Frau Bozoyan, Frau Schmiedeberg, was hat Sie an dem Thema gereizt?
Bozoyan: Als Soziologinnen interessieren uns Mechanismen, die Familien durcheinanderbringen oder belasten können. Und Untreue gilt als ein gewichtiger Trennungsgrund.
Schmiedeberg: Durch den langen Befragungszeitraum konnten wir Entwicklungen verfolgen und nicht nur Momentaufnahmen beobachten, also auch untersuchen, was Seitensprünge mit Paaren machen. Was unsere Daten betrifft, sind wir weltweit führend.
Wie sind Sie bei Ihrer Studie vorgegangen?
Schmiedeberg: Wir verwenden Daten aus dem Beziehungs- und Familienpanel pairfam, einer großen sogenannten Panelstudie. Die zu Beginn ausgewählten Befragten bekommen einmal im Jahr Besuch von einem Interviewer oder einer Interviewerin, der oder die sie anhand eines am Computer vorgegebenen Frageprogramms zu vielen verschiedenen Themen befragt, etwa zur Berufstätigkeit, Aktivitäten mit Kindern oder dem Verhältnis zu ihren Eltern und Geschwistern. Dieses Interview dauert ungefähr eine Stunde. Für die intimen Fragen, eben etwa zur Untreue, übergibt der Interviewer den Laptop an die Befragungsperson. Sonst würden die Befragten wohl nicht so ehrlich antworten.
Bozoyan: Unsere zentrale Frage für diese Studie lautete: Sind Sie im vergangenen Jahr fremdgegangen? Da wir auch immer nach der Beziehungszufriedenheit fragen, konnten wir ablesen, wie das eine auf das andere wirkt. Verändert sich durch die Untreue die Beziehungsqualität? Wirkt die Beziehungszufriedenheit auf die Untreue? Wir wollten das unabhängig vom Bekanntwerden des Seitensprungs herausfinden, daher interessierte uns sozusagen nur die Täterseite. Es heißt ja landläufig, ein Seitensprung tue einer Beziehung unter Umständen sogar gut, weil man sich so das holt, was man in seiner eigenen Beziehung nicht bekommt. Das hat uns besonders interessiert.