Aus dem SZ-Magazin vom 2. Juli 2004: Mit 15 Sekunden Vorsprung ging Lance Armstrong in 2003 auf die Pyrenäenetappe nach Luz-Ardiden. Am Schlussanstieg blieb er jedoch mit dem Lenker an der Tasche eines Zuschauers hängen und stürzte. Statt anzugreifen wartete Ullrich auf den Konkurrenten - um dann seinerseits von Armstrong abgehängt zu werden, den der Sturz zusätzlich angespornt zu haben schien. Am Ende hatte Armstrong 40 Sekunden Vorsprung und entschied mit diesem Sieg die Tour.
Seit 1910 steht der Col de Peyresourde auf dem Programm der Tour de France. Beim Anstieg zum 1569 Meter hohen Pyrenäenpass gab es in den vergangenen Jahren keine großen Dramen, wohl aber bei der Abfahrt: Am 21.7.2001 versteuerte sich Jan Ullrich in einer Kurve, kam von der Straße ab und verschwand unversehens im Gebüsch. Zum Glück blieb er unverletzt und konnte schnell wieder zu Lance Armstrong aufschließen. Der Texaner hatte eine faire Geste - das Tempo gedrosselt.
»Ullrich geht! Ullrich geht!«, rief der ARD-Reporter Herbert Watterott aufgeregt ins Mikrofon. »Virenque und Pantani können nicht folgen!« Beim Anstieg nach Andorra-Arcalis legte Jan Ullrich 1997 den Grundstein für seinen Toursieg. Neun Kilometer vor dem Ziel griff er an und distanzierte seine Konkurrenten um mehr als eine Minute. Seitdem ist es Ullrich leider nicht noch einmal geglückt, am Berg einen ähnlich triumphalen Sieg herauszufahren.
Fünfeinhalb Kilometer unterhalb der Passhöhe des Col de Galibier schlug am 27.7.1998 die Stunde von Marco Pantani. Er ließ Jan Ullrich stehen, wie dieser niemals zuvor stehen gelassen wurde. Im Regenwetter fiel der geschwächte Ullrich immer weiter zurück und hatte am Ende der Etappe fast neun Minuten auf Pantani verloren und damit auch die Tour. Wieder einmal hatte der Col de Galibier Schicksal gespielt; seit 1911 hat die Tour den »König der Pässe« 53-mal überquert.
Von allen Tour-Bergen ist der 1909 Meter hohe Mont Ventoux der extremste: Unterhalb des Gipfels besteht er nur noch aus Staub und Geröll und den Fahrern bläst der heiße Mistral ins Gesicht. Auf dem 22 Kilometer langen Anstieg können so nur die besten Kletterer bestehen; Marco Pantani und Richard Virenque holten hier Etappensiege. Kurz vor dem Gipfel steht das Denkmal für den Engländer Tom Simpson, der 1967 gedopt und entkräftet vom Rad fiel. Und wenig später starb.
Eine Serpentine mit 21 Kurven führt von der Ebene nach Alpe D'Huez. Viele Radsportfans halten diesen 14 Kilometer langen Anstieg für den Inbegriff der Tour. Immer wieder haben sich hier Dramen abgespielt, wie 1977, als Dietrich Thurau nach einem Sturz seine letzte Hoffnung auf den Toursieg begraben musste. Auch dieses Jahr steht L'Alpe D'Huez auf dem Programm: Am 21. Juli 2004 führte ein Bergzeitfahren die 21 Kehren hinauf - einer der Höhepunkte der Tour.
Der Anstieg zum Col de Portet d'Aspet gehört zu den leichteren der Tour, aber die Abfahrt hat es in sich: Die Straße hat stellenweise 17 Prozent Steigung. Dies wird dem Italiener Fabio Casartelli zum Verhängnis, der am 18. Juli 1995 auf einen der Steinquader stürzt, die die Strecke begrenzen, und einen Schädelbruch erleidet. Casartelli stirbt, doch erst in 2003 führt die Tour-Direktion für alle Fahrer die Helmpflicht ein.