Her mit dem Ding!

Ein WM-Pokal? Das ist doch viel zu wenig! Wir sind der Meinung, dass mehr Leistungen bei dieser Weltmeisterschaft ausgezeichnet werden müssen als nur der Sieg im Endspiel, und haben deshalb den Vorstopperin-Pokal ins Leben gerufen, der nun erstmals verliehen wird: für den schlimmsten TV-Kommentar, den schlechtesten WM-Song, die größte Nervensäge und einiges mehr.

    1. Der goldene Ohrstöpsel für den schlechtesten WM-Song
    Im Vorfeld der WM herrschte Goldgräberstimmung unter Deutschlands Musikproduzenten: Mehr als ein Dutzend WM-Songs wurden produziert, mit Titeln wie "Sommermädchen", "Mädels vor – holt den Pokal" und sogar "Macht das Ding rein". Über ein paar tausend Klicks bei YouTube kam keiner dieser Titel hinaus, und auch den diversen offiziellen WM-Songs wie "Sister Hit The Goal" von Marta Jandova und "Wovon sollen wir träumen" von Frida Gold war kaum nennenswerter Erfolg beschieden. Tiefpunkt des ganzen Konzerts war jedoch der offizielle Fifa-WM-Song "Happiness", gesungen vom amerikanischen Casting-Sternchen Alexis Jordan. Nicht nur, dass der Song fast ein Jahr alt ist und keinerlei inhaltlichen Bezug zu Fußball hat, er verkennt auch die Natur des Spiels. Denn wie man wieder gesehen hat, geht es im Sport eben nicht um "Happiness", sondern um Schmerz, Schweiß und schlechte Laune.

    2. Die goldene Adilette für den größten Chauvi
    Um diesen Preis wurde gar nicht so hart gekämpft, wie ursprünglich vermutet werden konnte. In der allgemeinen WM-Euphorie trauten sich nur wenige Verächter des Frauenfußballs aus der Deckung, darunter der Moderator Michael Antwerpes ("Fußball-WM der Frauen ist, wenn man trotzdem Spaß hat"). Ernsthaft beworben hat sich allerdings nur Mario Basler, der der Bild-Zeitung im Verlauf des Turniers mehrmals in den Block diktierte, wie wenig er vom Frauenfußball hält. „Heißt ja auch König Fußball“, argumentierte er schlau, „und nicht Königin...“

    3. Das goldene Heißluftgebläse für den schlimmsten TV-Kommentar
    Diese Auszeichnung kann nur an das ZDF-Team gehen, das die deutschen Fußballfrauen beim Japan-Spiel verständnisvoll aus dem Turnier hinausgeleitete. Statt das Offensichtliche anzusprechen, nämlich dass das Team mies gespielt, Nadine Angerer schlecht gehalten und Silvia Neid falsch gewechselt hatte, erweckten Nobert Galeske und Kathrin Müller-Hohenstein den Eindruck, die Mannschaft sei Opfer eines bedauernswerten, aber letztlich unvermeidbaren Naturereignisses geworden. Müller-Hohensteins Abschiedsworte dürfte sich Silvia Neid bereits eingerahmt haben: "Ich möchte ihnen sagen, dass sie sich hier ganz toll präsentiert haben, super sympathisch, und dass die Zeit mit ihnen einfach wirklich klasse war."

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    4. Der goldene Beißring für den schönsten Wutausbruch
    Fairerweise muss man sagen, dass Marta während dieser WM stellenweise toll gespielt und ein paar schöne Tore geschossen hat. In Erinnerung bleiben wird sie jedoch vor allem wegen ihres divenhaften Temperaments. Wie sie Dresdener Fans anschrie, die einfach nur ein Autogramm wollten! Wie sich im Spiel gegen die USA mit einem ganzen Stadion anlegte, bis sie bei fast jeder Ballberührung ausgebuht wurde! Das hatte fast schon Effenbergsche Qualitäten. Schade, dass sie nicht mehr dabei ist.

    5. Das goldene Megaphon für die größte Nervensäge
    Mit seinem Überraschungsagriff auf Bundestrainerin Silvia Neid ("nicht in der Lage, ein Team zu führen") hätte es Stefan Prinz, Vater von Birgit, fast noch geschafft, sich diese Auszeichnung zu sichern. Letztlich musste jedoch der unermüdliche Einsatz von Bernd Schröder belohnt werden, Trainer des vielfachen Frauenfußball-Meisters Turbine Potsdam und Intimfeind von Silvia Neid. Schröder kritisierte schon vor dem Turnier die lange Vorbereitung ("nicht durchdacht") und den WM-Hype ("Heuchelei"), meldete sich während des Turniers regelmäßig zu Wort und zog nach dem Ausscheiden der Deutschen das zu erwartende Fazit: "Haben alles falsch gemacht".

    6. Der goldene Spucknapf für die gemeinste öffentliche Demütigung
    Bestimmt erinnern sich noch viele Fußballfans an den Streit zwischen Michael Ballack und Oliver Bierhoff nach dem verlorenen EM-Finale 2008, als angeblich Worte wie "Pisser" und "Obertucke" fielen. Anlass war damals, dass Bierhoff die deutschen Spieler mit einem Transparent durch’s Stadion schicken wollte, wozu die aber keine Lust hatten. Auch die deutschen Spielerinnen hatten nach der Niederlage gegen Japan erkennbar wenig Lust, das Transparent mit der Aufschrift "Ein Traum - Ein Team - Millionen Fans - Danke!" über den Rasen zu schleppen. Aber sie taten es trotzdem – ungefähr eine Minute lang. Wer den Spielerinnen diese Strafrunde auferlegt hat, konnten wir nicht genau ermitteln. Wir möchten ihm oder ihr an dieser Stelle aber versichern, dass wir den Preis gerne auch ohne Zeugen in der DFB-Tiefgarage in Frankfurt übergeben.

    7. Der Mahatma-Gandhi-Sonderpreis für Pazifismus und Bescheidenheit
    Wer anders hätte diesen Preis verdient als Sepp Blatter. In gewohnt demütiger Manier verzichtete der Fifa-Boss darauf, fürs Endspiel auf einen Sitzplatz direkt auf Höhe der Mittellinie zu bestehen (der im Frankfurter Stadion erst hätte installiert werden müssen). Außerdem trug Blatter wesentlich zum friedlichen Verlauf der WM bei, indem er den allermeisten Spielen fernblieb. Wir sagen: Weiter so!