Erst Trost, dann Tierheim

Unsere Leserin hat unheilbaren Krebs und nicht mehr viel Zeit. Trotzdem möchte sie sich einen jungen Hund anschaffen. Ist das dem Tier gegenüber fair? 


Illustration: Serge Bloch

»Ich habe fortgeschrittenen, unheilbaren Brustkrebs, bin alleinstehend und möchte mir für die Zeit, die mir noch bleibt, einen Hund anschaffen. Es ist vielleicht egoistisch, aber ich möchte gerne einen jungen Hund. Da ich niemanden kenne, der das Tier nach meinem Tod aufnehmen könnte oder wollte, würde es dann wohl später im Tierheim landen. Ich fühle mich schlecht bei diesem Gedanken, sehe aber auch nicht ein, warum ich mir diesen letzten, für mich hilfreichen Wunsch verwehren sollte. Ich bin mit einem Hund groß geworden und weiß, worauf ich mich einlasse.« Katharina K., Berlin

Mein Rat: Erfüllen Sie sich diesen Wunsch. Es weiß doch sowieso niemand, was morgen ist. Am Ende leben Sie viel länger, als Sie oder Ihre Ärzte für möglich halten. Das Leben, das noch vor Ihnen liegt, wird auf jeden Fall glücklicher sein, wenn Sie sich Ihren Wunsch erfüllen, als wenn Sie ihn sich traurig versagen, und wer weiß, wie sich das wiederum auf Ihre Gesundheit auswirkt. Wohl kaum negativ. Schaffen Sie sich einen Hund an. Genau den, den Sie gerne hätten. Aber machen Sie bitte auch eine Tour durch die Tierheime. Vielleicht verlieben Sie sich ja doch spontan in einen schon etwas älteren? Oder mittelalten.

Wichtig: Erziehen Sie Ihren Hund gut! Wenn die Menschen um Sie herum ihn erst einmal kennen und mitbekommen, wie freundlich und wohl­erzogen er ist, wie unkompliziert in der Haltung (idealerweise ist es kein Wind- oder ausgesprochener Jagdhund), bin ich zuversichtlich, dass sich im Falle Ihres Todes jemand findet, der den Hund nimmt. Auch wenn diese Person sich das heute, in der Theorie, nicht vorstellen kann. Das ist ja dann nicht irgendein Hund, es ist Ihr Hund, noch mal: Ihr sehr gut erzogener Hund, und deswegen ist er für Ihre Angehörigen und Freunde nach Ihrem Tod ja noch mal ganz anders aufgeladen.

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Um kurz persönlich zu werden, unseren Hund haben wir damals geerbt, als meine Großeltern starben. Vorher waren wir eine Katzenfamilie und hätten uns nie vorstellen können, einen Hund zu haben. Und als wir den Hund dann hatten, weil die Umstände uns dazu zwangen, waren wir nicht mal ­besonders traurig, als unsere Katze kurz ­darauf Reißaus nahm, einfach weglief und nie wiederkam. Schrecklich, nicht? Was ich meine: Es ist doch alles immer in Bewegung. Dinge passieren und verändern dadurch andere. Am liebsten würde ich mit Ihnen wetten, dass Ihr Hund nicht im Tierheim landet.