Eines stellte Andrea Nahles gleich beim ersten persönlichen Treffen klar: Sie kann sich angenehmere Dinge in ihrem Leben vorstellen, als von Journalisten begleitet zu werden. Sie sagt: »An den Hacken haben«. Sie hat ihre Erfahrungen gemacht. Es waren keine guten.
Dabei ging alles so gut los: Oskar Lafontaine erkannte in ihr früh ein Ausnahmetalent: »ein Gottesgeschenk« schwärmte er, als er noch bei der SPD das Sagen hatte. Als Juso-Vorsitzende stellte sie sich gegen Schröders Agenda und provozierte mit flotten Sprüchen. »Wer nicht ausbildet, wird umgelegt!« Nahles stieg schnell auf in der SPD, doch was hängenblieb war das Bild einer ehrgeizigen, vorlauten Politikerin. Einer Politikerin, die im Bundestag das Pippi-Langstrumpf-Lied singt. Dieses Nervensägen-Image wurde die Rheinland-Pfälzerin bis heute nicht richtig los, obwohl sie mittlerweile am Kabinettstisch von Angela Merkel sitzt.
Nahles weiß, dass sie aneckt: »Das hat mich beschäftigt, viele Jahre lang«, gibt sie zu. »Und ich wundere mich bis heute, wie ich das als junge Frau weggesteckt habe.« Früher wollte sie noch gemocht werden. »Heute ich will ich Respekt.«
Andrea Nahles ist als Ministerin erfolgreich – in Umfragen hat ihr das bis jetzt nicht viel geholfen. Sie kommt einfach nicht gut an beim Wähler. In Politikerrankings ist sie meist hinten zu finden, bestenfalls Mittelfeld. Im Internet wütet der Onlinemob oft und gerne gegen sie: Karrieristin. Unglaubwürdig. Und so was regiert Deutschland! So der Tenor. Wie geht man damit um? Was macht das mit einem? Diese Fragen standen im Zentrum dieses Porträts, für das der Autor Andrea Nahles vor, während und nach dem Schulz-Hype getroffen hat.
Wie es Nahles gelingt, Politik zu leben, ohne dabei kaputtzugehen. Warum sie ihr Leben in zwei abgeschlossenen Welten aufgeteilt hat – eine heile auf dem Lande in der Eifel, wo sie lebt und eine anstrengende in Berlin, wo sie arbeitet, und warum sie Imageberater ablehnt, lesen Sie hier mit SZ Plus:
Foto: Sophia Kembowski/dpa