»Beim Musikhören hilft mir Gras definitiv«

An einem Swimmingpool in Malibu erklärt Rocklegende Neil Young unserem Reporter, warum man seine neue Platte am besten bekifft hören sollte und welche Konsequenz er aus einem Wahlsieg von Donald Trump ziehen würde.

Um es mit Neil Youngs eigenen Worten zu sagen: »Ich gelte als schwieriger Künstler.« So formuliert er es in seiner Autobiografie. Seine Erklärung dafür: Er lasse sich eben von niemandem etwas vorschreiben. Neil Young kann sich das leisten: Seine Bedeutung für die moderne Musik gleicht der von Bob Dylan. Young spielte in Woodstock, war eine der wichtigsten Stimmen der Hippie-Bewegung, hat ein paar der großen Songs der frühen Siebzigerjahre geschrieben; später galt er für Bands wie Nirvana und Pearl Jam als der »Godfather of Grunge«. Dieser Mann muss niemandem mehr etwas beweisen.

Das macht Gespräche mit ihm nicht unbedingt einfacher. Neil Young hat schon Interviews gegeben, in denen er über nichts anderes als sein Auto sprechen wollte, oder über sein Technologie-Unternehmen »Pono Music«. Als die Einladung zum Interview nach Malibu kommt, ins Haus seines Managers, heißt es, Mr. Young wolle sich gerne über sein neues Album unterhalten. Ob man ihn denn auch nach etwas anderem fragen dürfe? »Probieren Sie es«, sagt der Mann von der Plattenfirma. »Aber seien Sie vorsichtig: Man verliert ihn leicht, wenn er das Interesse verliert.«

Noch bevor das Gespräch losgeht, schlägt Neil Young vor, nach draußen in den Garten zu gehen, auf die beiden Strandliegen am kleinen Swimmingpool. Wir lümmeln also nebeneinander in der kalifornischen Sonne - und Neil Young zeigt sich sehr gelöst, zu Scherzen aufgelegt und erzählfreudig. Er berichtet von dem Science-Fiction-Roman, den er gerade schreibt, denkt über das Erbe nach, das er der Welt einmal hinterlassen wird, und erzählt von seiner alten Outdoor-Musikanlage auf der Broken Arrow Range bei San Francisco, mit Boxen, die so groß wie sein Haus waren.

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Seit einiger Zeit kifft er wieder regelmäßig, erzählt er, was ihm übrigens helfen würde, Musik zu hören. Seine Empfehlung: »Rauchen Sie einen Joint, legen Sie mein neues Album ein, setzen Sie sich gute Kopfhörer auf, tauchen Sie für 98 Minuten ab.« Auf der Live-Platte Earth, die im Juni erscheint, mischt er Aufnahmen seiner aktuellen Tour mit Tierstimmen. Wieviele Menschen sein Album kaufen, sei ihm egal: »Ich arbeite für mich, ich habe jede Platte nur für mich gemacht. Wenn es die Menschen verstehen, super. Wenn nicht, auch okay.«

In dem einstündigen Gespräch wird Neil Young an vielen Stellen leidenschaftlich, etwa wenn es um die Musikindustrie geht (»Ich muss da nicht mehr mitspielen«) um den Saatgut-Hersteller Monsanto (»Was die tun, ist spirituell falsch«), die Überfischung der Meere (»Kann man so besinnunglos sein, heute noch Fisch zu essen?«) oder den Klimawandel (»Es ist unsere letzte Chance«) – alles Themen, die ihn seit Jahren beschäftigen. Er sagt: »Ich fühle mich nicht wütend, eher verpflichtet. Wenn die Leute es nicht kapieren, sage ich es eben wieder und wieder.«

Der Kanadier Young hat sich schon in den Sechzigerjahren in die amerikanische Politik eingemischt, und er hört auch jetzt – mit 70 – nicht damit auf. Über den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump sagt er: »Alles, was es in dieser Gesellschaft an Dummheit gibt, manifestiert sich im Reality-TV, einer Welt, in der Donald Trump zu Hause ist. Nun wird deutlich: Die Menschen unterscheiden nicht mehr zwischen Realität und Show. Somit ist Donald Trump das Endergebnis, die Personifizierung der amerikanischen Medienlandschaft.« Er schließt seine Analyse mit einer traurigen Einsicht, die bei ihm nicht wie eine Drohung klingt, sondern wie ein Naturgesetz: »Wenn Trump Präsident wird, werde ich wohl anderswo leben.« Man verliert ihn eben leicht.

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"Amerika erntet, was es gesät hat"

Früher schrieb er Protestsongs gegen Nixon und Bush, heute legt sich Neil Young mit Apple, Donald Trump und der Musikindustrie an. Ein Gespräch über die Kunst, sich treu zu bleiben.

Foto: Nathanael Turner