Wilder See
Pfunderer Berge, Südtirol, 2540 Meter
Laut dem Volksmund ruft der Berg nicht, er grummelt. Der »Wilde See« liegt in einem Trichter unterhalb der Wilden Kreuzspitze, hoch oben in den Pfunderer Bergen zwischen Zillertal und Pustertal, und gehört zu den »brüllenden Seen«, wie man sagt, weil er sich bei Wetterwechsel oder Stimmungsschwankungen bemerkbar machen soll: Dann ist angeblich ein Rumoren zu hören, als ob tief im Erdinneren Gesteinsschichten hin und her rumpeln. Wie Magenknurren. Auch im Winter, wenn dickes Eis den Bergsee bedeckt, sei dort oft ein unheimliches Donnern und Heulen zu hören, heißt es. Wetterfühlige Gewässer gibt es öfter in den Alpen, laut verschiedener Sagen gehören auch die Übelseen bei Ratschings und der Brüllende See bei Galtür zu solchen expressiven Bergseen.
Im Fall des Wilden Sees stecken dahinter die Schreie dreier Franzosen, die ein Bauer aus dem Pustertal während der französischen Besatzung Südtirols durch Napoleon 1809 erschossen haben soll. Später gestand der Bauer dem Pfarrer die Tat, und der verbannte die Soldatenseelen in den Wilden See – wo sie angeblich bis heute grummeln. Auf der Wanderung spitzt man also die Ohren. Außer Kuhglocken, dem Klacken der Stöcke und dem eigenen Atem ist aber nichts zu hören. Steht man dann am Wilden See, wirkt auch er auf den ersten Blick nicht unheimlich, nur unheimlich groß und abgründig – 46 Meter, der tiefste Bergsee Südtirols. Das Wasser: tiefblau bis schwarz. Wer genau hinschaut, entdeckt keine toten Franzosen, aber quicklebendige Fische im Wasser. Ein einsamer Angler wirft seine Köder aus, und man fragt sich, wie die Fische in einen mehr als 2500 Meter hohen Bergsee kommen, der mehr als die Hälfte des Jahres zugefroren ist. »Die werden mit dem Hubschrauber hochgeflogen«, behauptet der Angler. Fliegende Fische? Ein Anruf beim Tourismusverein Gitschberg-Jochtal ergibt später, dass die Geschichte stimmt: Die Fische vermehren sich in dem kalten Bergsee nicht so eifrig, also werden sie am Anfang der Angelsaison hochgeflogen und ausgesetzt. Brüllende Seelen sind immer noch nicht zu hören, und so kann man beruhigt die heiß gelaufenen Füße in dem dunkelblauen Wasser kühlen. Doch nach ein paar vorsichtigen Schritten über Kies und Sand entfährt einem ein Schrei, der von der gegenüberliegenden Felswand zurückhallt. Das Unheimlichste an dem See ist die Wassertemperatur: Die Waden fühlen sich wie schockgefroren an.
Start Parkplatz Fane-Alm Ziel Fane-Alm, Wanderzeit 4–5 Stunden, Höhendifferenz 800 Meter, Schwierigkeit mittel, Einkehren Gattererhütte auf der Fane-Alm, 1700 Meter, Schlutzkrapfen, Speckknödel und Almkäse. Via Pichi, 12, 39037 Rio di Pusteria, Italien, Tel. 0039/0472/54 10 56. Achtung Die Straße von Vals zum Wanderparkplatz an der Fane-Alm ist an den meisten Sommerwochenenden von 9–17 Uhr gesperrt. Also vor 9 Uhr hochfahren, den Shuttle-Bus nehmen oder laufen. (Foto: www.pustertal.org)
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Bachalpsee
Berner Oberland, Schweiz, 2265 Meter
Die »Gummihütte« ist seltsamerweise nicht aus Gummi, sondern aus Stein und Holz. Ein breiter, sanft steigender Weg führt von der Gipfelstation der First-Gondelbahn an jener Hütte vorbei in Richtung Faulhorn. Das Faulhorn wurde im 19. Jahrhundert als »Damengipfel« bezeichnet, weil es leicht zu erklimmen ist - der Name hat aber nichts mit Faulheit zu tun, sondern mit dem lockeren Mergel und Schiefer, aus denen der Berg besteht. Nach einer Stunde ist man dann am Bachalpsee, der am schönsten vom Nordufer aussieht: vorn Blumenwiesen, in der Mitte tiefblaues Wasser, dahinter die gezackten, eisigen Gipfel von Wetterhorn, Schreckhorn und Finsteraarhorn. Baden ist möglich, aber auf die Art, wie es möglich ist, einen Abend im Kühlschrank zu verbringen. Der Rückweg führt zur Bussalp, deren Name wörtlich zu nehmen ist: Von dort fährt ein Bus nach Grindelwald zurück.
