Der Heilige Abend war nur dann gut, wenn der Märklin-Bauhof so erweitert wurde, dass mein, wie ich es sah, Genie als Konstrukteur neue Nahrung fand. Der Wunsch erfüllte sich fast immer, wenn auch in Maßen, da es die Verwandtschaft angesichts der bei uns herrschenden Not für angemessen hielt, Dinge zu schenken, die man »auch wirklich brauchen« konnte: Socken, Schulhefte, ein sogenanntes gutes Buch. Das mein Bubenherz fast verbrennende Verlangen galt einer mit Esbit - Trockenspiritus - beheizbaren Dampfmaschine, die eines meiner Märklin-Mobiles hätte betreiben können. Es blieb ungestillt. Das Mobile musste von Hand bewegt werden, eine Beschämung, die ich wohl mal mit einem Psychologen bereden sollte. Ein Onkel gedachte mich mit einer himmelblauen Keilhose darüber hinwegzutrösten und war beleidigt, als ich das Monster mit Worten schmähte, wie ich sie seither für kein Kleidungsstück mehr gefunden habe. Einmal schrieb ich ans Christkind, dass ich ein Auto, ein Schiff und einen Flieger möchte. Ich bekam ein Stück Kernseife.
(Hermann Unterstöger ist Jahrgang 1943.)