Interessant: Noch vor en paar Jahren war Stings Bart weißgrau. Heute ist er braun. Liegt's an der gesunden Arbeit im eigenen Weinberg?
SZ-Magazin: Sie feiern gerade 25 Jahre Solokarriere. Angenehmer Effekt einer so langen Laufbahn: Da kommt ordentlich Geld in die Kasse.
Sting: Ich kann nicht klagen.
Ihr Vermögen soll um die 200 Millionen Euro betragen. Wie legen Sie das Geld an?
In Häusern. Wie die meisten Leute aus der Arbeiterklasse, die zu Geld kommen, misstraue ich Aktien und Anleihen und Fonds und all diesen Anlagen, die die Finanzindustrie anbietet. Also investiere ich mein Geld in etwas, was ich anfassen kann. In Steine.
Aber Sie setzen nicht auf Investorenprojekte, sondern kaufen Wohnhäuser, in denen Sie mit Ihrer Familie leben.
Ja, das erscheint mir sinnvoller. Leider habe ich nicht genug Zeit, alle Häuser regelmäßig zu besuchen. Momentan halte ich mich meistens in meiner Wohnung in New York auf. Seltener in Malibu oder in der Karibik.
Der Reihe nach: Wo stehen Ihre Häuser?
Mir gehören ein Landsitz in der Toskana, ein weiterer Landsitz westlich von London in Wiltshire, ein Apartment in New York, ein Stadthaus in London, ein Strandhaus in Malibu und eine Villa in der Dominikanischen Republik. Sechs Häuser – das reicht.
Und da kommen garantiert keine neuen mehr dazu?
Ach, die meisten habe ich seit mehr als zwanzig Jahren. Ich hänge an ihnen, ich bin kein Spekulant. Viele Häuser befinden sich an Orten, wo ich mich zum Arbeiten aufhalte: Los Angeles, New York, London. Ich verbringe genug Zeit in Hotels und bin glücklich über jeden Abend, den ich in einem Zuhause mit meinen Büchern und mit meiner Kunst und mit einem meiner Hunde verbringen kann. Dann fühle ich mich, als würde ich ein normales Leben führen.
Warum leben Sie die meiste Zeit in New York?
Mein jüngster Sohn geht da zur Schule, also wollen wir noch zwei Jahre unseren Lebensmittelpunkt in New York haben. Sobald er das Haus verlässt, werden meine Frau und ich in Ruhe überlegen, wo wir die nächste Zeit verbringen wollen.
Welche Eigenschaften muss eine Immobilie besitzen, damit Sting sich darin zu Hause fühlt?
Sie muss groß sein, ich habe gern Auslauf. Am besten muss sie aus verschiedenen Flügeln bestehen, die über lange Flure miteinander verbunden sind. Wir empfangen häufig Gäste, auch meine sechs Kinder kommen mit ihren Partnern zu Besuch. Ideal ist ein großer Garten, in dem ich mich aufhalten kann, ohne mich wie ein Prominenter benehmen zu müssen. Privatsphäre ist mir wichtig, und die kann ich nur haben, wenn ich sicher bin, dass kein Fotograf sein Objektiv auf mich richtet. Wenn ein Haus so ruhig ist wie ein Sanatorium, kann ich darin entspannen.
Außerdem brauchen Sie ein Schachbrett und ein Tonstudio, heißt es.
Ja, Schachbretter stehen überall herum, in der Toskana habe ich eines in den Boden der Terrasse einarbeiten lassen. Tonstudios haben nur die Toskana und Wiltshire.
Wie entdecken Sie Ihre Häuser? Beauftragen Sie Makler, oder suchen Sie selbst?
Jedes Haus hat seine eigene Geschichte: In Malibu suchte ein Makler, das ging schnell und unkompliziert. In der Toskana wollte ich etwas kaufen, seit ich dort 1990 das Album The Soul Cages aufgenommen hatte. Meine Frau Trudie und ich suchten jahrelang. Im Sommer 1997 wollten wir gerade abreisen, als wir von Il Palagio in der Nähe von Florenz hörten. Trudie wollte gar nicht mehr hin, sie war müde, aber ich habe sie überredet. Die Familie, die dort seit Jahrhunderten ansässig war, wollte verkaufen. Wir konnten kaum glauben, wie schön es dort ist.
Die meisten Leute sind mit einer Immobilie ausgelastet. Ständig geht was kaputt. Wie halten Sie es mit sechs Häusern aus?
Meine Angestellten erledigen alles. Jedes Haus hat Gärtner, Techniker, Putzfrauen. Das ist nicht billig, aber natürlich geht es nicht anders. Ich helfe auf diese Weise der Wirtschaft.
»Gegen schlechte Kritiken bin ich immun, ich habe zu viele davon gelesen«
Arbeitet in jedem Haus ein Koch?
Nein, unser Koch Joe Sponzo reist immer mit uns. Seit 1992.
Wie viele Leute arbeiten denn insgesamt für Sie?
