2322 Tage Einsamkeit

Sechs Jahre lang saß Ingrid Betancourt als Geisel im Dschungel. Seit ihrer Befreiung vor wenigen Wochen feiert die ganze Welt sie als Heldin. Von ihrem alten Leben aber ist nichts mehr übrig - nicht mal ihre engsten Freunde.

Das neue Leben der vormals berühmtesten Geisel der Welt ist wie ein Rausch. Ingrid Betancourt tourt durch die besten Häuser, seit sie am 2. Juli 2008 nach fast sechseinhalb Jahren aus der Gewalt der kolumbianischen Guerillaarmee Farc befreit wurde. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy ließ die Kolumbianerin mit französischem Zweitpass samt ihren beiden Kindern in einer Regierungsmaschine einfliegen. Im Élysée-Palast stand die frühere Präsidentschaftskandidatin zwischen ihm und Carla Bruni, laut Umfragen ist sie populärer als beide.

Sie traf Jacques Chirac und trifft regelmäßig den früheren Premier Dominique de Villepin, mit dem sie seit ihrem Pariser Studium befreundet ist. Sie wohnt in schicken Hotels, betete in Lourdes, urlaubte auf den Seychellen, wird verwöhnt von Köchen und Designern. Der UN-Generalsekretär machte ihr die Aufwartung, der Papst lud die Familie Betancourt zur Privataudienz, das EU-Parlament erwartet sie. Shakira und Juanes singen für sie. Die Vereinigung World Awards unter Vorsitz von Michail Gorbatschow ernannte die bald 47-Jährige zur Frau des Jahres 2008.

Sie ist ein Star wie Nelson Mandela und der Dalai Lama, eine ernst zu nehmende Kandidatin für den Friedensnobelpreis. Sie trägt bei Bedarf maßgeschneiderte Abendkleider und hält flammende Reden. Sie hat nichts mehr zu tun mit der ausgemergelten, abgemagerten und deprimierten Gefangenen, deren stumme Bilder und traurige Briefe von Haarausfall und Todessehnsucht aus dem Busch noch Ende 2007 schockierten.

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Es ist ein sagenhaftes Drama zwischen Dschungel und Luxus, Gewalt und Ruhm, ein Fall für Hollywood, ein Heldenstück. Zwei Nebendarsteller ihrer glücklichen Geschichte jedoch blieben unterwegs auf der Strecke, zwei wesentliche Vertraute kommen in ihrer Gegenwart kaum mehr vor: ihr Mann und ihre zuvor beste Freundin. Das ist der wehmütige Teil dieser unglaublichen Geschichte.

Ingrid Betancourt mit ihrem Mann Juan Carlos Lecompte.
Juan Carlos Lecompte stand wie ein Schuljunge auf dem Rollfeld, als seine Frau nach der Rettungsaktion wie frisch geduscht aus dem Militärjet stieg. Anders als ihre Mutter Yolanda Pulecio und andere Mitglieder aus dem Betancourt-Clan bekam er bloß eine flüchtige Umarmung, durfte sich in die Wange kneifen lassen und Ingrids Rucksack tragen. Intimitäten sind nichts für Millionen Fernsehzuschauer, im Grunde ist dies alles Privatsache, wäre Betancourt nicht eine öffentliche Figur. Aber das war erniedrigend, und wenige Tage später gab er seine Enttäuschung auch zu: »Die Liebe zu mir könnte im Urwald zu Ende gegangen sein«, ahnte Lecompte, den sie Juanqui nennt und der seit elf Jahren mit Ingrid verheiratet ist.

