beide an einem Wendepunkt.
Reyer: Ich würde sogar sagen: Wir hatten beide eine richtige Krise!
Desrues: Ja, und wir waren ja auch nicht mehr die Jüngsten, die Cordula 41, ich 38. Wir haben uns gemeinsam etwas Neues überlegt, das schweißt zusammen. Ich habe angefangen, auf der Universität für Gastronomische Wissenschaften in Bra im Piemont zu studieren – dort ist der Hauptsitz der Slow-Food-Bewegung. Sie setzt sich für nachhaltige Landwirtschaft und die Bewahrung von Qualitätsprodukten ein – ein Gedanke, der mir gefallen hat. Heute schreibe ich viel über Themen rund ums Essen. Auch die Cordula arbeitet als Journalistin.
Reyer: Es ist schon erstaunlich, dass wir damals flexibel genug waren, uns aufeinander einzulassen, eigentlich sind wir beide ziemliche Diven.
Desrues: Ich würde von mir nie behaupten, eine Diva zu sein.
Reyer: Ha, das ist ja schon ein divenhaftes Statement.

Was mögen Sie daran, in einer Beziehung zu sein?

Reyer: Das klingt kitschig, aber wenn wir uns verstehen, ist jeder Tag, jedes gute Essen, jeder schöne Film, jeder schöne Ort noch besonderer.
Desrues: Ich fühle mich einfach halb, wenn ich allein bin.

Und wenn es mal nicht so gut läuft zwischen Ihnen?
Reyer: Wenn wir uns streiten, sagen wir uns gegenseitig: Ich brauche dich nicht, mach deinen Scheiß doch selbst. Man will sich und dem anderen klarmachen, dass man auch allein gut funktioniert. Trotzdem können wir heute zugeben, dass das Leben zu zweit einfach schöner ist – alles andere wäre ja auch tragisch.

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Was mögen Sie ganz besonders aneinander?
Reyer: Ich liebe Georgs Scharfsinn und seinen Humor. Ohne seinen Humor wären wir schon lange nicht mehr zusammen.
Desrues: Und ich mag deine Schönheit.
Reyer: Na super, die geht gerade flöten.
Desrues: Ach, überhaupt nicht! Deine Gesamtschönheit. Das Gesamtkunstwerk Cordula.

Und was würden Sie gern jeweils am anderen ändern?
Reyer: Der Georg ist sehr schlampig, aber eigentlich habe ich das inzwischen gern: Die Socken liegen rum, die Zahnpasta wird nicht zugeschraubt. Wir waren mal eine Zeit lang getrennt, und ich habe das alles sehr vermisst.
Desrues: Du bist doch selbst schlampig. Du bist die schlechteste Hausfrau der Welt.
Reyer: Das stimmt gar nicht.
Desrues: Doch, Schatz, das stimmt. Eine miserablere Hausfrau als dich gibt es nicht.
Reyer: Okay, ich gebe zu, du kochst immer.
Desrues: Ich koche, ich bügle, ich mache Frühstück, ich wasch ab.
Reyer: Nein, ich wasch ab.
Desrues: Ja, seit ich dir Gummihandschuhe gekauft habe. Aber ändern will ich trotzdem nichts an dir.
Reyer: Wir ergänzen uns einfach gut. Der Georg ist irrsinnig schnell und will immer viel machen und ich bin sehr langsam. Er kommt mit mir ein bisschen zur Ruhe und ich durch ihn besser in die Gänge.
Desrues: Das bedeutet, dass sie schläft, und ich mache Frühstück.

Wie ist es vor dem Kleiderschrank, versuchen Sie dem anderen manchmal vorzuschreiben, was Sie gern an ihm sehen würden?
Desrues: Das ist nicht nötig, die Cordula hat den besten Stil, den ich je an einer Frau gesehen habe. Mir gefällt, was sie trägt – bis auf einen Pelzmantel, den ich nicht ausstehen kann. Und sie könnte öfter Stöckelschuhe tragen. Sie denkt immer, dass sie dann zu groß sei, dabei kommt sie mir nicht mal bis zum Kinn.
Reyer: Ich mag deinen Stil, ich finde ihn sehr männlich. Aber ich hasse diese Gummischlappen, in die du immer schlüpfst, seit dem Moment, als ich sie vor sieben Jahren zum ersten Mal an dir gesehen habe. Sehr schön finde ich, wenn du Hemden trägst.
Desrues: Was ich nie tue …
Reyer: Stimmt nicht. Ein gebügeltes Hemd, das finde ich sehr sexy. Zum Glück bügelt der Georg auch sehr gut.
Desrues: Ich bügle aber vor allem deine Sachen …

Sie leben nun schon einige Jahre in Italien: Können Sie sich vorstellen, hier gemeinsam alt zu werden?
Reyer
: Ich würde sagen, ja.
Desrues: Ich auch. Hier sitzen die alten Knacker in ihren schicken Jacken in der Bar und schauen den Mädels nach und scherzen – egal in welchem italienischen Kaff, alle fühlen sich wie in Rom auf der Piazza. Bei uns in Wien sitzen sie im Wirtshaus mit dem Rücken zur Straße.

Cordula Reyer, 47, ist die Tochter des verstorbenen Burgschauspielers Walther Reyer und das bekannteste Topmodel Österreichs. 1986 lief sie ihre erste Modenschau für den Designer Helmut Lang und wurde zu seiner Muse. Georg Desrues, 44, in Paris geboren und in Wien aufgewachsen, ist Autor und Gastronom. Er lebt zusammen mit Cordula Reyer in Bra, Italien, und L. A. und schreibt unter anderem für den Standard, Profil oder die Welt am Sonntag über Themen wie Nachhaltigkeit und alles, was mit Essen zu tun hat.

Foto: Jork Weismann