Wer flüstert, der lügt, hieß es früher. Aber geflüstert wird ja nicht mehr viel. Wer heute etwas ausschließlich an einen bestimmten Kreis übermitteln will, schickt eine geräuschlose Whatsapp-Nachricht oder, nach inzwischen alter Väter Sitte, eine Mail. Ein Klick auf den »Weiterleiten«- oder »Teilen«-Button, und der Inhalt kommt sofort an, und zwar so, wie er versendet wurde, ganz unverfälscht. Über das Internet verbreiten wir so viele Nachrichten wie noch nie, wir forwarden auf Facebook, wir regramen auf Instagram. Das ist schnell und praktisch – und einerseits gut, die »Stille Post« richtet mit Getratsche über angebliche Affären ja auch schon mal größeren Schaden an.
Andererseits teilen wir, ohne selbst etwas mitzuteilen. Der Inhalt ist Kopie, ein »FW: FW: FW: FW: FW:« entbehrt jeder persönlichen Note. Und haben wir überhaupt selbst richtig aufgenommen, was wir da weiterverbreiten, um mal wieder was zu melden zu haben? Mag sein, dass bei der mündlichen Überlieferung um mehrere Ecken häufig etwas auf der Strecke bleibt. Mal aus Versehen, weil man die Hälfte schon wieder vergessen hat. Mal absichtlich, weil man das Ganze lieber ein bisschen ausschmückt. Aber immer, weil jeder Erzähler dem Weitererzählten seinen Stempel aufdrückt. Und genau deshalb waren das oft die besten, lustigsten oder absurdesten Geschichten. Solche, die man gleich weitererzählen will.
Foto-Assistenz: Sarah Dörfel; Stylingassistenz: Julia Obermayr; Haare & Make-up: Arzu Kücük/Phoenix mit Produkten von M.A.C. Cosmetics; Models: Lara Bender/Mega Model Agency, Nicola Florence/Model Management, Alexander/M4 Models.
Text: Silke Wichert, Fotos: Markus Burke, Styling: Caroline Bucholtz