In Wimbledon vor ein paar Tagen sah Roger Federer ausnahmsweise ganz zufrieden aus. Sonst schaut er bei Siegerehrungen meist verkniffen. Gar nicht mal erschöpft von der sportlichen Leistung – eher gequält. Sieht so jemand aus, der sich freut? Nein. Dieses Gesicht machen Menschen, die am Geburtstag ein Geschenk auspacken, das sie leider scheußlich finden. Hm, echt nett, äh, also danke …
Der arme Mann muss seit Jahren so unglaubliche Designkatastrophen in die Kamera halten, dass man ihn durchaus verstehen könnte, wenn er Spiele absichtlich verlieren würde. Wer freut sich schon über einen Pokal, der aussieht wie eine Familienurne? Wie soll einer Dankbarkeit vortäuschen, während er eine Art blaues Goldfischglas in die Kamera hält? Wer vollführt Luftsprünge, wenn er etwas in die Höhe stemmen muss, was an versteinerte Türdichtungen erinnert? Man könnte meinen, die Gestaltung der Pokale sei als Dämpfer für den Kämpfer gedacht. Als so etwas wie eine mönchische Warnung an den Sportler im Siegestaumel: Mensch, bedenke, dass du sterblich bist.
Wenn es um Geschenke geht, ahnen manche, dass sie den Geschmack des Jubilars vielleicht nicht ganz treffen, und legen diskret die Rechnung dazu, für den Umtausch. Auf vielen Siegerfotos erweckt Roger Federer den Anschein, als wäre ihm ein Kassenbon sehr recht gewesen. Aber hilft ja nichts, er muss die Trophäen alle mit nach Hause nehmen. Es würde einen undankbaren Eindruck machen, wenn die Turnierleitung anderntags in der Umkleidekabine einen Pokal fände, notdürftig verdeckt von einem verschwitzten Handtuch.
Und was macht Federer zu Hause mit den Problemkübeln? Gibt er sie seinen Kindern zum Spielen? Verwendet er sie als Buchstützen? Türstopper? Fressnäpfe für Haustiere? Möglicherweise beschäftigt er längst einen eigenen Tennishistoriker, der die unzähligen Trophäen für ihn kategorisiert und archiviert:
Vitrine 1 – Varianten von Suppenterrinen.
Vitrine 2 – Vasenartiges.
Vitrine 3 – Bergwerkfundstücke.
Vitrine 4 – Dolche und Nahkampfwaffen.
Vitrine 5 – Rätselhaftes.
Ob Federer sich die Urnen, Töpfe und Scheußlichkeiten je wieder ansieht, wer weiß das schon. Er macht kein Aufhebens darum. Das Gehalt des Archivars könnte er auf jeden Fall verschmerzen: Laut aktueller Zählung hat er in den vergangenen 16 Jahren 93 Titel gewonnen und dafür insgesamt 107 Millionen Dollar Preisgeld kassiert.
Fotos: dpa (14), Getty Images (3)