Die Touristengrotte

In der Hauptsaison geht es auf Capri zu, als hätte man die Stoßzeiten von fünf Großstädten zusammengelegt. Aber man kann auch stille Momente in der berühmten Blauen Grotte erleben. Man muss nur wissen, wann.


Ort »Die Blaue Grotte (italienisch: grotta azzurra) ist eine Höhle im Nordwesten der Insel Capri, deren Zugang ein nur knapp 4 Meter hohes Felsloch im Meer ist. Die Höhle ist etwa 52 Meter lang und 30 Meter breit, das Wasser in ihr ist ungefähr 15 Meter tief. Da das Tageslicht überwiegend unter dem Meeresspiegel, reflektiert im Meerwasser, in die Grotte gelangt, schimmert das Wasser im Innern der Höhle in einem eigenartigen blauen Farbton«. Aus: wikipedia.org/wiki/Blaue_Grotte_(Capri). Ich glaube, die Blaue Grotte ist sehr schön.

Umgebung Aber ich weiß es nicht genau. Ich wollte an einem Mittwoch im späten September in die Blaue Grotte. Doch vor mir warteten etwa 300 Menschen darauf, so wie ich von ihren großen Booten in kleine Ruderboote umzusteigen, denn nur die passen durch den Eingang zur Grotte. Wartezeit: Mindestens eineinhalb Stunden, sagte der Kapitän. Wie lang mag man dann erst im Juli und August hier warten müssen? Ich beschloss, mir die Grotte nur auf YouTube anzusehen (grotta azzurra oder blue grotto). Glücklicherweise gibt es auf Capri viele Grotten. Und vielleicht ist die zweitschönste die Grüne Grotte, die auch wunderbare Farbspiele bietet. Sie liegt der Blauen Grotte gegenüber im Süden Capris. Man kann durch einen Felsenbogen schwimmen und ist dabei ganz allein.

Touristen Morgens, wenn die Schiffe aus Neapel, Sorrent oder Ischia die Tagestouristen ausspucken, 18 000 jeden Tag im Sommer, geht es auf dem Platz vor dem Hafen zu wie kurz vor dem Anstich auf dem Münchner Oktoberfest: Man denkt, irgendwann wird Capri an seinem Erfolg noch ersticken. Dann verteilen sich die Touristenströme – die einen wandern hinauf in den Ort Capri oder fahren mit dem Bus hin, die anderen besteigen ein Boot, das sie zur Blauen Grotte bringt. Mehr Programmpunkte sind in den wenigen Stunden an Land kaum unterzubringen. Und man versteht sie ja alle: Dieses Capri liegt da wie hingeträumt, die Landschaft mal lieblich, mal schroff, malerisch die Häuser und Gassen. Jeden Moment denkt man, Sophia Loren oder Gina Lollobrigida biegen um die Ecke. Von diesem Ruf zehrt Capri bis heute. Den anderen Ort der Insel, Anacapri, besuchen schon viel weniger Touristen. Vielleicht weil ihm das Mondäne fehlt, es keinen Louis-Vuitton-Laden gibt, man könnte auch sagen: Er ist weniger hysterisch.

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Beste Zeit Für die Grotte zwischen 11 und 13 Uhr. Wenn möglich, Juli und August meiden, bleiben Mai und Juni sowie September und Oktober. Von Ende Oktober bis Ostern macht alles zu. Und die 14 000 Einwohner zählen wohl in Ruhe ihr Geld.

Geschichte Der deutsche Dichter August Kopisch, der Erfinder der Heinzelmännchen, schwamm 1826 in die damals noch als Teufelshöhle verrufene Grotte und hat damit das touristische Weltwunder bekannt gemacht.

Übernachten »Hotel Biancamaria«, Via G. Orlandi 54, www.hotelbiancamaria.com, Tel. 0039/ 081/837 10 00, DZ 160 Euro; sehr nettes Familienhotel im Zentrum von Anacapri.

Essen »Capri’s«, Via Roma 38, Tel. 0039/081/837 71 08. Habe dort die beste Pizza aller Zeiten gegessen; besser als in Neapel, wo sie erfunden wurde.

Unbedingt vor neun Uhr morgens oder nach 17 Uhr, wenn die Tagestouristen noch nicht oder nicht mehr da sind, in die Blaue Grotte schwimmen, da darf man. Und wandern! Auf der Insel gibt es fantastische Wanderwege.

Bloß nicht sich wundern, wie teuer Capri ist.

Illustration: Nigel Peake, Foto: dpa