»Anlegen in Whisky statt Gold«

Die Schotten sind Weltmeister, die Japaner auf dem Vormarsch und auch die Inder werden immer besser: Der Whisky-Hype ist unaufhaltsam. Gastronom Stefan Gabanyi über exotische Sorten und eine hochprozentige Anlageform.

SZ-Magazin: Herr Gabanyi, wie viele Whiskys aus exotischen Ländern stehen bei Ihnen in der Bar?
Stefan Gabanyi: Exotenwhisky nennt man heutzutage Worldwhisky, das klingt schon etwas respektvoller. Ich habe zurzeit etwa 40 schottische Flaschen im Regal stehen, acht aus Irland, 20 amerikanische und acht aus dem Rest der Welt, aber das wechselt ständig.

Ein japanischer Whisky wurde vergangenen Herbst zum Weltmeister gekürt. Ist die Vorherrschaft schottischer Single Malts beendet?
Es war ja kein offizieller Titel, auch wenn das so in den Medien kolportiert wurde. Ein Whisky-Autor hat den im Sherryfass gelagerten Yamazaki aus dem Jahr 2013 höchstbewertet. Der Autor heißt Jim Murray, er wird zwar viel von Laien gelesen, besitzt in Fachkreisen allerdings einen etwas zweifelhaften Ruf. Er gibt gern den Whisky-Pabst und ist immer auf der Suche nach schlagzeilenfähigen Überraschungen. Sein preisgekrönter Japaner war schon vor der Verkostung gar nicht mehr auf dem Markt.

War es das erste Mal, dass ein Whisky aus einem exotischen Land schottische Single Malts in einer Rangliste abgehängt hat?
Nein, eine Spezialabfüllung von Nikka erreichte schon mal zwei Jahre hintereinander den ersten Platz bei einer Blindverkostung. Das wurde allerdings nie an die große Glocke gehängt.

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Treiben solche Erfolge den Preis nach oben?
Ja, alle Japaner sind teurer geworden, Yamazaki kriegt man schon gar nicht mehr. Mein Händler vertröstet mich ständig, um Yamazaki ist ein echter Hype entstanden, seitdem der Name in der Zeitung stand. Jetzt verlangen die Leute grundsätzlich nach japanischen Whiskys und zahlen ohne mit der Wimper zu zucken 20 Euro für 4 cl. Japaner machen aber auch sehr schöne Flaschen, die vom 17-jährigen Hibiki ist am schönsten: Sie hat 24 Facetten, weil man den Whisky - laut Marketing - 24 Stunden am Tag trinken kann.

Warum können japanische Whiskys mittlerweile mit schottischen konkurrieren?
Auf der Nordinsel Japans herrscht schottisches Klima, es gibt Torf, die Japaner haben die richtigen Brennblasen und Fässer, da kann so etwas schon mal passieren.

Know-how ist weniger nötig?
Doch, aber Nikka zum Beispiel wurde schon in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts gegründet, von einem Japaner, der eine Schottin geheiratet und lange in einer schottischen Brennerei gearbeitet hatte.

Schmeckt der Weltmeister?
Ich habe ihn nie gekostet. Grundsätzlich produziert Suntory, der Hersteller von Yamazaki, mildere Sachen als Nikka, deren Whiskys schmecken eher nach den kräftigen Schotten. Die Whiskys von Suntory wurden eher für den japanischen Geschmack entwickelt.

Heißt?
Japanische Whiskys sind ein bisschen subtiler, nicht so intensiv wie ein Scotch, tendenziell leichter, eleganter. Man erkennt den Unterschied auch an den Diagrammen, in denen einzelne Komponenten die Geschmacksrichtung darstellen und zeigen, wie viele Torf-, wie viele Vanillearomen enthalten sind. Bei Schotten sehen diese Diagramme aus wie die New Yorker Skyline mit unterschiedlichsten Hochhäusern, bei Japanern sind sie sehr geradlinig und ausgeglichen, - es geht mehr um feine Balance, vor allem bei Suntory. Japaner trinken Whiskys auch gern mit Eis und viel Wasser, Mizuwari nennt man das, im Verhältnis 1 zu 6, 7 oder 8, ein richtiger Long Drink, gern auch zum Essen.

Welche anderen exotischen Whiskyproduzenten gibt es noch?

