Ein Märchen des digitalen Zeitalters. Die Geschichte geht so: Junge aus New Jersey stellt Songs ins Internet, die er selbst aufgenommen hat, ein bisschen Gitarre, ein bisschen Stimme, mal eine schöne Coverversion von weltbekannten Hits. Dann kommt die amerikanische TV-Moderatorin Ellen DeGeneres des Wegs, mag, was sie hört, und gibt dem Jungen kurzerhand einen Vertrag, sie betreibt nämlich nur so, zum Spaß, auch ein kleines Plattenlabel. Und Charlie Puth wird zum Star.
Man muss wissen: Ellen DeGeneres hat in den USA einen öffentlichen Stellenwert, mit dem es eigentlich nur der Präsident und Oprah Winfrey aufnehmen können. Wenn Ellen sagt, Leute, das hier ist gut, dann gehen die Leute los und kaufen es. Also auch die Musik von Charlie Puth. Seine sehr schmalzigen Songs, die er mit hoher, femininer Stimme singt, laufen im US-Radio rauf und runter.
Der Rapper Wiz Khalifa dagegen probiert schon seit bald zehn Jahren alles mögliche, mal relativ sauberen HipHop, dann wieder Zeug, das fast schon nach Eurodisco klingt. Am interessantesten an ihm sind eigentlich seine Tätowierungen (oha, Knastträne, Damen und Herren, jetzt aber Vorsicht, da kommt ein ganz Gefährlicher!).
Jetzt ist irgendwer auf die Idee gekommen, den mauligen Rapper und den Jungen mit der Engelsstimme zusammenzubringen. Das funktioniert ganz gut, vor allem für Leute, die beim Musikhören schnell ungeduldig werden und am Radio ständig den Sender wechseln. Denn wenn einen hier nach 16 Takten der tiefergelegte Funk zu langweilen beginnt, schalten die zwei schon um auf Schmusepop. Und wenn man da wiederum nach zwei Zeilen an Zuckervergiftung einzugehen droht, zack, Schalter umgelegt, wir geben zurück ins Funk-Haus.
Keine der beiden Hälften wäre allein ein wirklich starker Song, aber so läuft das schon alles ganz gut. Dass dem Lied noch dazu der Blockbuster »Fast & Furious 7« als Vehikel dient, umso besser. »See You Again« ist da irgendwie Titelsong oder Abspannsong oder Mittendrinsong, im Grunde egal, Hauptsache, man kann im Video Filmausschnitte verbraten, dicke Autos, bedeutungsschwere Blicke, Vin Diesels Muskeln. So geht Hit-Basteln mit dreifachem Sicherheitsnetz: Wenn einen nach dem zweiten Refrain weder der HipHop-Anteil NOCH der Schmalz weiter interessiert, kann man sich wenigstens ein paar teuer gefilmte Landstraßen anschauen. Also bitte: Wer damit nicht zufriedenzustellen ist, der soll sich ein Buch kaufen oder sonst irgendwas verrücktes machen.
Erinnert uns an »Empire State Of Mind« von Jay-Z und Alicia Keys. Aber nur wegen der Elemente Rap und Klavier. Ansonsten liegen da noch ein paar Stockwerke dazwischen.
Wer kauft das? Jungs, die über ihr erstes Tattoo nachdenken.
Was dem Song gut tun würde Um es mit einem großen Mann der deutschen Sportgeschichte zu sagen: Eier, wir brauchen Eier.