Was für ein Versprechen: »Zeit für Gefühle« lautet der Slogan der Robinson Clubs. Er steht in jedem Werbeprospekt, sanft gesungen kriegt ihn jeder Feriengast zu hören, sobald er sein Fernsehgerät auf dem Zimmer einschaltet. Detlef Soost setzt noch einen drauf: Mit »I make you sexy!« wirbt er für sein Abnehm- und Fitness-Programm. Die beiden passen zusammen.
Im Robinson Club Pamfilya an der Südküste der Türkei werden die Tanzkurse des Choreografen und seines Teams als Top-event angekündigt, das man drei,- viermal im Jahr buchen kann. So wie auch die Kurse von Joachim Llambi, dem Chef-Juror der Fernseh-Show Lets Dance!, der Walzer, Cha-Cha-Cha und Salsa unterrichtet.
Caro, Jacqui und Rafael Antonio aus Soosts Team sind noch keine Berühmtheiten, und doch haben sie alle schon für TV-Shows wie Voice of Germany und Popstars getanzt oder choreografiert. Soost selbst ist ein Fernsehstar. Von Staffel zwei bis zehn hat er als Jurymitglied bei Popstars über das Weiterkommen oder Ausscheiden von Nachwuchstalenten mitentschieden. Außer Dieter Bohlen hat in Deutschland niemand so oft in der Jury einer Castingshow gesessen wie er. So ein Image ist nicht nur positiv: »Aufgeblasenes Drama«, »abgekartetes Spiel« – solche Gerüchte begleiten die Castingshows von Beginn an hartnäckig und schwingen auch bei dem Namen Detlef Soost mit.
Aber Soost hat das Beste aus seiner Bekanntheit gemacht – und mit einem englisch gesprochenen »D!« als Rufnamen aus sich selbst eine Marke: Er führt ein Netzwerk aus Tanzschulen, verantwortet die Choreografie für den Musikpreis »Echo« oder für Filme wie Leander Haußmanns Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe. Er veröffentlicht Fitness-DVDs, Hip-Hop-CDs und hat zuletzt sein selbst erprobtes Diätprogramm auf den Markt gebracht (daher sein Slogan: »I make you sexy«). Sein Unternehmertum ist auch deshalb bemerkenswert, weil am Anfang dieses Weges ein verlassener Junge stand: Detlef war sieben, als er in ein Ostberliner Kinderheim kam. Sein Vater, Medizinstudent aus Ghana, hatte sich da längst verabschiedet, seine Mutter, psychisch krank, starb, als Detlef zwölf Jahre alt war.
Die Kurse in Robinson Clubs gibt er seit sieben Jahren, Clubmanager Stefan Forster begrüßt ihn herzlich wie einen alten Bekannten. Auf einem großen Platz im Garten des Clubs präsentieren die Choreografen gerade ihr Programm: Kindern und Jugendlichen werden für 100 Euro extra zwei Trainingseinheiten täglich angeboten, jede dauert 90 Minuten. Erwachsene trainieren 75 Minuten am späten Nachmittag für 50 Euro.
Soost ist in Topform, er ist groß und sehr präsent. Sofort animiert er die Gäste bei dieser ersten Vorstellung zum Mitmachen, den Ton kennt man aus dem Fernsehen. »Ihr werdet kleine Helden sein!«, lockt er die Kinder. Die Erwachsenen packt er bei der Ehre: »Wir denken immer, das können wir nicht mehr: locker sein, loslassen. Ihr werdet sehen, es geht.« Die anwesenden Gäste lachen ein bisschen verlegen und freuen sich doch über die Ansprache.
Obwohl es noch Vormittag ist, hält man es kaum in der Sonne aus und Schatten ist rar. Aus den Lautsprechern ertönt Treasure von Bruno Mars. Soosts’ Team tanzt vor, die Gäste versuchen mitzuhalten: »Wippwipp, Schulterstreichler, Flugzeug. Auf, zu, auf, Revolver …« Jede Bewegung, jeder Tanzschritt hat einen Namen, der helfen soll, in den schnellen Abfolgen nicht komplett die Orientierung zu verlieren. Dennoch stolpern jede Menge Füße übereinander, schleudern Arme wild durch die Gegend, Hüften wippen eckig und zeitversetzt. Spaß haben die Tänzer trotzdem.
Nach dem ersten Warmtanzen stelle ich mich vor. Soost ist offen und freundlich: »Natürlich habe ich Zeit … Du bist doch sportlich – du tanzt mit, oder? Dann sehen wir uns beim Erwachsenen-Training am Nachmittag!«
Bei den Kindern stehe Spaß und Motivation im Vordergrund, erklärt Soost. Als er mit seinen Kursen in Robinson Clubs begann, hatte er die Erwachsenen noch gar nicht im Programm. Aber dann seien die ersten Mütter auf ihn zugekommen: »Und was ist mit uns?« Sie haben ihren Kurs gekriegt, Tanzen mit Schwerpunkt Fitness, in einer Stunde, verspricht Soost, verbrennen 1000 Kalorien. Die erwachsenen Gäste zu motivieren sei gar nicht so schwierig: »Die pushen sich von allein.«
Sie kommen auch diesmal zahlreich.
