Die Veneziaspitze möchte womöglich gar nicht bestiegen werden, deswegen macht sie alles so kompliziert. Das geht schon damit los, dass sie eigentlich nicht eine ist, sondern drei. Schon überlegt man hin und her: Auf welche Veneziaspitze geht man denn nun, die erste, zweite oder dritte? Die schönste? Das wiederum lässt sich aus der Ferne schlecht entscheiden, weil alle drei Veneziaspitzen eng nebeneinander im Ortlermassiv hocken, umgeben von Gletschern, und sich hinter den anderen Gipfeln verstecken. Mein Wirt, Herr Bernhart senior, meinte, ich solle einfach ganz am Ende des Martelltals hinauf zur Zufallhütte gehen, dann über Gletscherfelder zur Köllkuppe und über einen Grat hinüber zur Veneziaspitze, zur ersten. Herr Bernhart war auch so freundlich, mir Steigeisen, Eispickel, Seile und einen Bergführer – sich selbst – anzubieten, anders kommt man nicht hoch. Ich lehnte dankend ab und machte mich auf den Weg zur Zufallhütte, durch das Martelltal, das unwirklich schön ist, und irgendwann sah ich die Veneziaspitzen. Anmutig wirken sie, tragen die Gletscher wie Colliers, auf gedachter Brusthöhe tritt ein zauberhafter Wasserfall hervor. Als ich dann auf der Zufallhütte auf 2265 Metern in der Sonne saß und die Wichtigtuer mit ihren Riesenrucksäcken und daran baumelnden Seilen beobachtete, taten die Veneziaspitzen mir ein bisschen leid. Ich war mir inzwischen ganz sicher, dass sie viel lieber ihre Ruhe hätten, die drei Diven. Das respektierte ich, und zwar bei Kasnocken und Radler.
Höhe: 3386m
Übernachten: Hotel Sand, Kastelbell-Tschars, DZ ab 106 Euro, Tel. 0039/ 0473/624130, www.hotel-sand.com.
Essen: Kaiserschmarrn auf der Zufallhütte im Martelltal.
Unbedingt: Wanderung auf den Tscharser Waalwegen zu Reinhold Messners Mountain Museum auf Schloss Juval.