Warum zeichnest du – und wann?
Ich zeichne immer! Zeichnen ist für mich eine natürliche Art und Weise, mich auszudrücken, eine visuelle Sprache, mit der ich mich wohl fühle. Irgendwie mache ich visuell weitaus weniger Fehler, als wenn ich versuche, etwas mit Worten auszudrücken.
Wie wichtig ist Social Media für dich und deine Arbeit?
Sehr wichtig. Es ist eine sehr demokratische Art, zu kommunizieren, zu teilen und sich untereinander auszutauschen. Für einen Illustrator ist das fantastisch! Wie eine eigene Galerie, für jeden jederzeit zugänglich.
Hat sich für dich etwas verändert, seit deine Zeichnung zu den Anschlägen in Paris so häufig geteilt wurde?
Ja. Ich werde öfter zu Dingen befragt. Aber ich hatte davor viel zu tun, und ich habe jetzt viel zu tun. Ich hatte das Glück, mich öffentlich äußern zu können zu dieser Zeichnung, klarzustellen, dass es beispielsweise eine sehr persönliche Reaktion auf die Anschläge war und ich davon nicht profitieren wollte. Das kam auch offenbar so rüber – und jetzt mache ich einfach so weiter wie bisher.
Zeichnest du in deinen Träumen?
Nein. Ich erinnere mich nie an meine Träume, was sehr schade ist, weil ich glaube, dass Träume eine fantastische Inspirationsquelle wären. Also zeichne ich die Realität – das macht auch Spaß.
Was wolltest du ursprünglich mal werden?
„Médecin charcutier". Danach wollte ich Animationsfilme machen.
Und was wärst du jetzt gerne?
Was ich jetzt bin – nur besser.
Gibt es etwas, was du unbedingt noch erreichen willst?
Ja, vieles. Ich habe mehr im Kopf, als ich jemals erreichen kann. Ich will Skulpturen machen, Architekt sein, öffentliche Kunst machen, Filme und so, so viel mehr. Ich sehe meine Arbeit eher darin, Ideen zu kommunizieren als zu zeichnen. Und diese Ideen können jede Form annehmen. Zeichnen war bisher einfach der Hauptkanal, weil ich das am besten kann. Aber ich mag Herausforderungen und will unbedingt noch mehr mit verschiedenen Medien und Projekten experimentieren.
Reagierst du in deinen Zeichnungen oft auf öffentliche Ereignisse?
Das passiert schon, ja. Das ist aber keine Regel oder etwas, was ich mir vornehme. Wenn jemand stirbt, den ich mochte, will ich demjenigen gern auch visuell Tribut zollen. Oder wenn mich etwas beschäftigt – dann will ich das auch ausdrücken. Aber ich bin kein Reporter oder politischer Cartoonist. Ich zeichne, um mich auszutauschen, um mit Menschen zu kommunizieren – es ist also für mich eher Ausdruck meiner Persönlichkeit als ein Stück Arbeit. Ich mache das manchmal, wenn mich eine Zeitung oder ein Magazin darum bittet, etwas zu aktuellen Geschehnissen zu zeichnen.
Gibt es eine Lieblingszeichnung von dir?
Die habe ich noch nicht gemacht! Ich schaue auf das, was ich geschaffen habe, nicht mit Stolz. Für mich ist Zeichnen eine Sprache. Bestimmt gibt es Dinge, die ich also „visuell“ gesagt habe, die nicht allzu dumm waren – aber, wie das mit der eigenen Stimme so ist: Man hört sie nicht so gerne selbst. Es ist ein unaufhörlicher Prozess – mich interessiert genau diese Kontinuität.
Gibt es Illustratoren, die du besonders magst?
Sempé, Yann Le Bec und Tomi Ungerer, als er noch in New York gelebt hat.
(Jean Jullien bei Instagram, Facebook und Twitter)