40 Teilnehmer, mehr Frauen als Männer, wie das so ist, wenn’s ums Tanzen geht; junge und ältere, sportliche und solche, die schon länger aus der Übung sind. Sie tragen Tennisröcke, Jogginghosen, Fitness-Einteiler, was sie halt dabei hatten. Es ist Sommer und es sind Ferien, Musik schallt über den Platz und sie tanzen – wir tanzen – unter freiem Himmel, neue Schritte, Choreografien, die genau die richtige Dosis Konzentration erfordern, es ist anstrengend, aber nicht zu sehr, irgendwann kommt man in den Rhythmus, zumindest in irgendeinen. Nach 75 Minuten schwitzen alle, am meisten Soost selbst. Sein Muskelshirt war schon nach den ersten Minuten dunkelnass, sein Gesicht, sein Schädel glänzt, Schweißperlen rollen an Hals und Armen herunter. Als ob sein Schweiß beweisen soll: Hier ist alles echt. Ich bin echt, meine Anstrengung ist echt, meine Arbeit ist echt – all das ist nicht nur eine Inszenierung fürs Fernsehen.
»Wir zeigen euch, wie ihr gut aussehen könnt, aber anstrengen müsst ihr euch selbst!«
Die Kurse mit den Jugendlichen hält er für seine anspruchsvollste Aufgabe. Jugendliche sind nicht mehr so niedlich wie Kinder. Sie haben Ängste und Selbstzweifel. Soosts Botschaft für sie: »Macht verdammt noch mal was aus euren Chancen!« Seine Biografie ist für ihn der Beweis, dass jeder ein gelungenes Leben hinkriegen kann. Er hat ein Buch darüber geschrieben und in vielen Talkshows davon erzählt – wie zum Beispiel einmal seine Mutter zu Besuch ins Waisenhaus kam, Soost auf sie zuging, die Mutter aber abwehrte: »Das ist nicht mein Sohn. Bringen Sie mir meinen Sohn.«
Er sei daran nicht zerbrochen, erklärt er. Irgendwann habe er Michael Jackson im Fernsehen gesehen und gedacht: »Ein bisschen so seh ich doch auch aus, warum soll ich dann nicht auch so tanzen können?« Dem Tanzen verdankt Soost seine Karriere, sein Glück. Der Tanz ist die Referenz für alles andere, Gestalt geworden in seinem Markenmittelinitial. Das »D!« hinter Detlef steht für »Dance«.
Er wird nicht müde, seine Lebensbotschaft weiterzugeben. Während der Kurse mit den Jugendlichen klingt das so: »Ihr habt Sorge, dass ihr Bewegungen machen könntet, die falsch aussehen, stimmt’s? Ihr Lieben, das wird passieren!«
Oder: »Alter Schwede, schlaft ihr noch? Ich geh euch so lange auf den Zünder, bis ihr es richtig könnt. Ihr seid keine Störche, ihr seid Tänzer, ihr seid Hip-Hop!«
Oder auch: »Zweite Ermahnung, Prinzessin! Wenn du noch einmal zu den Kids rüberguckst, statt dich aufs Tanzen zu konzentrieren, kriegen deine Eltern ihr Geld zurück!«
Huch! Die Prinzessin, ein schlankes Mädchen, deren lange Beine in engen kurzen Hosen stecken, nickt ernst. Auch alle anderen merken spätestens in diesem Moment, dass hier Disziplin verlangt wird. Die Frage ist: Wollen sie das wirklich? In ihren Ferien? Wie viele werden in den kommenden Tagen dabeibleiben?
Auch bei den Jugendlichen sind männliche Tänzer rar. Die beiden einzigen Jungs verschränken in den Pausen die Arme vor der Brust. Das Timing ist für sie noch recht herausfordernd und wie manche ihrer Mittänzerinnen versuchen sie gern, aus Soosts Blickfeld zu tanzen. Aber Durchmogeln klappt nicht. Soost: »Ihr seid diejenigen, die nachher auf der Bühne stehen. Wir zeigen euch, wie ihr gut aussehen könnt, aber anstrengen müsst ihr euch selbst!« Sie hören andächtig zu. Nicken.
»Ich sehe mich als jemand mit Vorbildfunktion, nicht als Star«, sagt Soost später. Soost wohnt mit seinen beiden Kindern in einem normalen Apartment im Club, die Mitglieder seines Teams schwärmen von seiner Menschenkenntnis, er sei fair und ein guter Chef – solange man seine Arbeit vernünftig mache. Man fragt sich, wo bei all dem der Fernseh-Soost zu finden ist, mit seinen dramatischen Standpauken und spektakulären Wutausbrüchen. »Mich bringt es zum Rasen, wenn jemand die Sache nicht ernst nimmt«, sagt Soost. So wie in jener Popstars-Sendung, in der aufflog, dass die vermeintliche Kandidatin »Marie« tatsächlich eine Schauspielerin war. Da kamen bei Soosts Empörung und Sendungsbewusstsein zusammen. Er tobte!
