Spaghetti All' Amigo

Vor wenigen Tagen ist der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber vom Landgericht Augsburg zu acht Jahren Haft verurteilt wurde. Im Jahr 2001 sah seine Lage noch rosiger aus: Damals schrieb er im kanadischen Exil fürs SZ-Magazin einen Artikel über eine selbst entwickelte Nudelkochmaschine. Aus Anlaß von Schreibers Verurteilung dokumentieren wir diesen historischen Text – auch wegen der vielen Anschuldigungen und nicht eingetreten Prophezeiungen, die er enthält.

Entweder du bist ein Genie oder ein Idiot", hat mir Strauß einmal gesagt. Und hinzugefügt: "Denk dir nichts, beides liegt immer ganz nah beisammen." Einige Leute glauben ja, ich hätte nichts mehr auf der Pfanne. Mein Gott, der Schreiber, erst kippt er in den sechziger Jahren gemeinsam mit den Gewerkschaften die Preisbindung, dann verkauft er den Airbus und die Panzer, dann die Geschichte mit den Spenden, von der er verspricht, dass sie lange nicht zu Ende ist, und nun macht der auch noch mit Nudeln rum - der muss komplett verrückt geworden sein. Aber ein Idiot bin ich mitnichten. Die Amigos Schäuble und Stoiber bitte ich höflichst darum, mein Buch abzuwarten, bevor sie wähnen, über den Berg zu sein. Es wird pünktlich zur nächsten Bundestagswahl erscheinen. Und die Nudeln werden das größte Geschäft meines Lebens. Wahrscheinlich, weil ich es allein durchziehen kann und ausnahmsweise mal nicht auf die Hilfe von Politikern angewiesen bin.

Dass meine Spaghetti-Kochmaschine bei den Leuten so gut ankommt, bereitet mir einen Riesenspaß. Zehn Jahre hat es gedauert, bis wir die technischen Probleme in den Griff bekommen haben. Wenn Sie jede einzelne Portion Spaghetti in siebzig Sekunden frisch - und selbstverständlich al dente - mit Heißdampf und Hochdruck kochen, fallen natürlich jede Menge Kalk und vor allem Stärke an, weswegen die Maschine anfangs immer verklebte. Jetzt läuft sie in Kanada schon in neun Läden, vier in Calgary, fünf hier in Toronto. Bis heute haben wir - toi, toi, toi - keine einzige Reklamation bekommen. Die Maschine ist der Hit. Unsere Pasta ein warmer Snack auf höchster Gourmetebene, schnell zubereitet. Reto and the machine, wie unsere Läden nach dem Schweizer Spitzenkoch Reto Mathis und eben meiner Maschine heißen, wird im nächsten Jahr den Fastfood-Bereich revolutionieren. So viel kann ich Ihnen versprechen: Wir stehen mit äußerst potenten Partnern in Verhandlung. In Asien, Europa, den USA und Mittelamerika. Das Ziel ist, das "Starbucks of food" zu werden.

Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass mich Pasta einmal so faszinieren könnte. Ich komme schließlich aus Niedersachsen und bin eher ein Kartoffeltyp. Meine Frau mochte Spaghetti schon immer. Pasta könnte sie jeden Tag essen. Ich bin in den letzten Jahren auch richtig auf den Geschmack gekommen. Unsere Spaghetti (hundert Prozent Hartweizen, teils aus Kanada, teils aus Italien) werden in Neapel produziert, die neun verschiedenen Saucen in Liechtenstein (ohne Konservierungsmittel), kreiert wurden sie alle von Spitzen-köchen. Meine Favoriten: Champignons de la Forêt und Yin & Yang, süßsauer mit etwas Honig und Ingwer, die hat ein Küchenchef vom "Oriental" in Bangkok für uns entwickelt. Mir schwebt vor, in Kürze auch Huhn, Lamm und Rind ins Sortiment aufzunehmen, was insbesondere zu asiatischen Saucen hervorragend passt. Und ich träume von einer Steinpilzsauce. Ein paar Pfifferlinge dazu, ein bisschen Petersilie und Zwiebel, in Butter geschwenkt - diese Geschmackskombination ist etwas Großes, was Schöneres kann es gar nicht geben.

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Ein leidenschaftlicher Koch war ich ja immer schon. Daheim im bayerischen Kaufering habe ich Freunde - auf Spanisch Amigos - aus aller Welt bekocht. Strauß war übrigens ein großer Pasta-Fan. In jenen Zeiten hat Herr Stoiber mit mir nicht nur Pasta gegessen, sondern so manches Würstl und auch Hummer von Eduard Zwick. Heute würde Herr Stoiber mich am liebsten gar nicht mehr kennen. Darum bringe ich mich bei ihm ab und zu per Fax mit Cartoons von uns beiden in Erinnerung. So hat jeder seinen Spaß.

Warum ich jetzt also ausgerechnet vom Spaghettigeschäft so überzeugt bin? Pasta ist preiswert und neben Kaffee und Speiseeis das profitable Spitzenprodukt in der Gastronomie. Bei uns kostet eine Portion etwa sieben Mark - meinen Verhandlungspartnern und Kunden verspreche ich tausend Dollar, wenn sie in der Preisklasse irgendwo etwas mit vergleichbarer Qualität und Zubereitungszeit finden. Pasta ist nahrhaft, sogar die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt sie. Pasta kann allerdings auch, stellen Sie sich vor, schlank machen: Stichwort Nudeldiät. Pasta gehört schon seit alt- testamentarischen Zeiten zur Kultur - die ersten Funde stammen aus der Zeit um 4000 vor Christus. Pasta ist einfach zuzubereiten, und sei es nur in der Ustinov-Variante: 500 Gramm Spaghetti mit 150 Gramm Butter. Und Pasta ist gesund, das hat eine große Studie des Großhaderner Klinikums bestätigt, nach der vor allem drei Dinge gegen Herzinfarkt vorbeugen: Pasta, Rotwein und Sex.

Länger leben mit der Toskana-Diät - ich habe in meinem Leben noch nie jemanden getroffen, der mit so einem Fitnessprogramm nicht einverstanden gewesen wäre. Wenn man bedenkt, dass die USA jedes Jahr an die 400000 Junkfood-Tote zu beklagen haben, ist die Spa- ghetti-Kochmaschine sogar eine richtig gute Tat. Sie werden sehen, in kürzester Zeit wird meine Maschine nicht mehr wegzudenken sein. Ganz zu schweigen davon, dass meine Frau ohnehin einen großen Teil der Erlöse für ihr Kinderhilfswerk spenden will. Soll mir recht sein. Lieber mache ich meine Bärbel glücklich als irgendein Finanzamt.

Erschienen im SZ-Magazin vom 7. Dezember 2001.

Foto: AP