Einer Studie der in Oxford tätigen Wissenschaftler Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne zufolge werden bald 47 Prozent aller heute von Menschen ausgeübten beruflichen Tätigkeiten durch Roboter verrichtet.
Das hatte man sich gedacht. Interessanter ist ein anderes Ergebnis: Die weitaus meisten Jobs, in denen der Mensch überflüssig wird, gehören Männern. Beispiel aus den USA? In nicht ferner Zeit wird das selbst fahrende Auto Realität; 95 Prozent der drei Millionen Lkw-Fahrer aber sind Männer. 93 Prozent der Menschen, die Kranke pflegen, sind indes Frauen. Und Roboterinnen, die sie ersetzen? Nicht in Sicht. Es ist aus mit dem schweißenden, schraubenden, lötenden Mann, vorbei mit ihm als Holzfäller oder Zimmermann. Er hat auch als Telefonverkäufer, Rohstoffhändler, Kranführer keine Zukunft. All diese Tätigkeiten sind zu simpel, als dass sie nicht Sache von Maschinen sein könnten.
»Im Unterschied dazu«, las ich in theatlantic.com, »arbeiten Frauen typischerweise in chaotischeren, weniger strukturierten Umgebungen, in denen die Fähigkeit, die Gefühle und Absichten von Menschen zu erkennen, entscheidend für den Erfolg sind.« Was keine neue These ist. Die Amerikanerin Hanna Rosin schrieb in ihrem berühmten Buch The End of Men, »zum ersten Mal in der Geschichte wird die Weltwirtschaft ein Ort, an dem Frauen mehr Erfolg haben als Männer«, komme es doch in der New Economy weniger auf physische Kraft an als auf »soziale Intelligenz, offene Kommunikation, die Fähigkeit, stillzusitzen und sich zu konzentrieren«.
Wenn Männer leichter durch Roboter zu ersetzen sind, bedeutet das nichts als: Der Mann ist eine Art Roboter, nur eben nicht so gut – zu teuer in der Herstellung, zu aufwendig in der Wartung, zu unpräzise bei der Arbeit. Er kommt zwar in seiner simplen Gefühlsstruktur der Emotionslosigkeit des Roboters nahe, ist aber nicht reduziert genug. Gott hatte bei der Schaffung des Mannes einen Roboter im Sinn, indes fehlte es ihm damals an Schöpfungserfahrung. Heute sind wir weiter.
Auch da, wo der Mann nicht durch Roboter ausgetauscht werden kann, ist er übrigens keineswegs unersetzlich. An seine Stelle können und werden erfolgreich Frauen treten, wie ein Blick ins Bundeskanzleramt lehrt.
Was bleibt ihm und von ihm? In theatlantic.com wird die Zukunft eines Mannes gezeichnet, der sich häuslichen Arbeiten zuwendet, nachdem er seine Frau zur Arbeit gebracht hat, aber das ist insofern nicht richtig, als erstens kein Mann seine Frau zur Arbeit bringen muss, wenn dies von selbst fahrenden Autos (oder der unbemannten U-Bahn) erledigt wird, und zweitens auch der Haushalt bald von automatisch werkelnden Staubsaugern und Putzrobotern bestellt wird; Essen wird heute schon fertig von männlichen Boten geliefert, in Zukunft von Botenrobotern.
In gewissem Rahmen wird der Mann weiterhin zur Produktion von Frauen benötigt, aber das allein ist kein Leben. Der Pessimist sieht des Mannes Zukunft in Sinnlosigkeit, Suff, Gewalt, ja, der Superpessimist erkennt in den Vandalen des IS und den die Ukraine terrorisierenden Horden des Gorilla-Mannes Putin den Beginn schrecklicher Jahrzehnte: der Mann als tobende Nutzlosigkeit – und da ihm ja seine physische Kraft bleibt, läge es nahe, dass er Frauen unterjocht, um arbeitslos von deren Arbeit zu leben.
Der Optimist schaut auf die Statistik der Untersuchung aus Oxford, sieht unter den fünf am wenigsten von Robotik bedrohten Berufen den des Choreografen und findet, es wäre schön, wenn der Mann eine Zukunft als tanzendes Wesen hätte, wenn man also an Straßenrändern und in Parks überall choreografierte Männerballetts sähe, zart schwebende Männerformationen, die der Sinnlosigkeit ja nicht nur des männlichen, sondern überhaupt des ganzen menschlichen Daseins etwas abgewönnen, indem sie all dies in eine neue Sphäre, wie soll ich sagen?, hinübertanzten.
Wir brauchen also die Nurejewisierung des Mannes.
Illustration: Dirk Schmidt