Einen Funken davon bekommen die Jugendlichen zu spüren, wenn sie zu lang ratschen, kichern, unaufmerksam sind. Als zu streng empfinden sie Soost trotzdem nicht, sagen sie. »Er ist nett«, meinen die Jungs. »Er hat ja meistens recht«, gibt die »Prinzessin« zu. Sie fühlen sich ernstgenommen. Soosts Ansatz geht auf.
Im Laufe der nächsten Tage sieht man immer wieder Jugendliche nach dem Frühstück oder Mittagessen im Stechschritt oder sogar Dauerlauf zum Platz eilen – bloß nicht zu spät kommen. Und während im Pool der Rutschen-Kontest ausgetragen wird und fürs clubeigene »Oktoberfest« Bierbänke und palettenweise plastikverschweißte Maßkrüge auf die Wiese gefahren werden, üben Mädchen unter Bäumen ihre Tanzschritte. Detlef Soost spielt in den Pausen Fußball mit seinem Sohn Carlos, sechs Jahre alt, oder liegt mit Carlos und seiner Tochter Chani, sieben, am Pool. Hin und wieder werfen Gäste Blicke rüber – »Schau mal, da ist er!« Oder sie stoßen sich morgens beim Frühstück an – »Guck mal, er gönnt sich Rühreier. Passt das zu seinem Diätprogramm?« Vor allem die erwachsenen Kursteilnehmer wechseln auch mal ein paar Sätze mit ihm, sprechen über ihren Muskelkater. Das geht einfach und verbindet sofort, vor allem, wenn sie hören, dass auch Soost welchen hat.
Als Soost in einer Pause meine Fragen beantwortet, kommt Chani dazu. »Was machst du, Papa?« – »Ich geb ein Interview. Hast du auch eine Frage?« – »Hast du studiert?«, will Chani wissen. – »Haha, wo hast du denn das her … Papa hat das Leben studiert, Schatzi!« Er sei gern in den Robinson Clubs, sagt er, nehme allerdings keines der Sport- oder Unterhaltungsangebote wahr und habe noch nie die Club-Disko besucht. Die Vorstellung, als Tanzlehrer dort unter besonderer Beobachtung zu stehen, findet er anstrengend. Lieber isst er gemeinsam mit seinen Kindern und seinem Team zu Abend und geht dann in sein Apartment – manchmal schneller als geplant: Als Chani an einem Abend schluchzend auf seinem Schoß sitzt, entschuldigt er sich, zieht los mit den beiden.
Auf dem Trainingsplatz lassen die Jugendlichen mit ausholenden Bewegungen die Sonne aufgehen, ihre Bewegungen sind größer und flüssiger geworden, Treasure haben sie inzwischen so oft gehört, dass manche mitsingen. Am Ende der Woche stehen alle gemeinsam, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, auf der Bühne im Clubtheater. Jeden Abend wurde hier etwas aufgeführt, jetzt sind die Tänzer dran und zeigen ihre Einzelchoreografien, die sie in den Kursen eingeübt haben. Keiner ist abgesprungen. Natürlich gibt es tosenden Applaus, sie gehen erst nach zwei Zugaben von der Bühne.
Mark, einer der Jungs, die mitgetanzt haben, erzählt später, dass Soost nach der Show zu ihnen gesagt habe, dass sie nicht gut, sondern fantastisch gewesen seien. »Das«, sagt Mark, »war das Beste!« Und Soost wird ebenso euphorisch davon schwärmen, wie auch dieses mal wieder »der Bär gesteppt hat«. Unklar, wer sich mehr freut: er selbst – oder die Tänzer.
Detlef D! Soost,
43, Tänzer und Choreograf, ist vor allem als strenger Juror der Sendung Popstars bekannt. Soost ist erfolgreicher Unternehmer: Er hat ein Tanzschulen-Netzwerk aufgebaut, diverse Fitness-CDs herausgebracht und vermarktet sein Diätprogramm.
2014 gibt Detlef Soost seine Tanzkurse in den Robinson Clubs Playa Granada, Spanien, Nobilis, Türkei (10.6. bis 17.6.), Sarigerme Park, Türkei (20.10. bis 27.10.), und Kalimera Kriti, Kreta (25.7. bis 1.8.). Auch Joachim Llambi, Chef-Juror der Fernseh-Show »Lets Dance!«, gibt Kurse in den Robinson Clubs. Er unterrichtet Tänze wie Walzer, Cha-Cha-Cha und Salsa im Club Sarigerme Park, Türkei (11.8. bis 18.8.).
Buchungen unter www.robinson.com oder in jedem TUI-Reisebüro.
Fotos: Julian Baumann