In dieser Woche hat der Frühling begonnen. Ich dachte an den großen Satz des früheren Fußballmanagers Rudi Assauer (Schalke 04): »Wenn der Schnee schmilzt, sieht man, wo die Kacke liegt.«
Ja, wenn der Frühling begonnen hat, ist’s nicht mehr weit bis zur ersten großen Debatte des neu erblühenden Jahres über Hundekot im Englischen Garten. Zum ersten Symposium mit dem Titel »Der Hund und sein Haufen in Hamburg« oder »Versinkt Berlin im Köterkot?« Schließlich bis zu den ersten Grundsatzgesprächen zwischen Hundebesitzern und Hundenichtbesitzern auf den Bürgersteigen meines Viertels.
Bruno, mein alter Freund, hat eine Geschichte aus dem vergangenen Jahr hervorgekramt, sie spielt in Taipeh. Dort gibt es sehr viele Hunde, nicht alle haben einen Eigner, denn mancher Bürger Taiwans kaufte sich zwar einen Hund, ließ ihn aber nach einer Weile einfach frei, weil er den Ausschaltknopf nicht fand, den er von seinen elektronischen Spielzeugen kennt.
Diese Hunde streunen durch die Stadt. Sie kennen keine Toiletten. Also hat man 2011 in einem Stadtteil Taipehs eine Art Verlosung veranstaltet: Jeder, der eine Tüte, gefüllt mit Hundedung, ablieferte, bekam dafür ein Los für eine Lotterie ausgehändigt, bei der als Hauptgewinn ein Goldbarren im Wert von 1500 Euro lockte – eine Gelegenheit, im Wortsinn aus Scheiße Gold zu machen. (Wobei es Ehrensache war, dass der Tüteninhalt wirklich von einem Hund kam, da ist der Taiwanese pingelig.)
4000 Menschen beteiligten sich. Eine dolle Zahl, finde ich. Wie ist es möglich, dass man von dieser Aktion seitdem nichts mehr gehört hat?, fragt Bruno. Dass sie in den deutschen Debatten keinerlei Rolle spielte?, frage ich. Dass es hierzulande keinerlei Nachahmung gegeben hat?, so wiederum Bruno.
Die Frage dieses Frühlings ist: Warum organisieren wir die Hundehaufenbeseitigung nicht als Lotterie? Würde man unsere Städte mit einem Netz von Hundehinterlassenschaftsabgabestellen überziehen, bei denen man pro Hundetütchen ein Los erhielte, das wiederum zur Teilnahme an einer großen Tombola berechtigte, bei der Tag für Tag ein Goldbarren zu gewinnen wäre, ich schwöre: Kein einziges Bröckerl Hundekot läge noch in unseren Parks und auf unseren Gehwegen, das ist doch logisch! Hinter jedem Hund würden mehrere Haufensammler herumschleichen.
Natürlich höre ich sofort: Wer soll das finanzieren? Da habe ich eine klare Antwort: selbstverständlich die Hundefutterindustrie. Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, dass sich jede Brauerei und jeder Getränkevertrieb mit umständlichen Dosen- und sonstigen Pfandsystemen herumschlagen müssen, ja, dass die deutsche Industrie zur Beseitigung ihres Mülls ein Duales System gegründet hat. Dass aber die Hundefutterproduzenten, die allein in einer Stadt wie Berlin täglich an die 110 000 Hunde versorgen, nicht das Geringste mit deren Abfall zu tun haben.
Es müsste für diese Branche ein Leichtes und eine Verpflichtung sein, ein Kotlotto großen Stils zu organisieren, mit Glücksfeen, Jackpötten, einer Werbe-Kampagne (»Dein Hund macht dich reich!«, »Ich scheiß dich zu mit meinem Gold!«), Ausgabeautomaten für Tölentüten überall, entsprechenden Hundelosungsabgabeläden sowie einer täglichen Verlosung – alles hygienisch tipptopp und absolut geruchsneutral, natürlich.
Zumal die Zahl der Hunde bei solchen Möglichkeiten eher steigen würde, die Hundefutterverkäufer also Umsatzsteigerungen in Aussicht hätten. Welche Chancen sich angesichts dieser Idee für die Beseitigung des zähen Altkaugummi-Sumpfs bieten, in dem unsere Städte seit Jahren zu versinken drohen, der auf unseren Bürgersteigen schnelles Gehen allmählich unmöglich macht und uns nötigt, Abend für Abend unsere Schuhe von einem Fäden ziehenden Schlamm aus Gekautem und Ausgespienem zu reinigen – das erklärt sich nach alledem von selbst.
Illustration: Dirk Schmidt