Indien ist einer der größten Hersteller weltweit, allerdings werden da auch Whiskys aus Zuckerrohr und Melasse dazugerechnet, die man in Europa als Rum bezeichnen würde. Aber außerhalb der klassischen Whisk(e)y-Länder Schottland, Irland, Kanada und den USA ist die Bezeichnung Whisky nicht geschützt, da kann jeder draufschreiben, was er will. Inder verschneiden auch importierten Scotch mit ihrem Zuckerrohrschnaps, um dem Geschmack näher zu kommen, so wie früher die Japaner. Die Schotten exportieren sogar Torf, nach Skandinavien etwa und in die USA. In Indien und Australien ist Torf nicht das Problem, das Klima ist wenig geeignet, um einen schottischen Whisky zu machen, durch die Hitze reifen die Whiskys zu schnell, es fehlt ihnen an Komplexität. Viele indische Brennereien liegen im Norden nahe dem Gebirge, aber auch da sind die Sommer zu heiß für Whisky nach unserem Geschmack.

Schon mal einen Inder probiert?
Klar, Amrut, hab ich sogar in der Bar stehen, nur ganz neugierige Leute probieren den, dabei ist der gar nicht übel. Mal abwarten, wie die indischen Whiskys sich entwickeln. Es gibt viele Leute, die sich über die Exoten lustig machen, aber in der Geschichte des Whiskys hat es immer wieder unerwartete Entwicklungen gegeben.

Wo sonst auf der Welt wird noch Whisky gebrannt?
Überall da, wo die Engländer früher waren: Kanada, Südafrika, Ostafrika, Ägypten. Die Inder haben mit Bierbrauen angefangen, das ist technisch ja eine Vorstufe vom Whiskybrennen. Früher trank vor allem die besser gestellte Bevölkerung, die den britischen Lebensstil imitieren wollte. Die Zölle sind teilweise immer noch enorm hoch, ein Scotch kostet da unten ein Vermögen, deshalb machen sie ihren eigenen. Aber man darf nicht übersehen, dass die Großkonzerne international eng verflochten sind, drei machen sich überall breit: Der größte indische Hersteller, United Spirits, gehört inzwischen einer britischen Firma. Der indische Markt ist interessant: Unter den zehn meistverkauften Marken der Welt sind sieben Inder. Es gibt eben so viele Inder, und überall da, wo indische Gastarbeiter leben, wird auch viel Whisky getrunken. Die indische Mittelschicht allein trinkt schon so viel wie ganz Europa. Pernod Ricard, die zweitgrößte Spirituosen-Firma, besitzt ebenfalls Beteiligungen in Indien. Suntory ist der dritte im Bunde, die haben letztes Jahr Jim Beam gekauft und besitzen schon lange Brennereien in Schottland. Suntory ist ein Riesenkonzern, der auch Pharmazeutika und alles Mögliche herstellt.

Hat Suntory schottische Brennereien wegen des Know-hows eingekauft?
Ich denke mal, aber sicher auch, um an das Material zu kommen, um Single Malt rüberzuschiffen und zu verschneiden.

Wird das immer noch gemacht?
Die Japaner lassen sich nicht in die Fässer gucken. Übers reine Kopieren sind sie jedenfalls längst hinaus; sie sind selbstbewusst geworden. Überall auf der Welt benutzt man Eichenfässer, die Japaner nehmen aber gern auch einheimisches Zedernholz, was den Geschmack natürlich stark beeinflusst. Sechzig Prozent des Geschmacks stammen vom Fass.

Welche anderen Exoten-Whiskys sind noch interessant?
Ich habe zu Hause ein paar Flaschen aus Ägypten, die mir mein Bruder mitgebracht hat, aber die sollte man nicht trinken. Einer der Piloten von Hosni Mubarak, dem früheren Präsidenten, erblindete davon. Die Brennerei befand sich im Staatsbesitz. Bin mir aber gar nicht sicher, ob sie noch brennen. Lustigerweise gibt es unter den islamischen Staaten einige Whiskybrenner: Pakistan etwa. Wird nicht mein Lieblingswhisky, ist aber völlig korrekter Stoff. In Kenia gibt es einen, dessen Flasche interessant ist: Sie ist wie der Kontinent geformt, er heißt African Safari. Australien ist deswegen interessant, weil sie versuchen, den Manufaktur-Gedanken vom Craft Beer auf den Whisky zu übertragen: Die bauen sogar ihre Fässer selbst, pflanzen teilweise sogar ihr eigenes Getreide, wie die historischen Farmhouse Distilleries Schottlands und Irlands. Die haben natürlich keine hohen Auflagen, werden aber teilweise recht gut bewertet. In Tasmanien gibt es sogar ganz ordentlichen Torf, ich könnte mir vorstellen, dass da unten was Gutes entsteht.

