Schritt für Schritt der Spitze (1686 Meter) entgegen, Meter um Meter den Körper (84 kg) bergan wuchten, vorbei an Tanne und Ahorn, weiter oben Feuchtgrünland und Borstgrasrasen, bloß nicht mit den Wanderstiefeln auf die seltene Monte-Baldo-Segge treten … Die Gedanken gehen derweil ihren eigenen Weg, schweifen ab, fliegen in die Vergangenheit, bringen exotische Bilder und wilde Geschichten mit. Ein merkwürdiger Reim kommt in den Sinn: »Lang der Schritt und krumm das Knie / du schaffst den Berg und weißt nicht wie.« Gipfelbuchlyrik, irgendwann mal gelesen. Vielleicht ist das ja das Reizvolle am Wandern, dass die Füße ihr Tempo haben und der Geist sein eigenes hat, dass sie selten zusammen gehen. Wandern ist sinnieren, träumen. Und so fragt das Hirn plötzlich: In welchem Wort steckt dieser Berg? Grübeln, dann die Antwort: Labersack (= Thomas Gottschalk). Schön, noch eines? Kandelaber (= Armleuchter). Hm, und? Jalabert, Laurent (= Radrennfahrer der Neunzigerjahre).
Nun ist die Soilaalm erreicht (1335 Meter), kurze Rast und große Apfelschorle (2 Euro), Drachen-flieger am Himmel. Die mögen den Laber als Startrampe. Sollen bei günstiger Thermik bis zum Lago Maggiore segeln. Als später Schnee auftaucht an diesem sonnigen Sommertag, zeigt die Uhr mit »Hiking«-Funktion 1528 Meter. Klar, sagt das Hirn, Schnee, du bist hier in den nördlichen Kalkalpen, Region Ostalpen, Ammergebirge. Irgendwo steht, hier seien die Griese (= gigantische Schutt- und Kiesplatten) in ständiger Bewegung, was bedrohlich klingt; man spürt aber nichts.
Das Hirn fragt: Ist dir eigentlich schon das besonders Reizvolle dieses Berges aufgefallen? – Nö. – Man kann ein Verb aus ihm bilden. – Echt? – Ja, du laberst, er/sie labern, wir labern … Toller Berg, ein Verbenberg. Ist der Laber ein Solitär oder existieren noch mehr davon? Das Hirn schweift über die Alpen und Mittelgebirge: rhönen, taunusen, arbern, matterhornen – alles Quatsch!
Ganz oben auf dem Laber ein Gasthaus mit Terrasse (150 Plätze), ganz schön voll. Man kann sich nämlich die zweieinhalb Stunden Fußmarsch ersparen und von der Bodenstation (784 Meter) in Oberammergau die Bahn nehmen, blaue Gondeln im Ausmaß von Ottfried Fischer. Irgendwo gelesen, es handle sich um die letzte Großkabinen-Zweiseil-Umlaufbahn weltweit, die letzte ihrer Art also, die Großkabinen-Zweiseil-Umlaufbahn ist damit eher vom Aussterben bedroht als der Goldbauchlemur. Jetzt aber erst mal ein Paar Weißwürste mit Breze (3,80 Euro), dazu süßer Senf von Händlmaier, feine Sache.
Hast du aufgegeben, fragt das Hirn? Kein anderer Berg in Sicht, der zum Verb taugt? Mal sehn. Sie haben auf dem Laber diese schönen Panoramatafeln aufgestellt. Nach Norden hin: Staffelsee, Starnberger See, AKW Isar 1 Ohu … das hilft auch nicht weiter. Nach Süden hin: Hohe Kiste, Krottenkopf, Kreuzjoch, Zugspitze …Zuspitzen, das ginge, aber zugspitzen? Aber hallo, da: Wank, der Hausberg (1780 Meter) von Garmisch! Ich wanke, du wankst, er/sie wanken, wir wanken, alles wankt! Was für ein Glückstag, brüllt das Hirn. Zwei Verbenberge! Labern und wanken, wanken und labern.
Kennt denn jemand weitere grammatikalisch interessante Berge? Bitte melden!
Höhe: 1686m
Übernachten: Ferienwohnung bei Familie Eckert, Unterammergau. Tel. 08822/6562.
Essen: Berggasthaus Romanshöhe, Oberammergau. Tel. 94445, ganzjährig geöffnet. Bei Leberspätzlesuppe grandiose Aussicht.
Unbedingt: Unfassbar guter Joghurt, Topfen, Speck: Ammergauer Käse-Alm, Oberammergau, Tel. 94344.