Folge 2: Wohnungssuche in München

Als unser neuer Kollege Christoph Cadenbach das Angebot bekam, für das SZ-Magazin zu arbeiten, fiel ihm nur ein Argument dagegen ein: der Umzug von Berlin nach München. Er teilt die im Rest Deutschlands gängigen Vorurteile gegen München: zu teuer, zu langweilig.

Über die Wohnungssuche zu reden ist ein bisschen so wie übers Wetter zu reden, oder den Benzinpreis, oder die letzte Einkommenssteuererklärung: Meistens hört man die Menschen jammern. Egal, ob sie jetzt in München oder Berlin leben. Das liegt vermutlich an der Individualisierung. Wir teilen die Welt der Möglichkeiten nicht mehr nur in grobe Kategorien ein wie Stadt, Vorort, Land, sondern sehnen uns nach Ausdifferenzierung. Es zählen Details wie das Viertel, die Straße, die Nähe zu bestimmten Bars, das Baudatum des Hauses, die Höhe der Decken, der Fußbodenbelag, Gas- oder Elektroanschluss. Das macht die Suche natürlich kompliziert.

Das Blöde ist nun, dass ich über nichts anderes als die Wohnungssuche schreiben kann. Tagsüber sitze ich im Büro, abends schaue ich mir Zimmer an. Was mir dabei im Gegensatz zu anderen Städten aufgefallen ist: Die meisten Häuser in München sind von außen erstmal ziemlich hässlich, und damit meine ich vor allem uninteressant. München, denke ich, hat ein Renovierungsproblem, einen Zwang, immer alles sofort auf Hochglanz rauszuputzen: die Frauen ihre Gesichter, die Männer ihre Zähne und die Vermieter eben ihre Fassaden. In Berlin dagegen sehen die Häuser so verlebt aus wie die Typen, die darin wohnen. Ich finde das sympathisch. Der Preis ist natürlich auch ein Unterschied (und wird mit den aufgehübschten Fassaden zusammenhängen). Ein Freund von mir hat gerade eine Wohnung an einer wirklich schönen Ecke in Berlin-Neukölln bezogen. 4,40 Euro kostet ihn der Quadratmeter. In München bekommst du da vielleicht die Hälfte einer Grillhendl-Hälfte für.

Da ich keine Lust habe, zu viel Geld auszugeben, suche ich ein Zimmer in einer WG, übers Internet natürlich. In den Anzeigen stellen sich die Mitbewohnersuchenden den Zimmersuchenden immer mit kurzen Textchen vor. Das liest sich in etwa so: "Hi, da die Vroni uns leider verlässt (schnuff), suchen wir, die Evi (26) und der Benni (25), einen supernetten Mitbewohner für unsere supernette WG. Ihr solltet nur keine Angst vor unserem Stubentiger haben ;)."

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Jetzt mal ehrlich. Leute, die so etwas schreiben, hören doch bestimmt auch Silbermond oder lesen "Mängelexemplar" oder halten Bastian Schweinsteiger für einen flippigen Typen. Die Wohnungen, die sich dahinter verbergen, hab ich mir gar nicht erst angeschaut. Und von den 13 WGs, die ich mir angeschaut habe, kamen 11 überhaupt nicht in Frage. Ein paar Eindrücke:

15qm Zimmer, Gärtnerplatz, 520 Euro warm. Die Mitbewohnerin mag keine Musik, würde sich aber freuen, "abends mal ein Glas Wein in der Küche zusammen zu trinken". Das zu vermietende Zimmer geht vom Badezimmer ab und der jetzige Mieter möchte sein marineblaues Klappsofa darin stehen lassen.

18qm Zimmer, Haidhausen, 550 Euro warm. Die potentielle Mitbewohnerin erzählt, dass die Nachbarn sie im Treppenhaus immer anknurren, weil sie ab und zu mit Freunden kocht und das Getrampel einfach zu laut sei. Die Einbauküche ist mit Kunstholz verkleidet und wird von diesen kleinen Neonstrahlern beleuchtet, die wie Miniatur-Satelliten aussehen.

16qm Zimmer, Au, 350 Euro. Ich bin pünktlich zum verabredeten Besichtigungstermin da, aber niemand macht die Tür auf. Auf Anrufe und SMS wird nicht reagiert.

Ein Zimmer hab ich schließlich doch gefunden. In einer ziemlich schicken Altbauwohnung mit Fischgrätenparkett im so genannten Glockenbachviertel, das immerhin so postalternativ wirkt wie der Prenzlauer Berg. Der Mitbewohner ist nett, die Miete günstig und auch das Wetter erstaunlich prächtig.