Er könnte anderen Frauen auf die Figur schauen, ohne Ärger zu bekommen. Oder seiner eigenen Frau, aus ein paar Metern Entfernung, als sähe er sie zum allerersten Mal. Und denken: Die würde ich gern kennenlernen. Er könnte von den Verkäuferinnen etwas für sein eigenes Leben lernen. Wie vorbildlich sie es schaffen, einer Kundin zu sagen, dass sie vielleicht ein anderes Top in Erwägung ziehen sollte, eines, das besser fällt. So also spricht man unangenehme Wahrheiten aus, ohne verletzend zu werden.
Er könnte sich auch ein Tuch schnappen, wenn seine Frau es gerade nicht merkt, um es sich an der Kasse als Geschenk einpacken zu lassen. Für sie. Weil es so schön ist, mit ihr ein Paar zu sein. Macht er aber nicht. Sondern sitzt da wie ausgesetzt und langweilt sich. Warum dauert das so lange? Hat sie nicht gesagt, dass sie nur mal gucken will? Nur eine Hose braucht? Um dann in Begeisterung auszubrechen, weil sie genau solche Schuhe schon ewig gesucht hat. Wer sucht denn bitte ewig Schuhe? Jetzt wartet er. Während sie mit sieben Teilen (mehr durfte sie glücklicherweise nicht) in der Kabine ist.
An einem kostbaren Samstagnachmittag. Fischt sein Handy raus (Superhandy, er hat ewig gesucht) und macht die Angry Birds an. Bringt aber auch keinen Spaß. Weil es ja nur eine Ablenkung von der Demütigung ist, dass er warten muss. Er ist nun einmal nicht Warter, sondern Macher. Was sie weiß. Es könnte noch so gut werden an diesem kostbaren Samstagnachmittag. Er müsste bloß anders sein, als er ist. Sie fragen, ob sie vielleicht noch anderswo nach Hosen schauen will. Sie würde sich freuen wie schon lange nicht. Weil er so an ihrem Leben teilnimmt. Später können wir eine Kleinigkeit essen, könnte er sagen. Und dass sie ihm zu Hause unbedingt gleich vorführen muss, wie sie in ihren neuen Klamotten aussieht. Sicher toll. Könnte er alles tun. Er tut es aber nicht. Weil er ein Mann ist. Was für ein Depp.
Fotos: Christian Lesemann