So kam es dann wohl. Er hatte 2322 Tage lang auf dieses Wiedersehen gewartet, es vielleicht auch gefürchtet nach der langen Zeit. Zwischendurch wurde Ingrid Betancourt von den Farc offenbar ein Foto zugetragen, das ihn am Strand mit einer anderen zeigte, einer mexikanischen Journalistin. »Erfundener Klatsch«, sagt Lecompte. Er streitet Untreue ab und hätte sich in jenem Moment der live übertragenen Emotionen »gewünscht, dass sie ein bisschen liebevoller mit mir gewesen wäre, nicht so kalt. Aber eine Entführung ist eine sehr komplizierte Sache.«

Schon gewöhnliche Paare trennen sich leicht, nach einem Kidnapping zerbricht, statistisch gesehen, jede zweite Ehe. In Kolumbien gibt es Untersuchun-gen darüber. »Sie haben einen Mann mitgenommen und mir einen anderen zurückgegeben«, klagte Lucy de Géchem, als sie die Scheidung von ihrem ebenfalls von den Farc verschleppten und sechs Jahre später entlassenen Ehemann Jorge Eduardo Géchem bekannt gab. Betancourt begrüßte ihren Juan Carlos mit einer Distanz, die keinem der Millionen Beobachter entging. Er blieb daheim in der Penthousewohnung hoch über Bogotá, und sie schien ihm in Paris ferner zu sein als in den vielen Jahren bei den Farc-Rebellen.

Offiziell heißt es, Betancourt brauche Zeit für sich und ihre Kinder. Mehr oder Genaueres weiß wohl selbst Lecompte nicht, aber noch hat er die Hoffnung, dass die Liebe mit der Zeit zurückkehren könnte. Eine Leidensgenossin kann solche Entfremdung nachvollziehen, einerseits: Man habe als Entführter vollkommen andere Erlebnisse als ein freier Mensch, sagt Clara Rojas, »und es ist schwer, das so zu erklären, dass es ein Außenstehender versteht«. Andererseits hat sie sich mit der umschwärmten Ikone entzweit, obwohl zur Begrüßung auch sie zum Flugplatz eilte und beide bis vor Kurzem dasselbe Schicksal teilten.

Clara Rojas, Mitgefangene von Ingrid Betancourt. Weitere Infos zur Person finden Sie auf Seite 6.
Alle drei waren sie ein Team gewesen: Das charismatische Polittalent Betancourt, die strebsame Rechtsanwältin Rojas und der umtriebige Werbeexperte Lecompte kennen sich seit den frühen Neunzigern. Zusammen gründeten sie die Splitterpartei Oxígeno Verde (Grüner Sauerstoff) und provozierten das politische Establishment. Juan Carlos erfand den Namen, Ingrid zog ins Parlament ein, Clara wurde ihre Assistentin. Zur PR verteilten sie auf der Straße Viagra und Kondome. In ihrem Bestseller Die Wut in meinem Herzen geißelte Betancourt die Drogenmafia und die Korruption der Herrschenden. Eine Aufsässige aus bester Familie, die Mama Schönheitskönigin, der Papa Kulturminister und Unes-co-Botschafter.

Sie protestierte mit Hungerstreik gegen die Macht, schickte Sohn und Tochter nach Morddrohungen zu ihrem ersten Mann Fabrice Delloye, einem französischen Diplomaten. 2002 trat Betancourt als chancenlose Außenseiterin gegen den heutigen Präsidenten Álvaro Uribe an und Rojas als ihr Vize, bei einer Wahlkampfreise ins Rebellengebiet San Vicente del Caguán geriet das Duo in einen Hinterhalt der Farc. Sie waren trotz Warnungen losgefahren. Die Chefin ging in einer Mischung aus Stolz und Naivität in die Falle, die Helferin folgte ihr ergeben. Rojas lehnte sogar ab, als die Farc-Rebellen sie ziehen lassen wollten.

In den Lagern ihrer Häscher waren plötzlich alle gleich, vordergründig. Dieselbe Wildnis, dieselben Gewaltmärsche, dieselben Angriffe der Armee, dieselbe Angst, dieselben Erniedrigungen. »Wenn Sie Ihr Geschäft machen müssen, dann machen Sie es hier, vor mir«, sagte einer der Guerilleros zu Ingrid Betancourt. Manchen von ihnen machte es Spaß, die global gefeierte Frau aus der kolumbianischen Oberschicht zu quälen. »Diese Oligarchin« müsse »ins gleiche Loch scheißen wie wir«, spotteten Bewacher der »Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens«.