Gibt es auch Exoten in Europa?
Schweden sind große Scotch-Trinker.

Obwohl Whisky nirgendwo so teuer ist wie in Skandinavien?
In Finnland ist er vielleicht noch teurer als in Schweden, aber auch die Finnen haben zwei Brennereien.

Warum ist der einheimische Whisky in Skandinavien trotzdem so teuer?
Wegen der Steuern, wie immer. Kleine Brennereien haben aber auch das Problem, dass sie Cashflow brauchen, weil sie keine Rücklagen haben. Oft kostet ein Dreijähriger einer kleinen Brennerei so viel wie ein Zwölfjähriger aus Schottland.

Sind Exoten immer teurer?
Oft. Vor allem im deutschsprachigen Raum: Die meisten Whiskybrenner hier sind ursprünglich Obstbrenner. Aber Obst und Getreide zu brennen sind zwei verschiedene Dinge. Ein paar deutsche sind trinkbar, aber warum hier mehr Brennereien stehen als in Schottland, erschließt sich mir nicht. Es sind viele kleine Betriebe mit kleinen Mengen. Schlyrs am Schliersee ist schon vergleichsweise groß, die exportieren sogar ins Ausland.

Was haben Sie denn dagegen, wenn Obstbrenner sich am Whisky probieren?
Brennen können die alle, aber ihr Whisky hat keine Seele. Das Hauptproblem sind die Brennblasen: Obstbrennblasen funktionieren ganz anders. Beim Obst kommt es drauf an, durch die Destillation ein klares, reines Fruchtaroma zu gewinnen, beim Whisky nicht. Wenn der in einer Obstbrennblase gebrannt wird, riecht und schmeckt der nach Gerste, und das war's dann. Viele von den Obstbrennern betonen zwar, dass sie etwas anderes wollen als Scotch zu imitieren, aber sie reden trotzdem dauernd von Single Malt. Ich frage mich nur, warum sie ihren Gerstenschnaps dann noch Whisky nennen. Ihre Brände liegen dann noch ein, zwei Jahre im Fass, schmecken aber lange nicht so wie ein Scotch und kosten obendrein richtig viel Geld.

Vielleicht nennen sie ihren Brand Whisky, weil sich der zurzeit einfach gut verkauft?
Sicherlich. Die Schweden schmeißen noch Wacholder rein in ihren Whisky. Der ist dann wenigstens unverkennbar.

Brennt Lateinamerika auch Whiskys?
Südamerikaner trinken am liebsten alte Blended Scotches, wie das früher allgemein üblich war. In Argentinien gibt es eine kleine Malt-Brennerei, aber die meisten Hersteller schippern schottischen Whisky runter, um ihn mit ihrem Getreide-Destillat zu verschneiden, vor allem in Venezuela und Brasilien.

Was halten Sie von modernen Mischungen wie Jim Beam mit Honig?
Honig ist gerade ganz weit vorne. Das schmeckt dann tendenziell eher wie ein Likör. Cherry Whisky gibt's schon länger. Wild Turkey macht das auch, und Jack Daniels vertreibt einen Winter-Whiskey. Wer eine große funktionierende Marke hat, ist ohne weiteres in der Lage, jede Menge line extensions herausbringen.

Verurteilen Sie das?
Reine Geschmackssache. Solange ich es nicht trinken muss.

»Single Malt gilt als das Beste, was man an Schnaps kaufen kann.«


Warum boomt Whisky seit wenigen Jahren?
In Industrieländern wird viel weniger getrunken, dafür aber hochwertiger, es wird mehr Geld ausgegeben, man schaut genauer hin. Single Malt gilt heute als das Beste, was man an Schnaps kaufen kann. Whisky hat Cognac den Rang abgelaufen. Über Whisky werden jedes Jahr gefühlte 35 Bücher geschrieben, über Cognac nicht mal zwei, von Wodka gar nicht zu reden, obwohl der viel häufiger getrunken wird.

