Zitronen sind ein Symbol für Sonne, Sommer, Sand und Meer – dabei reifen die besten Zitrusfrüchte mitten im Winter. Für mich macht das einen Teil ihres Reizes aus: mit jedem Zitronensalat, jeder Pasta mit Zitronen und überhaupt immer, wenn ich den Duft von Zitronenschalen schnuppere, leuchtet einen Augenblick lang Sommersonne in den Winter.
Von Januar bis April reifen auch die riesigen Zedrat-Zitronen. Mit ihrer dicken Schale sind sie perfekt für Marmelade und für selbstgemachte Salz-Zitronen. Fürs weihnachtliche Zitronat werden die dicken Zedratzitronenschalen kandiert. Sie wachsen meist in den Gärten mediterraner Kleinbauern, weitgehend biologisch, aber selten zertifiziert. Das ist sympathisch, bedeutet aber auch, dass ihre Eigenschaften viel stärker schwanken, als das bei genormten Früchten im globalen Großhandel der Fall ist. Wie saftig und wie bitter die Zitronen sind, schwankt von Jahr zu Jahr und von Bauer zu Bauer – aber das macht nichts, das Ergebnis wird immer gut sein.
Und es ist sowieso im Sinne von »Probier doch mal« die Marmelade beim Kochen aufmerksam zu beobachten. Für das Foto zum Beispiel habe ich nur die dicken Zedrat-Zitronen-Schalen verwendet, weil sonst zu viel Schale in der Marmelade gewesen wäre – wenn die Zedratzitronen nicht ganz so massiv sind, also mehr Saft im Verhältnis zur Schale enthalten, dann schnippele ich aber auch die Schalen der kleinen Bio-Zitronen mit in die Marmelade.
Zedrat-Zitronen am besten beim Gemüsehändler vorbestellen, falls es keine gibt, gehen auch Amalfi-Zitronen. Ich mag die Marmelade mit Käse und vor allem in fast allen Salatsoßen.
Echte Zitronenmarmelade (ergibt ca. 2,5 l)
1 kg Zedratzitronen oder Bio-Zitronen (siehe Tipp)
500 g saftige Bio-Zitronen
1,5 kg Zucker (kein Gelierzucker)
Zitronen in einem Topf mit kochendem Wasser einige Minuten kochen um sie zu reinigen. Ein zweites Mal mit 1,5 bis 2 l Wasser knapp bedecken, aufkochen und etwa 90 Minuten bei schwacher Hitze weich kochen – wenn die Zitronen sehr groß sind, kann das auch mehr als 2 Stunden dauern.
Zitronen aus der Kochflüssigkeit nehmen, etwas abkühlen, halbieren. Über dem Kochtopf vorsichtig ausdrücken, so dass Fruchtfleisch und Kerne in die Garflüssigkeit fallen. Diese auf 1 l einkochen. Anschließend durch ein Sieb gießen.
Die Zitronenschalen in möglichst feine Streifen schneiden (oder hacken). Zusammen mit Zucker und dem Zitronenwasser bei großer Hitze ca. 30 Minuten einkochen. Dabei vor allem in der zweiten Hälfte der Kochzeit ständig rühren. Eine Gelierprobe machen: Wird der letzte Tropfen am herausgehobenen Rührlöffel fest, wird später auch die Marmelade fest. Die Marmelade in Gläser füllen. Fertig.
Exkurs: Biss Eva in eine Zitrone?
Wahrscheinlich stammen Zitrusfrüchte aus Zentralasien, vielleicht kamen sie aus China. Sicher ist, dass die Zitronat-Zitrone schon zu biblischen Zeiten den mediterranen Raum erreicht hatte - zuerst den östlichen Teil, wo der Überlieferung zufolge der Garten Eden lag.
Erste Indizien liefert die Etymologie: Das lateinische Wort Citrus kommt aus dem griechischen: Kedromelon, Zedernapfel. Zedernholz hat einen starken frischen Duft, wie Zitronenholz und Zitronen. Aus melon wurde im Lateinischen malus, das Wort für Apfel. Gleichzeitig bedeutet malus »das Schlechte«. Das nahe liegende Wortspiel brachte unter Umständen den Apfel in die lateinischen Übersetzungen der Geschichte vom Sündenfall. Die Zitronat-Zitrone heißt Citrus medica, medischer Apfel, die Meder waren ein Volk im Gebiet des Zweistromlandes.
Konkret wird es bei 3. Mose 23,40, wo das Laubhüttenfest beschrieben wird, das gleichzeitig ein Ernte-Dank-Fest ist und an die Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste erinnern soll. Hier steht, der Gläubige solle eine Frucht vom Baume Hadar nehmen, was im Talmud mit Etrog-Zitrone übersetzt wird. Die Etrog-Zitrone ist eine nahe Verwandte der Zitronat-Zitrone. Zusammen mit einem Strauß aus einem Palmzweig, zwei Weidenzweigen und drei Myrtenzweigen spielt der Etrog heute noch ein wichtige Rolle bei den jüdischen Feiern des Laubhüttenfestes. In Israel gibt es Etrog-Züchter, die sehr viel Mühe darauf verwenden, besonders schöne Etrogs zu ernten - zum Beispiel schützen die Gärtner ihre Früchte vor den Stacheln der benachbarten Äste.
Umgangssprachlich in der jüdischen Tradition wird der Etrog auch Paradiesapfel genannt und im fünfbändigen Lexikon des Jüdischen Verlags (Berlin, 1930) steht unter dem Stichwort Etrog: »… nach der Tradition soll dies auch die Frucht sein, von der Adam gegessen hat«. In der alttestamentarischen Beschreibung des verbotenen Baumes steht wohl kein präzises Wort für einen spezifischen Baum, sonst gäbe es nicht die vielen verschiedenen Vorschläge von Apfel und Aprikose über Feige, Granatapfel und Dattel bis hin - eben zur Zitrone.
Aber wenn Sie darüber nachdenken – alle anderen Früchte sind doch harmlos, fällt Ihnen auch nur eine Frucht ein, die genauso gut geeignet wäre für die Rolle? Frucht der Erkenntnis? Zitronenblätter, -blüten, -früchte duften verführerisch, nicht nur einfach süß und fruchtig, sondern gleichzeitig frisch und etwas herb. Der Biss in die Zitrone ist ein Schock, der Fruchtsaft unverzichtbar.