Die innere Sicherheit

Die Bundespolizei ist immer dort, wo der Terror ganz nah scheint.

Wann sein Anblick vollends Alltag wurde, weiß Björn Thiel nicht genau. Nach Charlie Hebdo? Den Anschlägen von Brüssel? Der Silvesternacht der Münchner Terrorwarnung?

Als er anfing – als junger Bundespolizist, am Flughafen, vor zwanzig Jahren –, da spürte er, wie ihn Blicke streiften, sobald er in schusssicherer Weste Streife lief, vor der Brust die Maschinenpistole. Heute nicht mehr. »Ist ein normaler Anblick geworden«, sagt er. »An Knotenpunkten gehört mittlerweile anscheinend ein Polizist mit Weste und MP dazu.«

Thiel ging mit 16 zur Polizei, gleich nach der Schule. Erst dachte er, Kampfmittelräumer, das wäre was. Er bewarb sich, Bundesgrenzschutz, mittlerer Dienst. Doch als er mit 18 an den Flughafen kam, seine erste Station, wusste er: Das ist es. Ein Flughafen, gerade ein großer, ist wie eine Stadt. Die Bundespolizei, wie der Bundesgrenzschutz heute heißt, stellt die Wächter dieser Stadt. In ihrer Mundart – einem Bastard aus Luftfahrtsjargon und Beamtensprech – reden sie von Abwehr von Gefahren für die Luftsicherheit. Im Alltag bedeutet das, sie machen alles, Objektschutz, Passkontrolle, Streifendienst. Und den Kummerkasten. Wenn Thiel mit seinem Streifenpartner ins Terminal 1 des Münchner Flughafens tritt, vergehen keine drei Minuten, dann kommen die ersten Fragen von Passagieren: Wo ist, wann fliegt, wie geht's nach?

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Intern witzeln sie manchmal, auf ihren Mützen, steht da irgendwo ein I für Information drauf? Aber Thiel antwortet gelassen auf jede Frage. Gehört dazu, findet er. Genau wie die Wachsamkeit, wie das Auge für alles. Das da hinten – ein NZG? So nennen sie herrenlose Koffer: ein »nicht zuzuordnender Gegenstand«. Kann große Gefahr bedeuten. Meistens ist es aber ein Missgeschick. In dieser Spannung arbeitet Thiel Schicht für Schicht, früh, spät, nachts. Er ist 38 inzwischen, ein Gruppenleiter, verantwortlich für ein gutes Dutzend Bundespolizisten.

Seinen jungen Kollegen erklärt er, diese Spannung, das Gespür, das entwickle sich erst, mit jedem Dienstjahr. Seine Vorgesetzten sagen: grenzpolizeiliche Erfahrung. Thiel sagt: »Ein Bauer erkennt seine Schweine am Gang.« Dieses Gespür begleitet ihn auch außerhalb des Dienstes. Selbst im Urlaub, an anderen Flughäfen, achtet er darauf: Wo sind Ausgänge, wo Fluchtwege, wo Polizisten? Und wenn er eine Streife sieht, mit Schutzweste und Maschinenpistole - gutes oder schlechtes Zeichen? »Überhaupt kein Zeichen«, sagt er. »Es gibt einfach Orte, die auf der Liste der zu schützenden Objekte weit oben stehen, wichtige Knotenpunkte wie Flughäfen, wie Bahnhöfe. Da findet man uns eben.«

Foto: Markus Burke