B - Beten

Ein englischer Gärtner begann Ende des 19. Jahrhunderts, Pflanzen aus seinem Garten zu fotografieren. Die Fotos sind tiefenscharfe Arrangements vor hellem Hintergrund – Jahrzehnte vor der klassischen Moderne in der Fotografie. Charles Jones, der Gärtner, signierte und beschriftete seine Silber-Gelatine-Abzüge, aber er stellte die Bilder nie aus. Gegen Ende seines Lebens benutzte er die Glasnegative, um Sämlinge vor Frühjahrsfrösten zu schützen. Ein englischer Fotohistoriker fand einen Koffer voller Abzüge auf einem Flohmarkt, publizierte das Buch The Plant Kingdoms of Charles Jones und gab die Bilder einer Londoner Galerie, wo sie schnell teuer wurden. Warum ich Ihnen davon erzähle? Auf Jones’ Fotos sind auch Beten zu sehen – gelbe, rote oder weiße, kugelrund oder dick und zylinderförmig. Damals spielten die Mitglieder der Beta-vulgaris-Familie offensichtlich eine viel größere Rolle als heute. Das alte englische Wort für Bete ist mangoldwurzel, Jones unterscheidet beet- und mangold-Sorten. Die jungen Blätter der Bete können Sie genauso wie den eng verwandten Mangold verarbeiten. Rote Beten aus dem Garten, die Sie im Herbst nicht geerntet haben, schmecken im zweiten Jahr eigentlich nicht mehr, da sich die Knollen dann langsam zurückbilden, während die Pflanze versucht zu blühen. Die ersten Frühjahrstriebe dienen aber immer noch als frühes Blattgemüse aus dem Garten. Für spezielle Sorten brauchen Sie nicht nur ein Beet, sondern zusätzlich einen Samenhändler, der sich auf alte Gemüse spezialisiert hat: Die rotweiß geringelte Sorte Tonda di Chioggia soll als Rohkost besonders zart und süß sein. Die gelben Burpee’s Golden machen später in der Küche keine Flecken – bei roten Sorten helfen Einweghandschuhe aus der Apotheke. Ihre intensive Farbe ist die Wurzel für den Mythos, man dürfe rote Beten nur völlig unverletzt im Ganzen kochen oder wie Folienkartoffeln im Ofen garen, da die Knol-len sonst ausbluten und Vitamine und Mineralstoffe verlieren würden. Natürlich verlieren rote Beten durch Schnittverletzungen Saft, genauso wie andere Gemüse. Wenn der rote Gemüsesaft das Kochwasser färbt, sehen wir es nur besser. Der Duft, der dabei aufsteigt, erinnert nicht zufällig an frische Erde: Der Geruchsstoff Geosmin kommt auch in Pilzen vor und in Kleinstlebewesen, die den Acker bevölkern.

ROTE-BETEN-RAGOOUT Einen Bräter oder ein Blech im Ofen auf 200 Grad Umluft vorheizen. Je 500 g Rote Beten, Möhren und Kartoffeln schälen, 2 cm groß würfeln. 4 Knoblauchzehen leicht quetschen, 1/2 Bund Salbei zupfen. Alles zusammen mit 2–3 EL Butter im Ofen 30 Minuten braten, salzen und pfeffern. Nach und nach mit 350 ml Bier ablöschen, 20 Minuten fertig schmoren. 150 g Joghurt, 100 g Crème fraîche und 3 EL Meerrettich verrühren. 1 Bund Schnittlauch schneiden, untermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und zum Gemüse servieren. Als Schmorgemüse zu einem Kalbs- oder Schweinsbraten ergibt die Mischung eine umwerfende Sauce.