Dennoch blieb die kolumbianisch-französische Jeanne d’Arc selbst in Ketten der Star, das wertvollste Faustpfand der marxistischen Bande, die Hunderte Menschen aller Gesellschaftsschichten festhält. Auch deshalb konnte sie ihrem Charakter gefahrloser freien Lauf lassen und oft rebellischer sein als die anderen. Ihrem Schicksal galt die internationale Aufmerksamkeit.

Der legendäre Anführer Manuel Marulanda, genannt Tirofijo (Sicherer Schuss), starb an einem Herzinfarkt.
Die Farc stellen vielen Häftlingen bei guter Führung Radios zur Verfügung, um sie bei Laune zu halten. So erfuhren alle ansatzweise von der weltweiten Solidarität für sie. Von den Aufrufen und Verhandlungen der Präsidenten und Komitees. Den Ehrenbürgerschaften, den nächtlichen Anrufen bei den Entführten-Sendungen und den Einsätzen ihrer Männer und Kinder. Die originellsten Ideen hatte Ingrids zweiter Mann, Juan Carlos Lecompte. Unter anderem warf er an ihrem Geburtstag aus einem Kleinflugzeug 20000 Fotos ihrer Kinder über den Baumwipfeln ab in der Hoffnung, eines davon könnte tatsächlich seine Frau erreichen. Es misslang. Lecompte fahndete jahrelang fast hauptberuflich nach ihr, das kostete ihn viel Zeit, viel Geld und viele Nerven. Seine Schwiegermutter Pulecio akzeptierte ihn und seine Methoden nie, die beiden waren sich immer fremd. So gab es unter den Angehörigen zwei Fraktionen, erläuterte Lecompte: »die eine Yolanda und Astrid (Ingrids Schwester) und die andere Fabrice (der Ex-Mann), die Kinder und ich.«

Ingrid Betancourt schrieb ihre bewegendsten Zeilen der Verzweiflung (»der Tod wäre eine süße Option«) an ihre Mutter. Ihren ersten von fünf Fluchtver-suchen unternahm sie mit Clara Rojas. Sie scheiterten, weil sie in der Dunkelheit die Orientierung verloren. Daraufhin wurden die beiden Frauen eine Zeit lang aneinandergekettet und machten sich gegenseitig Vorwürfe. Ihre Bewacher legten ihnen Schlangen, Insekten und einen toten Puma vor die Füße – als Einschüchterung, um weitere Fluchtversuche zu verhindern. Später wurden die zwei Frauen in verschiedene Gruppen verlegt.

Ingrid Betancourt kam dem Mitgefangenen und vormaligen Senator Luis Eladio Pérez nahe. »Eine spirituelle Beziehung«, sagt sie. Ihr Ex-Mann Fabrice Delloye behauptet: »Ingrid hat mir versichert, dass sich Luis Eladio Pérez in sie verliebte, aber dass die Liebe nicht erwidert wurde.« Jedenfalls half Pérez bei der Pflege, als sie erkrankte, vermutlich an einer Leberentzündung, und depressiv wurde. Mit ihm floh sie ebenfalls vergeblich, diesmal musste sie seinetwegen umkehren.

Farc-Vizechef Raúl Reyes wurde von kolumbianischen Truppen getötet.
Clara Rojas rückte erst wieder ins Licht der Öffentlichkeit, als zwei Jahre später Gerüchte über ihre Schwangerschaft publik wurden. Und tatsächlich gebar Betancourts stille Gehilfin 2005 unter unsäglichen Bedingungen in dem Versteck einen Jungen namens Emmanuel, der Vater stammt aus den Reihen der Farc. Einzelheiten sind geheim, aber die Geschichte von Clara und Emmanuel berührte ganz Kolumbien. Eine unglaubliche Episode in diesem grausigen Bürgerkrieg: Die zuvor kinderlose Rojas hatte bei einem Farc-Befehlshaber um Erlaubnis für sexuelle Kontakte gebeten. Den Kaiserschnitt in einer Bretterbude absolvierte ein Farc-Kommandant, dem Säugling wurde dabei ein Arm gebrochen, Rojas wäre fast gestorben. Sie war damals 40. »Was, wenn ich nachher keine Gelegenheit mehr gehabt hätte?«, dachte sie später laut. »Deshalb zog ich die Option Abtreibung nicht in Erwägung und entschied mich dafür, um meinen Sohn zu kämpfen.«

