Her mit dem Türklinken-Kondom!

Wie man in die Toilette hineinkommt, ist klar. Aber wie kommt man – in Corona-Zeiten – wieder hinaus? 

Türöffnen ohne Handkontakt? Ohne Yogakünste schwerer als gedacht.

Illustration: Dirk Schmidt

Wie wir nun erstens wissen, ist die Zentralwaffe gegen das Coronavirus: gründliches Händewaschen, mindestens für 20 Sekunden. »20 Sekunden sind übrigens lang, in der Zeit kann man zweimal komplett Happy Birthday To You singen«, las ich in der FAZ. (Nur falls sich jemand wundert, warum zurzeit auf vielen Toiletten Menschen unter wiederholtem Absingen von Happy Birthday ihre Hände seifen. Es sind FAZ-Leser.) Man kann natürlich auch ein Hölderlin-Gedicht aufsagen, warum nicht Alexanders Rede an seine Soldaten bei Issus (»Geht, raubt den Memmen ihre Last, ihr Gold …«)? Das dauert etwa vier Minuten, handgestoppt. Kein Virus hält das aus, gurgelnd stürzt es in den Orkus. Ein solcher Vortrag erscheint mir eines FAZ-Lesers würdiger als Happy Birthday.

Wie wir zweitens erfahren haben – auch dies aus der FAZ –, kann sich ein Coronavirus »bei Raumtemperatur bis zu neun Tage lang auf Oberflächen halten und infektiös bleiben«. Hier liegt ein Problem. Denn kaum hat man sich, singend, deklamierend oder auch stumm dem Vorgang hingegeben, die Hände geseift, gerieben, geschäumt und gespült, lauert das Virus schon wieder auf der Türklinke, während man die Waschkabine verlässt. Tage um Tage hat es dort verbracht, hinterlassen von ungebildeten Infizierten, die nicht singen können und denen weder Seifenschaum noch Lyrik etwas bedeuten.

Oft, so ergab es jedenfalls ein bundesweiter Feldversuch meinerseits, ist der Raum zwischen Klinke und Türblatt zu eng für einen Ellbogenknochen, sodass Aufziehen mit dessen Hilfe ausscheidet

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Die Frage »Wie verlasse ich einen Toilettenraum ohne Türklinkenberührung?« gerät so zum Zentralproblem dieser Tage. Anfassen des Türdrückers kommt nicht in Frage, aber was dann? Relativ einfach ist die Sache, wenn sich die Tür nach außen hin öffnet. Man nimmt einen Ellbogen zu Hilfe, presst das Klinkenmetall herunter und drückt die Tür mit der Schulter auf. Zwar kann damit eine Coronaverseuchung von Bekleidung oder Haut am Oberarm-Ellen-Gelenk verbunden sein. Da aber dieser Bereich für Mund und Nase praktisch unerreichbar bleibt, ist das Risiko als vernachlässigbar zu betrachten.

Schwieriger wird es, wenn sich die Tür nur nach innen öffnen lässt, wie dies oft bei Nasszellen der Fall ist. Oft, so ergab es jedenfalls ein bundesweiter Feldversuch meinerseits, ist der Raum zwischen Klinke und Türblatt zu eng für einen Ellbogenknochen, sodass Aufziehen mit dessen Hilfe ausscheidet. Stattdessen kommt die Überlegung ins Spiel, auf einem Bein stehend die Schuhspitze des anderen Fußes in diesen Zwischenraum zu schieben, durch Anziehen der Zehen körperwärts die Klinke dann quasi zu fassen und nun den Fuß nach unten zu bewegen; bei geschicktem Zurückhüpfen ließe sich die Tür öffnen, worauf man … Nein, es geht nicht, jedenfalls nicht, solange man den Ablauf im Yogakurs nicht hinreichend geübt hat.

Alternativ könnte man ein Blatt Handtuchpapier nehmen und damit die Klinke berühren, bloß steht man dann mit einem coronabedeckten Stück Papier in der Hand zum Beispiel im Restaurant – wohin damit? Natürlich ließe sich die Tür mit dem Fuß aufhalten und das Papier in Richtung Korb zurückwerfen, das beinhaltet aber einen Knüllvorgang, in dessen Verlauf ein entschlossenes und geschultes Virus leicht zur Hand hin überspringen könnte, was ja nun wirklich das Ende wäre. In Räumlichkeiten mit Gebläsetrockner oder Stofftüchern ist das alles ohnehin ausgeschlossen. Hier hülfe, Toiletten grundsätzlich zu zweit aufzusuchen: Einer reinigt die Hände, der andere öffnet die Tür, während nun der Erste diese Tür mit Körpereinsatz ohne Klinkenberührung geöffnet hält, damit sich der Zweite waschen kann.

Im Gespräch sind, um solche Umstände zu vermeiden, zurzeit grundsätzliche Reformen im Schließbereich von Toiletten: Alles scheint denkbar, vom Klinkenkondom über die Einmalklinke bis zu an­gestellten Klinkenputzern, das Problem wird gelöst. Wir schaffen das, Hand drauf … äh, nein, nicht, nicht . . !