Kylmäpihlaja-Leuchtturm, Finnland

Der Hotelturm mit Sauna

Ganz schön einsam stellt man sich so ein Leuchtturmwärterleben vor: Auf Kylmäpihlaja, der letzten von 300 kleinen Inseln eines Archipels, mit Blick auf das offene Meer, zehn Kilometer vor der finnischen Westküste, in einem winzigen Hotel im Leuchtturm und einem Restaurant dazu, eine Fähre täglich im Sommer, und im Winter ist man auf das Rettungsboot der Küstenwache angewiesen, einige Vögel auf der kleinen Insel, ein paar Heringe und manchmal eine Seekuh davor – wer soll so einen Leuchtturm am Ende der Welt besuchen? Einsam ist es allerdings selten am Ende der Welt.

Ganz sicher liegt es schon einmal daran, dass Tom viel zu gut kocht, als dass man ihn gern lang allein ließe: Barsch, Lammkeule, Brathering. Tom ist nämlich kein klassischer Leuchtturmwärter, er ist gelernter Koch, der die Arbeit in europäischen Luxushotels irgendwann satt hatte und sich dachte, in einem Leuchtturmhotelrestaurant zu kochen, das sei sicherlich recht gesund für ihn und sein Familienleben. Nur elf Doppelzimmer passen in den Leuchtturm, doch in den Sommermonaten muss Tom oft für mehr als 100 Restaurantgäste kochen. Mit Kajaks kommen sie von den anderen Inseln gepaddelt, mit der Fähre aus der Küstenstadt Rauma, mit dem Flugzeug über Helsinki aus Russland, Schweden und Deutschland, um vor dem Leuchtturm bis spät in die helle Nacht zu sitzen. Jeder Finne träumt ohnehin davon, einmal in seinem Leben auf einen Leuchtturm zu steigen. Okay, im Herbst wird es ein wenig ruhiger auf der winzigen Insel, doch im November herrscht wieder Hochbetrieb: Die Zeit der Weihnachtsfeiern steht an, und welche Firma möchte nicht gern in einem echten Leuchtturm feiern, mit Sauna im Keller, Jacuzzi am Strand und Tom in der Küche?

Die Lotsen von Rauma feiern jedes Jahr sogar in zwei Schichten. Sie geben bereitwillig darüber Auskunft, wie man richtig finnisch sauniert, nämlich mit ganz viel Bier und ganz vielen Aufgüssen, dass die Ostsee nur mehr selten zufriert und welche dramatischen Folgen das hat (»unsere Jungs lernen kaum noch Eishockey spielen«), wie gefährlich Stürme in der Ostsee werden können – zwei Lotsen kamen direkt vor dem Leuchtturm um –, wie schön der Leuchtturm ist, »wie eine Krone«, und warum sich sein Aussehen mit jedem Bier verändert, warum überhaupt so viele riesige Containerschiffe nach Rauma wollen – wegen der Papierfabrik, aber die zieht bald nach Uruguay um.

Meistgelesen diese Woche:

Nein, richtig einsam fühlt sich Tom auf dem Leuchtturm selten.

Übernachten und Essen Kylmäpihlaja Lighthouse Hotel, Kylmäpihlaja, Tel. 00358/44/0840049, www.kylmapihlaja.com; DZ ab 100 Euro.
Unbedingt das Maritim-Museum in Rauma besuchen. Dort finden sich historische Briefe, Fotos und herzzerreißende Reiseberichte aus aller Welt von Hunderten von finnischen Seemännern. Tel. 02/8224911, www.rmm.fi.
Anreise über Helsinki nach Pori. Eine Stunde vom Flughafen nach Rauma, von dort noch einmal eine Stunde mit der Fähre.

Cape-Florida-Leuchtturm, USA: Sturmerprobt und kriegsversehrt
Trafalgar-Leuchtturm, Spanien: Der schönste in ganz Cádiz.
Ponta-do-Pargo-Leuchtturm, Madeira: Gleich dahinter geht die Sonne unter.
Kopu-Leuchtturm, Estland: Der Dicke von der Ostsee
Hörnum-Leuchtturm, Sylt:Hohes Standesamt
Cape-Agulhas-Leuchtturm, Südafrika: Vor der Turmtür treffen sich zwei Ozeane.

Foto: Raimo Sundelin