Die genaue Zahl kenne ich nicht. Ich gebe eine Menge Geld dafür aus, meine Häuser in Schuss zu halten. Aber ich bin der Ansicht, dass Geld dafür da ist, ausgegeben zu werden. Einen anderen Zweck hat es nicht. Ich sehe keinen Sinn darin, Geld zu horten.
Es kommt ja ständig neues Geld rein. Allein mit den Tantiemen für den Song Message In A Bottle sollen Sie täglich tausend Dollar einnehmen.
Auch diese Zahlen kenne ich nicht genau.
Wie viele Anrufe kriegen Sie pro Woche, bei denen es um Probleme in Ihren Häusern geht?
So gut wie keine.
Wenn in der Toskana die Heizung im Pool ausfällt oder in der Dominikanischen Republik ein Sturm die Ziegel vom Dach bläst, bekommen Sie davon nichts mit?
In allen Häusern habe ich Leute, die exzellente Arbeit machen. Ich behandle meine Angestellten gut, und deswegen möchten sie ihre Jobs behalten.
Kommen Sie überall gut mit den Nachbarn aus?
In Großstädten muss man sich weniger darum sorgen, aber in einem kleinen Dorf in der Toskana ist es entscheidend, ein gutes Verhältnis zu den Menschen im Ort zu pflegen. Wir laden mehrmals im Jahr zu großen Festen ein, wo Freunde von mir auftreten und das ganze Dorf in den Genuss eines Privatkonzerts kommt.
Madonna schaut angeblich ab und zu zum Yoga vorbei.
Sagen wir so: Meine Frau betreibt eine Yoga-Schule auf dem Anwesen.
Nach welcher Philosophie geht der Innenarchitekt Sting vor, wenn er ein Haus einrichtet?
Ich halte mich zurück und orientiere mich an dem, was schon da ist. Ich mag es einfach und durchdacht, jedes Haus soll seinen Charakter behalten. Malibu ist natürlich moderner eingerichtet als das Lake House in Wiltshire, das im elisabethanischen Stil erbaut ist und auf der Liste der wertvollsten Baudenkmäler Englands steht. Das Haus in Italien, in Figline Valdarno, ist ein Bauernhof, dessen Fundament aus dem 16. Jahrhundert stammt. Die Familie, der das Haus einst gehörte, kümmert sich jetzt immer noch darum, in meinem Auftrag. Die Leute sind so verwurzelt mit dem Hof, dass sie ihn behandeln, als gehöre er ihnen.
Zu den Anwesen in Wiltshire und Italien gehören auch Ländereien.
In der Toskana bewirtschaften wir etwa 370 Hektar. Wir bauen unseren eigenen Wein an und züchten Tiere. Wir produzieren Fleisch und Käse, Honig, Gemüse und Oliven.
Können Sie Wein keltern?
Ich habe Experten auf dem Hof, von denen ich schon viel lernen durfte. Wir schlagen uns sehr gut. 2007 haben wir unseren ersten Jahrgang produziert, Sister Moon, fünfzig Prozent Sangiovese, verschnitten mit je einem Viertel Merlot und Cabernet. Im vergangenen Jahr bekamen wir dafür vom amerikanischen Magazin Wine Spectator 96 Punkte, vom Wine Advocate 92. Das ist, als hättest du im Zeugnis nur Einser. Der andere Wein ist ein sortenreiner Sangiovese. Bisschen einfacher, aber auch lecker.
Sister Moon, Sie benennen Ihre Weine nach Ihren eigenen Liedern – ganz schön eitel, oder?
Ach was. In diesem Fall hat der Name eine andere Bedeutung. Wir bauen biodynamisch an, nach den Regeln Rudolf Steiners. Klingt wie Voodoo, funktioniert aber. Wir haben das Land 1997 gekauft und zehn Jahre lang den Mutterboden gereinigt, wir haben Kuhhörner vergraben und orientieren uns an den Mondphasen. Jede Traube bekommt die perfekte Menge Sonne, Wind und Wasser, dann pflücken wir sie quasi einzeln per Hand. Das ist nicht billig, lohnt sich aber.
Vor einigen Jahren haben Sie Journalisten in Ihre Villa in Highgate eingeladen, denen befrackte Diener Tee servierten. Das brachte Ihnen jede Menge Häme ein.
Gegen schlechte Kritiken bin ich immun, ich habe zu viele davon gelesen. Ich entdecke aber auch ab und zu positive Meinungen über mich.
Ihre Frau Trudie tritt als Aktivistin gegen die Ölindustrie an, Sie sind ein großer Kämpfer für den Regenwald. Passt Ihr Lebensstil zu diesen Hobbys?
Wir kaufen alte Häuser und pflegen sie, wir kaufen Land, um die Qualität der Erde zu verbessern, und alles, was wir mit dem Boden tun, steht im Einklang mit der Natur. Mir egal, falls jemand was dagegen hat.
Foto: ddp