Warum ist das Image von Whisky so viel interessanter?
Ich weiß es auch nicht. Greta Garbos erste Worte im Tonfilm lauteten: »Give me whisky, baby.« Dass ein Image so aufgeladen wird, kenne ich von keiner anderen Spirituose. Die Schotten waren beim Marketing immer schon ganz weit vorne. Ende des 19. Jahrhunderts führte man in Schottland schon die Abfüllung in eigenen Flaschen mit eigenen Etiketten ein. Bis dahin war der bekannteste noch der Irish Whisky, allein in den USA gab es 400 Irish-Marken. Jeder, der ein Fass besaß, hat einfach seinen Namen auf die Flaschen geschrieben. Die Schotten haben dagegen früh auf den Wiedererkennungswert gesetzt. Und ihre Whiskys mit einem Image versehen, um unterschiedliche Konsumenten anzusprechen. Die Schotten haben immer schon gewusst, wie man das Zeug am besten verkauft.

Was hat Whisky, was anderen Spirituosen fehlt?
Das breite Aroma-Spektrum, von leicht, mild, süß bis hin zu heftig rauchig. Spezielle Abfüllungen und Einzelfass-Abfüllungen für alle, die richtig viel Geld ausgeben wollen. Jedes Fass entwickelt sich unterschiedlich. Ausgereifte Fässer werden in eine große Wanne gekippt und gemischt, damit man ein gleichbleibendes Produkt bekommt. Ein Fass liefert etwa 300 Flaschen, die in der Regel auf unter fünfzig Prozent Alkoholgehalt getrimmt werden. Da werden Einzelfassabfüllungen natürlich für Trinker wie Jäger interessant.

Feuert der Sammlerboom den Absatz an?
In der oberen Preiskategorie spielt das durchaus eine Rolle. In den letzten ein, zwei Jahren haben immer mehr Anlageberater zu Whisky statt Gold geraten.

Gilt das nur für Single Malts?
Nein. In den USA zahlt man auch für Bourbons richtig viel Geld, und über die Japaner haben wir ja schon gesprochen.

Wie viele Brennereien gibt es in Schottland?
Um die hundert. Aber es werden ständig neue gebaut, obwohl die ersten schon wieder behaupten, der Boom sei vorbei, seitdem die Asiaten nicht mehr kaufen. Dafür kaufen die Sammler umso mehr.

Woher kommen die?
Russland, Lateinamerika, viele aus Italien, aber bei Versteigerungen weiß man nie genau, wer gekauft hat.

Sie überarbeiten gerade Ihr zwanzig Jahre altes Whisky-Lexikon. Nehmen Sie mehr Exoten auf als in der ersten Ausgabe?

Natürlich. Viele Inder. Auch einen Ägypter, nicht nur wegen der Mubarak-Geschichte, sondern um die historischen Hintergründe zu erklären. Whisky ist so groß geworden, weil es ein britisches Getränk war und die Briten eben Weltherrscher, so einfach kann man es auch sehen. Leider kenne ich mich zu wenig in der Steuergesetzgebung aus, die spielt für die Verbreitung eine entscheidende Rolle. Steuern auf Alkohol gab es ja schon immer, und Schwarzbrennen war sehr verbreitet. Die Briten hatten durch die Navy auch den besten Vertrieb. Hätten die Holländer länger durchgehalten, wäre Genever heute weiter vorne. Einige Genever-Arten sind übrigens durchaus Whisky-ähnlich. Die Nazis wollten auch ihren eigenen Whisky machen, den nannten sie deutschen Rauchkorn. Daran sieht man, wie ernst dieses Getränk genommen wird.

Woran sind die Nazis gescheitert?
Das möcht ich gar nicht wissen. Die Brennerei gibt es ja noch, nennt sich Preußische Versuchsbrennerei, produziert vor allem Gin. In der Uckermark brennt eine Lady noch polnischen Whisky.

Trinkbar?
Natürlich, aber wer braucht das? Whiskys aus Europa sind alle ordentlich gebrannt, blind wird man davon nicht, aber wenn man das Zeug nicht nur der Wirkung halber trinkt, sondern auch des Geschmacks wegen, ist man mit anderem besser bedient.