Start Grindelwald-First, Bergstation, Ziel Bussalp/Mittelläger, Wanderzeit 3 Std., Höhendifferenz 200 Meter, Schwierigkeit leicht, Einkehren Bergrestaurant Bussalp, Sonnenterrasse mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau; Bussalpstraße, 3818 Grindelwald, Schweiz, Tel. 0041/33/853 37 51, bussalp.ch
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Pragser Wildsee
Pustertal, Südtirol, 1496 Meter
Fast unnatürlich schön schimmert das Wasser. Dunkelgrün bis dunkelblau, und tief, so tief - kein Wunder, dass der Wildsee in der Südtiroler Sagenwelt so wichtig ist. Angeblich konnte man per Boot das unterirdische Reich des Sagenvolks der Fanes erreichen, das Tor soll am Süd-ende des Sees gelegen haben, wo der Seekofel in den Himmel ragt. Es gibt einen Bootsverleih, aber genauso märchenhaft schön ist die Rundwanderung. Zwischendurch gibt es immer wieder Badestellen mit Kies- und Sandstränden. Das Wasser aber ist sagenhaft kalt, selbst im Hochsommer erreicht es selten 15 Grad.
Start/Ziel Parkplatz am Hotel Pragser Wildsee (gebührenpflichtig), Wanderzeit 1,5 Std. Höhendifferenz 90 Meter, Schwierigkeit leicht, Einkehren Speckstube Eggerhof, Bauernhof mit Kachelofen-Stube kurz vor dem See, Eggerhof 5, 39030 Prags, Italien, Tel. 0039/0474/74 87 84, speckstube-eggerhof.it
Caumasee
Flims, Graubünden, Schweiz, 997 Meter
Karibisch wirkt die Farbe des Caumasees, exotisch ist er sowieso: außen ein tiefgrüner Nadelwald, Buchten mit weißen Stränden, in der Mitte eine baumbestandene Insel. Das Wasser ist warm: Der See erreicht schon im Frühsommer bis zu 24 Grad. Das liegt an seinen unterirdischen Quellen. Der Caumasee ist zu Fuß, per Mountainbike oder per Seilbahn erreichbar. Der Lift ist nur in der Sommersaison in Betrieb, die Benutzung gratis. Dafür muss man für den Badestrand zahlen (Erwachsene 9,50 Franken). Von der Bushaltestelle Flims-Waldhaus bis zum Lift läuft man einen Kilometer.
Start Flims-Waldhaus Ziel Caumasee Wanderzeit 15 Min., Höhendifferenz 100 Meter, Schwierigkeit leicht, Einkehren Restaurant in der Badeanstalt Caumasee, CH-7017 Flims Waldhaus, Tel. 0041/81/911 11 33, caumasee-flims.ch
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Drachensee
Ehrwald, Tirol, 1910 Meter
Wie ein flüssiger Smaragd liegt der Drachensee in der Gebirgslandschaft: türkisblaues Wasser, dahinter die Gipfel von Sonnenspitze, Drachenkopf, Grünstein, Tajakopf. Der Sage nach haust im See ein Drache, der ein untergegangenes Dorf bewacht. Mutig muss man eh sein, um da zu baden: Das Wasser ist auch im Sommer frostig. Der See ist in drei bis vier Stunden von Ehrwald aus zu erreichen, die erste Etappe kann man auch mit der Gondelbahn bewältigen. Bis zum Seebensee sind die Wege sehr gut ausgebaut, danach geht es in steilen Serpentinen über Stufen und Geröll weiter in Richtung Coburger Hütte.
