Das Beste aus meinem Leben

Nun haben wir also seit einem halben Jahr ein neues Familienmitglied, das ist die Sophie. Sie hat die dunklen Locken ihrer Mutter und das linke abstehende Ohr ihres Vaters geerbt und Tag und Nacht ist sie von einer Reihe seltsam-wunderbarer Gefährten umgeben.Nummer eins ist ein belgisches Schaf in einem weiß-blau karierten Anzug, das einen hölzernen Ring in den Pfoten trägt. Immer wieder versucht die Sophie, dieses Schaf aufzuessen, immer wieder betrachtet sie es lange und erstaunt, weil es sich nicht aufessen lässt, und viele Stunden lang hat sie schon den kleinen Waschanleitungswimpel an des Schafes Hüfte studiert, so lange, dass ich überzeugt bin, ihre ersten Worte werden eines Tages »Nicht kochen« sein oder »Made in Belgium«.Gefährte Nummer zwei ist eine Art Giraffe ohne Kör-per, nur aus Kopf und Hals bestehend, wobei der Hals rot-weiß geringelt ist und Quietschlaute von sich gibt, wenn man ihn drückt – was Paola, Luis und ich der Sophie zuliebe jeden Tag genau eintausend Mal tun, weil sie darauf immer und immer mit einem erfreuten, ganz und gar unwiderstehlichen Schrei reagiert. Wäre doch nur die ganze Menschheit so leicht in gute Laune zu versetzen!, denke ich dann, ich würde zwei Stunden meines Tages opfern, um durch die U-, S- und Trambahnen der Stadt, durch Büros und Geschäfte, durch Praxen und Kneipen zu ziehen und allen Missmutigen mit einem Giraffenhalsquietscher die Mundwinkel nach oben zu biegen – ja, ganze Giraffenhalsquietscher-Truppen würden die Menschen des Landes erheitern.Drittens schwebt über Sophiechens Wickelstätte ein Mobile aus Plüschvögeln, die bei ihr ein ganz und gar unglaubliches, selbst von Giraffenhälsen und belgischen Schafen nicht übertroffenes Interesse erregen. Dem angeregten Schweben der Vögel folgt sie stumm und mit offenem Mund, als versuche sie, schon in ihrem frühen Alter die Gesetze des Schwebens und der Mobiles im Allgemeinen zu enträtseln und sich die Flugbahnen der Plüschvögel auf immer einzuprägen. Jegliches Schreien, ja jede Aufregung überhaupt erstirbt bei Sophie sofort, wenn sie des Mobiles ansichtig wird, sie vertieft sich in ein so ruhiges Blicken und Schweigen, dass ich bereits überlegt habe, auf meinem Kopf ein Gestänge mit schwebenden Plüschvögeln zu befestigen, um auch beim Herumtragen des Kindes dieses rasch beruhigen zu können.»Ja, und was sagt der Luis nun zum Schwesterchen?«, fragen plötzlich alle Leute, es ist fast immer ihre erste Frage, und sie schieben immer noch eine hinterher, die lautet: »Ist er eifersüüüüchtiiiig?«Nein, ist er nicht. Morgen für Morgen schließt er, bevor er zur Schule geht, die Sophie einmal in die Arme, ja, er weigert sich, das Haus ohne dieses Ritual zu verlassen. Dann gehen wir zusammen los, der Luis zur Schule und ich ins Büro, und als Sophie noch sehr neu war, sagte er eines Morgens, er habe gestern in der Schule von der Schwester erzählt und dann hätten sich zwei oder drei andere Kinder gemeldet, die auch neue Geschwister hätten, und hätten von denen erzählt. Dann sagte Luis: »Ich glaube, dass die Deutschen jetzt wieder mehr werden. Ich glaube, jetzt ist es vorbei mit diesem Aussterben.« Wir hier in unserer Gegend tun jedenfalls, was wir können.