Das Comeback

Der Stadtteil Hollywood war zuletzt bloß noch eine dreckige Ecke von Los Angeles. Doch jetzt kehren Stars und Bars zurück. Über einen Neuanfang, so überraschend wie Rocky, Teil 6.

West- und Ostküste sind einer Meinung: »Hollywood Is Back!«, verkündet das L.A. Magazine. »Hollywood: Less Shabby, More Chic«, schreibt die New York Times Ende Januar. Sicher, die Geschichte vom Comeback Hollywoods wird seit 30 Jahren immer wieder geschrieben. Diesmal findet in dem Stadtteil von Los Angeles eine umfassende Schönheitsoperation statt: Auf einer Fläche von 45 Quadratkilometern mit knapp 200000 Einwohnern renovieren Immobilienfirmen ganze Straßenzüge in Hollywood. Geschäftsleute scheuen sich nicht mehr, Hunderte Millionen Dollar in das an vielen Ecken schmutzige, an manchen Enden gefährliche Viertel zu investieren. Und nachts torkeln Filmstars im Blitzlicht der Paparazzi aus immer neuen Nightclubs und Bars. Hollywood ist wieder da. Nicht mehr schäbig, sondern schick.

Wer Hollywood aus der Gosse gezogen hat? Erklärungsversuche gibt es viele: Das Nachtleben hat Hollywood gerettet. Die Oscar-Verleihung hat Hollywood gerettet. Der Bau der U-Bahn hat Hollywood gerettet. Manche behaupten sogar, das viele Geld von Scientology wäre der Grund. Das L.A. Magazine findet, der Investor David Malmuth und die Stadträtin Jackie Goldberg hätten Hollywood auf die Beine geholfen, die New York Times schreibt das auch. In seinen schlechten Tagen erlebte Hollywood 52 Morde in einem einzigen Jahr (1992). Straßengangs, jugendliche Obdachlose und Drogendealer ließen die Verbrechensrate stärker als in jedem anderen Stadtteil steigen. Über allem stand der 15 Meter hohe und 137 Meter lange weiße Schriftzug »H-O-L-L-Y-W-O-O-D«, das Wahrzeichen in den Hügeln über der Stadt. Ein von Weitem sichtbares Versprechen von Glamour und Ruhm. Was Hollywood den Touristen unten im Tal tatsächlich zu bieten hatte, war ernüchternd: Erfolglose Jungschauspieler als Superman-, oder Marylin-Monroe-Doppelgänger, verschmutzte Sterne auf dem Walk of Fame, Souvenirläden und zu viele Tattoostudios. Die Filmindustrie drehte bis auf Paramount nicht mehr in Hollywood, die Promis lebten in Beverly Hills, hinter hohen Mauern. Wie im Film war eigentlich nur der Straßenstrich auf dem Hollywood Boulevard, aber Prostitution sah bei Julia Roberts in Pretty Woman fröhlicher aus.

Bei Einbruch der Dämmerung machte man sich als Tourist besser auf den Heimweg. Etwas musste sich ändern in Hollywood. Mitte der Neunzigerjahre überredet die resolute Lokalpolitikerin Jackie Goldberg mit viel Mühe 40 Geschäftsinhaber dazu, insgesamt 600000 Dollar für Kriminalitätsbekämpfung und Straßenreinigung zu spenden. In drei Monaten sank die Verbrechensrate um mehr als 50 Prozent.

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Hollywoods Potenzial – schillernde Vergangenheit, weltbekannter Name, zentrale Lage im Moloch Los Angeles – erkannte auch der Geschäftsmann David Malmuth. In New York hatte Malmuth 1995 die Renovierung des New Amsterdam Theater koordiniert und damit den Times Square wiederbelebt. In Hollywood legte Malmuth den Grundstein für »The Hollywood and Highland«, eine überdimensionale Shopping Mall für rund 600 Millionen Dollar. Mit viel Überzeugungskunst gelang es zudem, die Oscar-Verleihung in das eigens mit Zuschüssen der Stadt gebaute Kodak Theatre nach Hollywood zurückzu-holen. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences unterschrieb schließlich einen Vertrag für 20 Jahre.