Start/Ziel Ehrwald, Parkplatz an der Gondelbahn, Wanderzeit 6 Std., Höhendifferenz 850 Meter, Schwierigkeit mittel, Einkehren Coburger Hütte, mit Zimmern und Lager, Am Ende des Gaistales, 6632 Ehrwald, Österreich, Tel. 0043/664/325 47 14, coburgerhuette.at
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Piburger SeeÖtztal, Tirol, 913 Meter
Er liegt recht hoch in einer schattigen Mulde über dem Ötztal - und ist doch der wärmste Badesee Tirols: Im Sommer misst sein Wasser bis zu 25 Grad. Es gibt einen Bootsverleih, eine Badeanstalt sowie Angelkarten für Gäste. Auf dem Grund des Sees soll der Piburger Seewurm hausen. Aber der Piburger See ist das bestuntersuchte Gewässer Tirols, seit 1931 werden dort Teich- und Fisch-Forschungen durchgeführt, und so kann man sagen: Barsche, Rotaugen und Ringelnattern ja, Seewurm nein. Wer es nicht drauf ankommen lassen will: Rund um den See verläuft ein Spazierweg mit vielen Bade- und Einkehrmöglichkeiten.
Start/Ziel Parkplatz am Seerestaurant, Wanderzeit 1 Std., Höhendifferenz 50 Meter, Schwierigkeit leicht, Einkehren Seerestaurant, Badeanstalt mit Terrasse und Liegewiese, besonders gut: die Forellen aus dem See. Piburger See 1, 6433 Oetz, Österreich, Tel. 0043/664/441 86 56, piburgersee.com
Spronser Tal, Südtirol
Schon die Fahrt von Vellau auf die Leiteralm ist ein Abenteuer. Wer in die Ein-Mann-Gondeln steigt, sollte schwindelfrei sein: Sie bestehen aus einem Metallgitterkorb, auch der Boden ist nur ein Stahlgvitter. Von der Leiteralm (1520 Meter) geht es dann den Meraner Höhenweg entlang, bis man zur steilen Hochgangscharte (2440 Meter) kommt, der Pfad ist ausgesetzt und abschnittsweise mit Drahtseilen versichert. Oben auf dem Hochplateau blinzeln einen lauter blaue Augen an: Zehn Seen befinden sich im Naturpark Texelgruppe, sie liegen zwischen 2117 und 2589 Metern. Die Spronser Seen gelten als höchstgelegene Seenplatte Südtirols. Die anspruchsvolle Bergwanderung führt entlang dem Kasersee, Pfitschersee, Mückensee, Grünsee, Langsee, Schiefersee, Kesselsee, Schwarzsee zu den beiden Milchseen, in denen auch Leute mit Laktoseintoleranz baden können - sofern sie Kälte ertragen: Selbst im Sommer liegt manchmal Schnee am Ufer.
Start Vellau, Parkplatz beim Korblift, Ziel Vellau, Wanderzeit 6 Std., Höhendifferenz 1200 Meter, Schwierigkeit schwer, Einkehren Oberkaseralm, auf 2130 Metern bei den Spronser Seen gelegen. Almbutter, hausgeräucherter Speck und Kaminwurzen, Käse, Lammbraten aus eigener Zucht, Speck- und Käseknödel. Tel. 0039/0473/92 34 88, dorftirol.com/oberkaseralm
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Eibsee
Grainau, Bayern, 973 Meter
Mit seinem klaren, grünen Wasser, das um die kleinen Inseln herum hell türkis leuchtet, könnte man sich am Eibsee fast in der Karibik wähnen - wäre da nicht die Zugspitze, die so nah ist, dass sich ihr Gipfel auf jedes Foto schiebt. Die Talstation der Seilbahn liegt direkt am Seeufer. Schöner (und deutlich günstiger) als die Fahrt hinauf auf den trubeligen Gipfel ist der zweistündige Spaziergang um den See oder, im Sommer, ein Bade-Ausflug mit dem Tretboot. Im Eibsee-Hotel durften sich im Zweiten Weltkrieg die US-Soldaten erholen. Heute darf jeder dort auf der Terrasse sitzen - perfekt für ein Bier oder ein Stück Kuchen.
