Mit den Tieren auf diesen Bildern könnte man einen Zoo ausstatten, der – wären sie lebendig – mehr Säugetiere beherbergen würde als jeder deutsche Tierpark: Leopard, Grizzly, Nashorn, Eisbär, Zebras, Löwen und über 250 andere Wildtiere hat allein der Texaner mit dem hellroten Hemd in seinem Haus ausgestellt. Darunter auch seltene wie den Bongo, eine scheue afrikanische Antilope, die man in freier Wildbahn kaum noch zu Gesicht bekommt.
Die Menschen auf den Fotos sind Preisträger des »Outstanding Hunter Achievement Awards«, einer hohen Auszeichnung für amerikanische Großwildjäger. Einige von ihnen haben so viele Tiere erlegt, dass sie ihre Häuser vergrößern mussten, um alle ausgestopften Trophäen unterzubekommen.
Je länger man die Bilder anschaut, desto gruseliger kommen sie daher: Liegt da tatsächlich ein abgetrennter Kopf neben dem Weihnachtsbaum? Und was sollen die toten jungen Raubkatzen neben ihrem Muttertier, die aussehen, als würden sie fröhlich spielen? Auf den Fotos lebt nichts – bis auf den Menschen, der die Tiere geschossen hat.
Normalerweise kriegt man so eine Sammlung nur zu sehen, wenn man selbst Jäger ist: Wer sein Haus mit Hunderten toten Tieren dekoriert, lässt Außenstehende nicht gern teilhaben an einer Sammelwut, die groteske Züge annehmen kann. Einer der Jäger, der Mann mit Hut, hat nur ein kleines Haus, und weil der Trophäenraum voll ist, hat er die Tiere über alle Zimmer verteilt: kleine Gazellen im Schlafzimmer, ein Löwe im Flur, auch ein paar Tierleichen im Keller. Den englischen Fotografen David Chancellor haben die Jäger nur deshalb in ihre Häuser gelassen, weil er versprochen hat, weder ihre Namen noch ihre Wohnorte zu verraten. Nur so viel darf er sagen: Alle leben in Texas und sind seit mindestens 15 Jahren Jäger. Sie haben Angst, dass Tierschützer ihnen nachstellen – der spanische König Juan Carlos, der sich im Frühjahr bei einem Jagdausflug verletzt hat und seitdem für sein Hobby kritisiert wird, könnte diese Sorge sicher verstehen. Außerdem könnten Einbrecher die Beute stehlen: Ein ausgestopfter Löwe kostet bis zu 50 000 Euro, rechnet man die zweiwöchige Jagd in Mosambik, die Abschuss-Gebühr und den Präparator mit ein. Solange die Tiere nicht vom Aussterben bedroht sind und sie ordnungsgemäß verzollt werden, ist das Hobby nicht illegal.
Schon paradox: Da opfern die Jäger ihrer Sammelwut ihr Geld und ihren Jahresurlaub, pflastern ihr Zuhause mit ausgestopften Wasserbüffeln und Steinböcken, und können ihre Beute kaum jemandem zeigen. »Die Jäger wohnen in einer Mischung aus Museum und Gruselkabinett«, sagt der Fotograf David Chancellor. Dazu der Stallgeruch, »vor allem diese Ziegenrasse aus Usbekistan stinkt wirklich sehr«. Die Vorhänge ihrer Häuser lassen die Jäger meistens zugezogen – zu viel Sonnenlicht würde das Fell ihrer Tiere ausbleichen, außerdem soll ja nicht jeder Nachbar sehen, was für Schätze sie da angehäuft haben.
»Es geht den Jägern vor allem um Macht«, sagt der Fotograf, »um das Gefühl: Ich bin Herr über Leben und Tod.« Umso schwerer wiegt bei den meisten die Frage, was mit ihrem Werk passieren soll, wenn sie einmal nicht mehr leben. Kaum einer hat Kinder, die die Trophäen erben wollen, und schon gar nicht in einem Haus wohnen, in dem mehr tote Tiere hängen als in einem Schlachthof. Also verschenken die Jäger ihre Tiere an naturhistorische Museen oder an befreundete Sammler.
Erfahren Sie hier mehr über »Hunters«, das neueste Projekt von David Chancellor.
Fotos: David Chancellor