Ingrid Betancourt verbreitete eine andere Version: In einem ihrer diversen Interviews erzählte sie, Clara Rojas habe den Säugling im Fluss ertränken wollen, sie habe ihn gerettet. Clara Rojas widersprach auf mehreren Kanälen wütend und beschimpfte sie als Lügnerin. Betancourt und Pérez hätten sie und ihren Emmanuel schon bei den Farc im Stich gelassen. Die Wege trennten sich. Clara Rojas kam im Januar 2008 frei und bekam unter mysteriösen Umständen ihren Emmanuel zurück. Der Bub war von den Farc über Mittelsmänner zu Pflegeeltern gebracht worden, kam dann in ein Krankenhaus und schließlich in ein staatliches Heim, wo ihn die Regierung Uribe überraschend entdeckte.

Betancourts Mitgefangener Luis Eladio Pérez durfte im Februar 2008 ziehen. Ingrid Betancourt schließlich wurde im Juli gerettet. Niemand von ihnen wird seither so viel gefragt und antwortet so viel wie sie. Die strenggläubige Katholikin Betancourt erzählt wohlformuliert vom Streit mit ihren Wächtern, dem Wert der Freiheit, Heißhunger auf Eis, Gottes Beistand. Manchmal klingt sie wie eine Auserwählte. Eine Erleuchtete. Sogleich galt sie als Anwärterin auf die kolumbianische Präsidentschaft, dies wehrte sie allerdings kürzlich ab, ihre Familie habe sie gebeten, wegen Drohungen der Farc vorerst nicht nach Kolumbien zurückzukehren. Betancourts Auftritte in Europa, all die Ehrungen und Reportagen gehen vielen Landsleuten sogar auf die Nerven: Sie solle doch besser für immer in Frankreich bleiben, ätzen manche Kommentatoren im Internet: »Vergessen wir Ingrid und denken wir an die Entführten, die im Dschungel verfaulen und keine Verwandten in Frankreich haben. Au revoir, Ingrid.«

Psychologen erklären ihre Hyperaktivität mit der Euphorie der Freiheit und ihrem Talent zur Führung. Clara Rojas sagt: »Ingrid ist eine sehr extrovertierte Person, sie kann kommunizieren, mit den Medien umgehen. Das ist ihre Art.« Die spröde Juristin hatte die schillernde Rhetorikerin immer bewundert. Worte fand Betancourt nach kurzem Stocken sogar, als sich Larry King auf CNN erkundigte, ob sie missbraucht worden sei. Antwort: »Es gibt Dinge, die sollten im Urwald bleiben.« Ihr Freund Pérez war indiskreter und schilderte, wie Farc-Aufpasser sie filmten, als sie nackt ihre Bedürfnisse erledigte. Nur zu Clara Rojas will sie nichts mehr sagen. Es schmerze zu sehr, sei zu frisch.

Clara Rojas wird bald ihr Buch herausbringen. 100000 Exemplare auf Französisch, 300000 auf Spanisch, eine gewaltige Erstauflage. »Meine Geschichte, wie ich sie erlebt habe«, sagt sie. Ingrid Betancourts Geschichte wird auch irgendwann erscheinen und sicher ein unschlagbarer Bestseller, Filme sind auch geplant. Juan Carlos Lecompte hat seinen Beitrag in bescheidenerem Umfang schon veröffentlicht, als sie noch verschwunden war. Das Buch heißt Ingrid suchen. Er hat sie gefunden. Und wohl verloren.

