Wie lebt man auf der Schwelle zum Tod?

Jahrzehntelang verheimlichte die Schauspielerin Miriam Maertens eine schwere Erkrankung, nun spricht sie zum ersten Mal darüber.

    Viele Menschen haben Miriam Maertens schon auf der Bühne gesehen, zum Beispiel im Thalia-Theater in Hamburg, in der Berliner Schaubühne oder im Schauspielhaus Zürich, wo sie seit etlichen Jahren Ensemblemitglied ist. Was keiner ahnen konnte: Miriam Maertens hat Mukoviszidose, eine unheilbare Erbkrankheit, die Schleim in der Lunge bildet, an dem man eines Tages erstickt. Als sie auf die Welt kam, empfahlen die Ärzte ihrer Mutter, das Mädchen gleich in eine Pflegefamilie zu geben, es würde höchstens fünf Jahre alt. Später hieß es, sie könne vielleicht fünfzehn werden. Dann: dreißig, allerhöchstens. Mit jedem Fortschritt in der Medizin verbesserten sich ihre Aussichten, aber eine Gewähr gab es nie. Jahrzehntelang lebte sie ein Leben, das es aus medizinischer Sicht eigentlich gar nicht geben konnte.

    Nun ist Miriam Maertens 47. Seit fünf Jahren hat sie eine neue Lunge. Aber bis zur neuen Lunge hat sie es mit der alten geschafft und hat viele Dinge getan, von denen ihr die Ärzte abgeraten hatten: schwimmen, rennen, reiten, tanzen, barfuß laufen, sie hat sogar ein Kind bekommen. Im SZ-Magazin spricht sie erstmals darüber, wo sie die Kraft und Disziplin hernahm, um sich nicht von der Krankheit unterzukriegen lassen. Was es sie gekostet hat, so normal wie möglich zu leben. Wie es ihr gelang, in ihrem anspruchsvollen Beruf lange ein Doppelleben zu führen.

    Ob sie nie Angst hatte, fragt SZ-Magazin-Autorin Verena Mayer Miriam Maertens. Doch, antwortet Miriam Maertens, nachts. Sie hatte Angst einzuschlafen. Weil sie dachte, dann kommt der Tod. »Aber ich habe nicht viel weiter als an den nächsten Moment gedacht.« Mayer zeichnet in ihrem Portrait das Bild einer ungewöhnlichen Frau, die ihr tiefe Einblicke gibt in ihr Leben, ihre Krisen – und deren Bewältigung. Einmal, da ist sie schon Mutter und hat ein festes Engagement im Zürich, geht ihr tatsächlich die Luft aus. Sie hängt nachts am Sauerstoffschlauch, kommt kaum noch die Straße entlang, die Ärzte geben ihr noch drei Monate – so dass sie sich schließlich, trotz großer Angst, doch auf die Liste für ein Spenderorgan setzen lässt. Wie alle Transplantationspatienten bekommt sie ein Handy, von dem von vorneherein klar ist, dass es nur einmal klingeln wird: wenn ein Spenderorgan gefunden wurde. Und dann klingelt das Handy tatsächlich und Miriam Maertens hat noch dreißig Minuten Zeit, mit ihrem alten Leben abzuschließen.

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    Foto: Robin Hinsch