»Das Wort ›getriggert‹ wird definitiv inflationär benutzt«

Werden aus Kleinigkeiten große Streits, können dahinter Trigger stecken, sagt die Psychologin Anouk Algermissen. Sie erklärt, was der überstrapazierte Begriff wirklich bedeutet – und wie man vermeiden kann, dass Gespräche immer wieder eskalieren.

Anouk Algermissen hat einen Masterabschluss in Psychologie und arbeitet als Paartherapeutin. Unter dem Namen Paarpsychologie betreibt sie einen Blog, einen Instagram-Kanal und einen Podcast. Im April 2024 erschien ihr Buch Getriggert? Wie wir unsere Beziehungen stärken, indem wir unsere Emotionen regulieren und gelassener kommunizieren im mvg-Verlag.

Foto: Thomas Probst

SZ-Magazin: Was bedeutet es genau, wenn jemand sagt, etwas habe ihn oder sie getriggert?
Anouk Algermissen: Der Begriff »Trigger« stammt aus der Traumatherapie und ist von dort in unsere Alltagssprache herübergeschwappt. Ursprünglich bezeichneten Trigger die Schlüsselreize, die zum Beispiel bei einer posttraumatischen Belastungsstörung Flashbacks auslösen und die betroffene Person in den Moment zurückversetzen, in dem das Trauma passiert ist.

Was geschieht in so einem Moment im Gehirn?
Viele unterschiedliche Prozesse können bei Triggern im Gehirn ablaufen. Zum einen wird die Amygdala – das Gefahrenzentrum des Gehirns – stärker aktiviert. Wir haben aufgrund der alten Erfahrung gelernt, dass bestimmte Dinge Gefahr bedeuten. So kommt es in der Gegenwart häufiger zu einem »Fehlalarm«, wenn die Amygdala Stimuli identifiziert hat, die aufgrund der Lernerfahrung eine mögliche Gefahr darstellen. Die Aktivierung passiert also gegebenenfalls stärker oder häufiger als bei Menschen, die diese Erfahrungen nicht durchleben mussten. Bei Flashbacks spielt der Hippocampus, der für die Gedächtnisbildung zuständig ist, eine wichtige Rolle. Da das traumatische Erlebnis so heftig war, gab es Schwierigkeiten, die Informationen geordnet abzuspeichern. So können immer wieder Fetzen des Erlebnisses hochkommen und zu Flashbacks führen.