Roboterhaft

Wenn Maschinen immer schlauer werden, müssen wir Menschen uns neue Aufgaben suchen. Axel Hacke schlägt vor: als deren Haustiere.

Bei der Erschaffung künstlicher Intelligenz geht es darum, Computer zu konstruieren, die Probleme eigenständig bearbeiten können (ähnlich, wie manche Menschen dazu in der Lage sind). Elektronik dieser Art würde lernen und sich weiterentwickeln.

Leute, die etwas von dieser Sache verstehen, sind einerseits davon begeistert, andererseits geradezu verängstigt. Der Unternehmer Elon Musk zum Beispiel, Gründer des Automobilkonzerns Tesla und selbst an Firmen beteiligt, die sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen, hat schon 2014 gewarnt: »Es besteht das Risiko, dass binnen fünf Jahren etwas ernsthaft Gefährliches passiert.« Maximal dauere es noch zehn Jahre, also bis 2024. In der Neuen Zürcher Zeitung las ich jetzt einen Bericht über einen Stammtisch von Fachleuten, den der deutsche Unternehmer Joachim Schoss ins Leben gerufen hat. Schoss war Gründer des Internetportals Scout24. Er sagte: »Wir Menschen werden den Maschinen unterlegen sein, wie heute Haustiere uns unterlegen sind.«

Das bedeutet, erstens: Wir sind dabei, etwas zu schaffen, dem wir untertan sein werden. Zweitens stellt sich die Frage nach den Fähigkeiten des Menschen als Haustier. Was ist das Hamsterhafte, Katzenartige, Mausmäßige an uns? Welches Leben werden wir führen, schon bald?

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Große Chancen sehe ich für die Musiker unter uns. Wie es Chinesen reizvoll finden, einer Spottdrossel oder einem Prachtfinken im Käfig zu lauschen, so könnten es die zum intelligenten System vernetzten Kühlschränke, Türöffner und Elektro-Jalousien eines Hauses apart finden, sich bei ihrer Tätigkeit von einem im Wohnzimmer angeketteten Kammerorchester unterhalten zu lassen. Auch jene unserer Freunde, die sich dem Mountainbiken oder Joggen verschrieben haben, werden möglicherweise große Beliebtheit genießen: Dem Hamster im Rade gleich, könnten sie, von den Kamera-Augen der Roboter in stiller Freude beäugt, in geräumigen, verglasten Zellen auf der Stelle dahineilen. Und wie es heute Menschen gibt, die Selbstbewusstsein daraus ziehen, einen Pitbull an der Leine zu führen, so sind unvollkommene, falsch verlötete, vielleicht sogar ein wenig (im alten, menschlichen Sinne) blöde Maschinen denkbar, die Spaß daran haben, einen Hamburger Autonomen an einer Kette durch die Stadt zu geleiten, der auf Befehl ein selbstfahrendes Auto anzündet oder einen Kiosk plündert.

Wird aber die künstliche Intelligenz jene Normalbürger unter uns schätzen, die keine besonderen Fähigkeiten haben? Dem Menschen, auf dem Sofa liegend, ist ja bisweilen etwas Pekinesenhaftes zu eigen, er hat etwas vom schwer schnaufenden Mops oder einem satt herumlungernden Kater, also: Er würde am liebsten bloß daliegen und gekrault werden. Doch möchte eine Maschine einem übergewichtigen Herrn mittleren Alters solche Zärtlichkeiten zukommen lassen? Vielen von uns bleibt zum jetzigen Zeitpunkt nur schlimme Ungewissheit, was ihr Schicksal unter der Maschinenherrschaft angeht.

Manchmal frage ich mich, ob lernende Geräte nicht eines Tages auch begreifen werden, wie schön Faulheit sein kann. Wenn dieser Gedanke im System einer Spülmaschine oder eines Roboter-Rasenmähers auftaucht, ist der Weg nicht mehr weit zur Zucht von Abwaschpersonal oder Mäh-Menschen, das heißt: Wie das Schaf von uns zur Abgabe von Wolle weiterentwickelt wurde und das Huhn zum Eierlegen, so stünde uns ein Knechtsleben im Haushalt der Apparate bevor, von den wenigen abgesehen, die im Terrarium Leguan-Dienst schieben, stundenlang tatenlos unter der Höhensonne verharrend wie der Mallorca-Urlauber auf seiner Liege am Pool.

Illustration: Dirk Schmidt