Ingrid Betancourt Mehr als sechs Jahre lang war die heute 46-Jährige die wohl prominenteste Geisel der Welt. Die Tochter eines kolumbianischen Diplomaten wuchs in Bogotá und Paris auf und studierte Politikwissenschaften am Pariser Institut d’etudes politiques, einer Eliteuniversität. 1990 ging sie mit ihrer Mutter, einer Diplomatin, wieder zurück nach Kolumbien und stieg 1994 selbst in die Politik ein. 1997 gründete Betancourt zusammen mit ihrem Mann Juan Carlos Lecompte und Clara Rojas die ökologische Partei Oxígeno Verde (Grüner Sauerstoff). 2002 trat sie als Präsidentschaftskandidatin der Partei an – bis sie im Februar 2002 von den Farc-Rebellen entführt wurde.

Juan Carlos Lecompte Es sei wie »eine Obsession«, sagte er im Sommer 2005 und meinte die Suche nach seiner Frau Ingrid Betancourt. Zu jener Zeit war sie bereits drei Jahre in Geiselhaft, und Lecompte, damals 48, einst Vizechef einer der größten Werbeagenturen Kolumbiens, sorgte sich, allmählich zum »Freak zu werden«: »Ich habe keinen Job mehr und bin fast pleite.« Denn seit der Entführung seiner Frau hat er fast alles getan, um sie freizubekommen: mit Farc-Rebellen verhandelt, weltweit Unterstützung für ihre Freilassung organisiert. Aber er sagte auch: »Ich muss realistisch sein, die Chance, dass wir wieder zusammenkommen, ist gering. Denn auch wenn sie noch lebt – nach so vielen Jahren werden wir uns beide sehr verändert haben.«

Clara Rojas Die 43 Jahre alte Juristin stand 2002 als Wahlkampfleiterin und Vizepräsidentschaftskandidatin an Ingrid Betancourts Seite, gemeinsam wurden die beiden am 23. Februar 2002 verschleppt, als sie eine Wahlkampfveranstaltung im von den Farc-Rebellen kontrollierten Gebiet besuchen wollten. In Geiselhaft gebar Rojas nach einer Beziehung mit einem Farc-Guerillero einen Jungen. Ihre Leidenszeit endete sieben Monate früher als die Ingrid Betancourts: Clara Rojas wurde am 10. Januar 2008 von den Rebellen freigelassen. Drei Tage später sah sie zum ersten Mal nach drei Jahren ihren Sohn Emmanuel wieder, den ihr die Guerilleros Anfang 2005 weggenommen hatten. Ein DNA-Test hatte zuvor seine Abstammung bestätigt.

Kolumbiens Tragödie geht weiter, auch wenn Ingrid Betancourt nun seit drei Monaten frei ist. Nach Schätzungen von Mitarbeitern der Radiosendung »Las voces del secuestro« (Die Stimmen der Entführung) sind in dem südamerikanischen Land immer noch 4200 Menschen entführt, nach Rechnung der Hilfsorganisation País Libre (Freies Land) sind es immerhin 2800. Etwa 700 der Entführten werden wohl von den Farc (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) gefangen gehalten. Wie rechte Paramilitärs und gewöhnliche Kriminelle erpresst die linke Guerilla damit vor allem Geld, aber auch politischen Einfluss. Ingrid Betancourt war die Galionsfigur der Geiseln, ohne sie schwindet das Interesse an deren Schicksal. Sie setzt sich für weitere Freilassungen ein, nahm allerdings selbst an den Großdemonstrationen gegen die Farc-Entführer nur von Paris aus teil, weil ihr Bogotá zu gefährlich ist. Die Rebellen, die ihren Kampf sonst vor allem mit Drogenhandel finanzieren, sind durch Armeeaktionen mit US-Hilfe geschwächt, aber keineswegs bezwungen. Der kolumbianische Präsident Álvaro Uribe lehnt Verhandlungen ab und sucht den militärischen Sieg. Betancourt setzt auf einen Mittelweg. Viel spricht dafür, dass es mit den Farc weitergeht wie bisher, nur mit weniger weltweiter Aufmerksamkeit.


Fotos: afp, ap, Reuters