Schuld wäre mal wieder der iPod. Er hat nicht nur eine Welle weißer Möbel und Küchengeräte ausgelöst. Auch die Farbdesigner der Autobranche haben nun beschlossen: Weiß ist das neue Silber. Glaubt man ihnen, soll Weiß innerhalb der nächsten fünf Jahre die grau glänzende Übermacht auf den Straßen aufmischen. Damit würde eine mehr als 15 Jahre andauernde Ära zu Ende gehen, die nach dem Ende des Kalten Krieges begann: Damals freuten sich die Menschen noch auf die Zukunft, über Technik, Maschinen, Computer – und die passende Farbe für diese Stimmung war Silber. Jetzt haben die meisten genug vom Technikwahn und auch die Autobauer fragen sich, wofür Silber eigentlich noch steht. Zwar assoziieren viele Menschen auch heute noch Fortschritt mit dieser Farbe, sehnen sich aber nach mehr Einfachheit: nach einem weißen Auto zum Beispiel.
Dazu werden aber auch andere Farben wie Rot, Gelb und Braun das Straßenbild in den nächsten Jahren verändern. Durch einen Braunton könnte die – zu Recht eigentlich schon verabschiedete – Lounge jetzt auch ins eigene Auto einziehen, wenn man schon so viel Zeit darin verbringt, meint Michaela Finkenzeller, Designerin des Lackentwicklers BASF Coatings. Gegen die Lethargie der Lounge werden andere ein knalliges Gelb oder Rot setzen, Farben, die früher eher Sportwagen vorbehalten waren und heute vom Selbstbewusstsein der Fahrer zeugen sollen. Durchsetzen wird sich aber zumindest Rot auf Dauer nicht, zum Glück: Denn rote Autos kaufen Menschen hauptsächlich in wirtschaftlich schwachen Zeiten – warum, weiß keiner so genau. Autofahrer, die darauf achten, dass sich ihr Wagen gut wiederverkaufen lässt, wählen weiterhin eine der meistverlangten Farben: Silber, Schwarz, Blau. Sobald aber vermehrt weiße Autos bestellt werden, deuten das die Hersteller als Zeichen eines Wirtschaftsaufschwungs: In properen Zeiten machen sich Menschen weniger Gedanken, ob sich das teure Ding später wieder gut verkaufen lässt. Wer trotzdem lieber bei den klassischen Farben bleiben will, kann sein Auto zukünftig durch den »Flop«-Effekt aufpeppen: Dadurch schimmert eine Farbe gleich in mehreren Nuancen. Angestoßen durch die Entwicklung der Hybridautos, die sowohl mit Benzinmotoren als auch mit alternativen Energien gefahren werden, entwickelten Autodesigner passend dazu neue Farbkreationen, die aus verschiedenen Lackschichten bestehen. »Saharasilber« etwa schimmert aus bestimmten Blickwinkeln in Gold und Rot, das zukunftsträchtige Weiß kann durch den »Flop«-Effekt blau und rosa schillern.
Schade nur, dass der neue Weißtrend sich noch nicht überall herumgesprochen hat. Stilbewusste Polizisten müssen in Zukunft – antizyklisch zum Rest des Landes – in altem Lack herumfahren: Gerade wird ihr kompletter Fuhrpark umgestellt. Von Weiß auf Silber.
Bild oben: »Cool Blue« heißt das schönste Blau der Stunde, eine Mischung aus Silber und Blau – jedes fünfte Minicabrio fährt schon damit herum. Anstelle von schnödem Schwarz wählen stilbewusste Autofahrer heute »Sparkling Graphite Metallic«, einen schimmernden Ton aus Schwarz, Anthrazit und Silber – der Renner bei BMW.
Früher reserviert für die Sportwagen der Reichen, heute Beweis eines neuen Selbstbewusstseins des Volkes: Bald gibt es sogar einen VW Golf in »Yellow Speed«-Lackierung.
Weltweit out: Grün. Nur die Engländer hängen noch an ihrem traditionellen »Racing Green«, das sich besonders gut beim Jaguar macht. Dagegen werden Rottöne wie »Rimini Red Metallic« von Land Rover besonders oft in Zeiten schwacher Wirtschaftskraft verlangt – jetzt also.
Der letzte Schrei: Farben mit »Flop«-Effekt. Durch das Auftragen mehrerer halbtransparenter Lackschichten verändern sich diese Farben je nach Blickwinkel und Lichteinfall. »Azzurro Nuvola« von Alfa Romeo zum Beispiel schimmert von Hellbau über Rosa zu Perlmutt.
Glaubt man Autodesignern, ist Weiß das neue Silbergrau und wird zukünftig tausende Neuwagen zieren – in Abstufungen von »Arktikweiß« bis zu Cremetönen mit Perlmutt. Schuld daran ist mal wieder der iPod. Wer den Mut hat, sein Auto in knalligem Rot wie dem »Brillantrot« von Audi lackieren zu lassen, wird belohnt: Statistisch gesehen ist dies die am wenigsten in Unfälle verwickelte Farbe.