Meer als genug

Nein, kein Gerede jetzt von "Flaute" oder "Stürmischen Zeiten" - an dieser Stelle reicht ein schlichter Rat: Genießen Sie einfach mal die Seeluft. Unsere Orientierungshilfe: sieben wunderbare Leuchttürme.

    Cape-Florida-Leuchtturm, USA
    Sturmerprobt und kriegsversehrt

    Rob, der Ranger, konnte sich nie vom Meer trennen. Nicht nach 30 Jahren bei der Navy, wo er Kampfschwimmer und Einheiten für Schnellboote trainierte. Rob, der Ranger, heißt eigentlich Robert Stoney, 54, ein Hochhaus von einem Mann, der nach Einsätzen im Libanon und im Golfkrieg in Rente ging. Seitdem bewacht er das Cape Florida Lighthouse auf dem südlichsten Zipfel Key Biscay-nes. »Ohne Meer leben? Niemals!«, sagt er mit einem Lächeln, das einen sofort vom Einsatz eines hochwertigen Zahnbleichmittels überzeugt. Schon die Fahrt vom aufgeregten Miami Beach auf die gemütliche Insel Key Biscayne ist bezaubernd: Am Ende des Keys sticht der möwenweiß angemalte Leuchtturm wie ein Ausrufezeichen in den Himmel. Mit fast 200 Jahren ist er das älteste Gebäude Miamis, weswegen ihn die Menschen mit einer Hingabe verhätscheln, wie sie in Europa nur Schlössern zuteil wird: Aufwendig renoviert steht er in einem Park, drum herum Barbecueplätze, einer der schönsten Strände der USA und ein Ausflugsrestaurant, vor dem eine dicke Mexikanerin schreiend hinter ihrem Jack-Russell-Terrier herläuft, der einen Waschbären verfolgt, der wiederum das Sandwich der Mexikanerin geklaut hat.

    Doch die wenigsten Besucher ahnen, auf was für geschichtsgetränktem Grund sie hier ihre Handtücher auslegen. Das erfährt man erst, wenn Rob erzählt: von entlaufenen Sklaven, die sich hier trafen, um ein Schiff in die Freiheit zu erwischen; oder von Piraten, die sich im »No Name Harbour« versteckten, ein Ort, den es heute noch gibt; und von gefährlichen Riffen, die so vieler Schiffe Untergang bedeuteten, dass sich heute Schatzsucher drängeln und man damals, 1825, den Leuchtturm baute.

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    Diesem Turm aber stand ein schreckliches Schicksal bevor: 1836 griffen die Ureinwohner der Gegend, Seminolen, ein Indianervolk, die Leuchtturmwärter an, Thompson und Carter hießen sie. Sie flüchteten auf die Turmspitze. Die Seminolen legten Feuer, und Tonnen voll Lampenöl entzündeten sich wie Ölquellen im Irak. Carter starb, Thompson überlebte. Nach vielen Stunden warf er, erschöpft und bereit zu sterben, ein Fass Schießpulver den Turm hinunter, um alles in die Luft zu sprengen – doch der Turm blieb stehen. Den Knall aber hörte die Besatzung eines Navy-Schoners, die Thompson nach zwei Tagen rettete. Später, 1861, wurde der Turm auch noch im Bürgerkrieg beschädigt, 1992 vom Hurrikan Andrew zerlegt.

    Als hätten die Wolken all diese Geschichten von Tod und Feuer und Sabotage mitgehört, bauschen sie sich monströs auf, und Möwen kreischen stimmungsvoll dazu. Den Kopf voll mit Bildern von brennenden Türmen, versunkenen Schiffen, namenlosen Piraten, Killerstürmen und Sandwichs klauenden Waschbären fährt man zurück und denkt sich: Gott, was für ein Tag hier, in diesem aufregenden Key Biscayne! Dagegen ist es in Miami Beach ja richtig gemütlich.

    Übernachten
    Im legendären, soeben renovierten 50er-Jahre-Hotel »Fontaine-bleau«, 4441 Collins Ave, Miami Beach, www.fontainebleau.com, Tel. 001/ 305/5382000, DZ ab 227 Euro.
    Essen Pilzragout mit Kartoffelbrei im »Scarpetta« im Fountainebleau-Hotel.Unbedingt eine Tour mit Rob machen, Mittwoch bis Sonntag 10 und 13 Uhr.
    Anreise Von Miami Beach mit dem Auto 20 Minuten nach Key Biscayne.

    (Text und Foto: Kerstin Greiner)

    Cape-Florida-Leuchtturm, USA: Sturmerprobt und kriegsversehrt
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    Hörnum-Leuchtturm, Sylt:Hohes Standesamt
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