Im Jahr 2007 muss Hollywood niemanden mehr überreden – der örtlichen Handelskammer liegt eine lange Liste von Investoren und Bauvorhaben vor: Für 500 Millionen Dollar entsteht bis 2009 ein nobler Hotelkomplex, ein 200 Millionen teures Filmmuseum wird gebaut, ein riesiges Fitnessstudio soll demnächst aufmachen, ebenso ein Bürokomplex für 130 Millionen Dollar. Das Los Angeles City College wird für 180 Millionen ausgebaut, eine neue Highschool für 100 Millionen ist genehmigt, ein Krankenhaus am Sunset Boulevard wird für 450 Millionen Dollar renoviert. Im Sommer eröffnet H&M eine große Filiale in Hollywood, ein Virgin Megastore und andere bekannte Firmen wie Gap haben hier bereits Läden.

Auch Bar- und Clubbesitzer brachten Hollywood wieder ins Gespräch. Sie fanden hier billige Mieten, Lizenzen für Alkoholausschank waren vergleichsweise problemlos zu bekommen. Der Reiz des Verruchten machte das Viertel ohnehin spannender als viele andere Stadtteile. Der Partypromoter Brent Bolthouse und sein Geschäftsfreund Sam Nazarian, Sohn eines Milliardärs, eröffnen immer neue, durchgestylte Nachtclubs, Bars und Restaurants.

Die Jungen und die Kreativen folgen ihnen nach Hollywood, so auch die deutsche Jungschauspielerin Julia Dietze, die seit November hier wohnt. »Ich habe in der ›Skybar‹ den Schauspieler Colin Farrell kennengelernt, aber ich kam dort nur rein, weil mein Agent mich auf die Gästeliste geschrieben hat«, erzählt sie. Wer es an den Türstehern vorbeischafft, trifft in Clubs wie dem »Social Hollywood«, dem »Les Deux«, »Area« oder der »Hyde Lounge« auf Justin Timberlake, Lindsay Lohan oder die unvermeidliche Paris Hilton.

»Hollywood, das Viertel an sich, lässt immer noch an vielen Orten zu wünschen übrig, aber hier tut sich etwas«, sagt die Deutsche Frances Schoenberger, die seit über dreißig Jahren als Journalistin in Hollywood lebt, die Leonardo DiCaprio und Arnold Schwarzenegger zu ihren Freunden zählt und zur Jury für den Golden Globe gehörte.

Dass sie vor Jahren ein Haus in den Hollywood Hills nahe des Mulholland Drive gekauft hat, war für Frances Schoenberger wertvoller als jedes exklusive Starinterview. »Das Grundstück ist inzischen sehr im Preis gestiegen, es ist meine Altersabsicherung.« Schoenberger hat ihr Haus teuer vermietet. Sie wohnt jetzt im Gästehaus.

CLUBS
Area, 643 North La Cienega Boulevard, Tel. 001/310/ 652-2012; Element, 1642 North Las Palmas Avenue, Tel. 323/460-4632; Hyde Lounge, 8029 West Sunset Boulevard, Tel. 323/656-4933; Lax, 1714 Las Palmas Avenue, Tel. 323/464-0171; Privilege, 8117 Sunset Boulevard, Tel. 323/ 654-0030.

BARS Tropicana Bar, 7000 Hollywood Boulevard, Tel. 323/466-7000; Skybar, 8440 Sunset Boulevard, Tel. 323/848-6025.

RESTAURANTS Social Hollywood, 6525 Sunset Boulevard, Tel. 323/462-5222; Bridge, 755 North La Cienega Boulevard, Tel. 310/ 659-3535; Koi, 730 North La Cienega Boulevard, Tel. 310/659-9449; Republic, 650 North La Cienega Boulevard, Tel. 310/360-7070.

HOTELS The Roosevelt, 7000 Hollywood Boulevard, Tel. 323/ 466-7000; The Standard Hollywood, 8300 Sunset Boulevard, 323/650-9090; Chateau Marmont, 8221 West Sunset Boulevard, Tel. 323/656-1010.