Sie sind 58 Jahre alt. Wann haben Sie Ihren ersten Whisky getrunken?
Mit 18 oder 19. Ich war nicht sofort Fan. Damals gab's kaum Malt Whisky, nur Blends. Mein Bruder hat später mal einen Tramper aus Schottland mit nach Hause gebracht, der hatte eine Flasche Single Malt dabei, die uns sehr beeindruckt hat. Deutschland war relativ spät dran mit dem Single Malt, dafür ist man jetzt umso gründlicher. Italiener, Spanier, auch Franzosen haben sich schon viel früher dafür begeistert.

Wird im Cognac-Land denn viel Whisky getrunken?
Natürlich. Frankreich ist weltweit der größte Scotch-Markt. Whisky ist das Getränk des französischen Existenzialismus. Cognac kommt in Frankreich auf nur zwei Prozent Marktanteil. Bei meinen französischen Verwandten stand immer ein Scotch auf dem Tisch. In Frankreich geht es allerdings um die Masse, die Amis trinken weniger, geben aber mehr Geld für Whisky aus.

Im November wird Murray wieder einen Weltmeister küren. Könnte vielleicht auch mal ein Inder gewinnen?
Schon passiert. Er hat den Amrut aus Indien bei einer Blindverkostung gewinnen lassen. Der Kollege wird sich schon wieder was Spektakuläres einfallen lassen. Vielleicht gewinnt dieses Mal der kubanische Whiskey, der heißt Old Havanna, wie der Rum. Hab zwei Flaschen zu Hause, trau mich nicht, sie aufzumachen.

Sammeln Sie denn auch?
Nee, aber ich kriege immer wieder Kuriositäten mitgebracht: indischen Whisky im Tetrapak oder einen aus Kenia im Plastikbeutel. Sammler suchen oft richtig schlimmen Stoff, der ganz furchtbar schmeckt.

Schon mal Thai-Whisky probiert?
Ist Zuckerrohrschnaps. Wie der Mekong-Whisky. Wer in Südostasien Lust dazu hat, schreibt einfach Whisky auf die Flasche.

Was schreiben die Gesetze in Europa vor?
Whisky darf man in Schottland und Irland nur nennen, was älter als drei Jahre ist. Wenn bei Aldi ein Blend 9,99 Euro kostet, darf man davon ausgehen, dass der drei Jahre und einen Tag alt ist. In den USA muss er mindestens zwei Jahre liegen. Längere Reifung bringt natürlich mehr Balance und Komplexität rein.

Seit wann trinkt man Whisky überhaupt?
Wann genau man mit dem Destillieren begann, ist nicht klar. Die Iren behaupten, sie hätten das schon im 6. Jahrhundert getan; das ist sehr fragwürdig. Erfunden haben's ohnehin sicherlich wieder die Chinesen. Irgendwann haben die Schotten erste Traubendestillate hergestellt, und Mönche Medizin destilliert. Dann haben mehr oder weniger alle gleichzeitig angefangen. Den Namen Whisky gibt es nachweislich seit dem 15. Jahrhundert.

Wie viel Whisky wird im Vergleich zu anderen Spirituosen getrunken?
Wodka findet einen viel größeren Absatz, auch in Deutschland. Die größten Spirituosenmarken der Welt kennt in Deutschland keine Sau, von ein paar Spezialisten abgesehen: Das sind Reisschnäpse aus China und Südkorea, Baiju und Shochu. Es gibt einen chinesischen Baiju, der ausschließlich für die 4800 Abgeordneten des Volkskongresses abgefüllt wird, den würde man hier überhaupt nicht loswerden. In Deutschland verkauft sich übrigens Racke Rauchzart immer noch ganz gut.

Was ist das?
Whisky war im Nachkriegsdeutschland ein Luxusgetränk, das sich nur Hildegard Knef und Konsorten leisten konnten. Deshalb hat man selbst gebrannten Korn mit importiertem Scotch verschnitten und das dann Red Fox genannt. Klingt schottisch, weshalb die Schotten auch gleich geklagt haben. Darauf nannte man ihn Racke Rauchzart. Der ist gelaufen wie die Feuerwehr. Ist heute noch Nummer fünf in Deutschland. Die Firma macht keine Werbung, aber es gibt eigene Fanclubs. Inzwischen ist Racke Rauchzart auch ein echter Scotch, den sie sich aus Schottland kommen lassen und neu etikettieren.

Stefan Gabanyi führt in München die »Bar Gabanyi«. Sein Whisky-Lexikon erscheint im Oktober im Zabert Sandmann Verlag. 

Fotos: Michael Dunning/Getty Images, Joachim Baldauf