Start/Ziel: Der gebührenpflichtige Parkplatz direkt am See. Schwierigkeit: leicht, Einkehren: Eibsee-Hotel, Sonnenterrasse mit Blick auf die Zugspitze. Das Hotel hat auch einen kleinen Wellness-Bereich. Am Eibsee 1-3, 82491 Grainau, +49 (0) 8821 - 98 81 - 0, www.eibsee-hotel.de
(Foto: Karoline Beisel)
Hintersee
Ramsau, Bayern, 789 Meter
Schon der Weg hin zum See ist märchenhaft: Vom Dörfchen Ramsau aus geht es durch den Zauberwald, der wirklich so heißt, vorbei an riesigen moosbewachsenen Felsbrocken, die vor Tausenden Jahren nach einem Bergsturz hier liegen geblieben sind. Alternativ kann man den Besuch am See mit einer einfachen, aber schweißtreibenden Wanderung zur urigen Schärtenalm (1395 Meter) verbinden, in der Hüttenwirtin Annemarie riesige Kuchenstücke serviert. Wer noch Kondition übrig hat, besichtigt ein Stück weiter den Berg hinauf, oberhalb der Blaueishütte (1680 Meter), den nördlichsten Gletscher der Alpen - oder jedenfalls das, was von ihm übrig ist. Der See selbst bietet nach der Wanderung beinahe zuviel Abkühlung: Das Wasser ist auch im Sommer selten wärmer als 16 Grad.
Start/Ziel: Seeklausen-Parkplatz am Ostufer des Hintersees. Höhendifferenz: bis zur Schärtenalm etwa 600 Meter, bis zur Blaueishütte knapp 900 Meter, Schwierigkeit: leicht. Nur die letzten Meter vor dem Blaueisgletscher verlangen Trittsicherheit. Einkehren: Schärtenalm, kleine Berghütte mit sieben Lagerplätzen, in diesem Jahr geöffnet bis 4.10. Telefon: 0176/551 509 73, www.schaertenalm.de; Blaueishütte, große Alpenvereinshütte, viele Kletterer, geöffnet bis zum 18.10. 08657 / 271, www.blaueishuette.de
(Foto: Karoline Beisel)
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Obersee
Berchtesgaden, Bayern, 613 Meter
Fast lautlos gleitet das Elektroboot über das grüne Wasser - trotzdem schaltet der Kapitän an einer Stelle, an der sich der Königssee besonders dramatisch zwischen den Felswänden hindurchschlängelt, den Motor ab - um den Fahrgästen mit einem Flügelhorn das berühmte Königssee-Echo vorzuführen. Unsere Wanderung beginnt am Ende der Bootsfahrt. Von der Anlegestelle Salet führt ein kurzer Wanderweg am Südufer des kleinen Obersees entlang bis zur fast schon kitschigen Fischunkelalm, die bis Mitte Oktober von zwei Sennerinnen bewirtschaftet wird. Ein paar Gehminuten hinter der Alm stürzt am Ende des Tals in einem schmalen Band Wasser den Röthbachfall hinunter - den mit 470 Metern höchste Wasserfall Deutschlands.
Start/Ziel: Parkplatz an der Anlegestelle in Schönau, Dauer: Die Fahrt über den Königssee dauert pro Weg etwa eine Stunde, danach noch 45 Minuten bis zur Fischunkelalm, weitere 30 Minuten bis zum Wasserfall. Schwierigkeit: leicht. Einkehren: Fischunkelalm am Ostende des Obersees; Der Berggasthof Saletalm liegt direkt an der Anlegestelle Salet und ist in diesem Jahr bis zum 18. Oktober geöffnet. Telefon 08652 / 6300, www.saletalm.de
(Foto: Karoline Beisel)
Illustration: Anton van Hertbruggen