Labradoodle Tinka demonstriert, warum Mischlingshunde immer beliebter werden: Sie sind einfach verdammt niedlich.
Willy Brandt besaß nicht nur einen Papagei, der die Internationale pfeifen konnte, sondern auch einen Hund mit rätselhaftem Stammbaum. Von Zeitzeugen wird das Tier als »dackelähnlich« beschrieben, allerdings war es zu groß für einen Dackel. Im Gespräch mit dem CSU-Politiker Hermann Höcherl behauptete Brandt einmal, es handle sich um eine Kreuzung von Dackel und Bernhardiner, einen sogenannten Daktiner. Als Höcherl skeptisch blieb, stellte Brandt sogar Mutmaßungen über den Zeugungsvorgang an: Der Hund sei, wie sich der damalige Kanzler ausdrückte, »in the normal human position« gezeugt worden, das Weibchen habe also auf dem Rücken gelegen.
Trotz – oder wegen – dieser Zeugungstechnik hat sich der Daktiner nicht durchgesetzt, dafür gelang das dem Puggle (Mops plus Beagle), dem Labradoodle (Labrador plus Pudel) und vielen anderen Hunden, die vor einigen Jahren noch als Promenadenmischungen gegolten hätten. Inzwischen kreuzen vor allem amerikanische Züchter alles, was nur halbwegs zusammenpasst, geben den Zwitterwesen witzige Namen und verkaufen sie an ein trendbewusstes Publikum. In den US-Metropolen ist der Mischlingshund inzwischen als Statussymbol ebenso unverzichtbar wie Handy und Auto, auch dank der Patronage der Stars: Jennifer Aniston und Tiger Woods haben Labradoodles, Sylvester Stallone und Jake Gyllenhaal Puggles, die Sängerin Jessica Simpson zeigt gern ihren Maltipoo, eine Malteser-Pudel-Kreuzung. Doch nicht jeder freut sich über die neuen Knuddel-Kläffer: Halter von Rassehunden sehen in dem genetischen Durcheinander oft einen Verstoß gegen heilige Zuchtgesetze.
Immerhin liegt dem Kreuzverkehr manchmal eine sinnvolle Idee zugrunde: Der Labradoodle wurde ursprünglich als Blinden-hund für Allergiker gezüchtet, er kann Blinde führen und verliert keine Haare. Die meisten Zuchtanstrengungen folgen jedoch profaneren Interessen. Es geht darum, Hunde kleiner und damit kompatibler für enge Stadtwohnungen zu machen, ihnen lästige Angewohnheiten wie Bellen, Herumschnüffeln und enormen Bewegungsdrang abzugewöhnen und als besonders niedlich empfundene Kennzeichen wie die Kulleraugen des Mopses auf andere Rassen zu übertragen. »Im angelsächsischen Raum herrscht eine andere Einstellung zum Hund«, erklärt Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen. »Bei uns ist der Hund ein Familienmitglied, dort eher ein Accessoire, mit dem man andere beeindrucken will.« So gesehen wäre die Begeisterung für Mischlinge ein weiterer Schritt auf dem Weg des Hundes vom Wolf zum Wollknäuel. Andererseits muss man sich darüber im Klaren sein, dass alle 339 in Belgien bei der Weltorganisation fürs Hundewesen registrierten Rassen Erfindungen des Menschen sind, die der Natur in mühsamen Zuchtprozessen abgerungen wurden. Am Beginn sämtlicher Stammlinien stehen Kreuzungen, und es sind nicht nur skrupellose US-Züchter, die neue Hunde entstehen lassen.Eine relativ junge Rasse kommt zum Beispiel aus Deutschland: der Eurasier, eine Kreuzung aus Wolfsspitz und Chow-Chow, erstmals 1960 im Badischen gezüchtet und 13 Jahre später vom Dachverband fürs Hundewesen anerkannt.
Bisher haben die neuen Spaßhunde aus Amerika in Deutschland kaum Fuß fassen können. Puggle, Maltipoo und Schnoodle (Schnauzer plus Pudel) sind selten, Labradoodles und Goldendoodles werden nur von einem einzigen Züchter angeboten. Dabei kommen Mischlinge auf unserer Hunde-Beliebtheitsskala direkt nach der Nummer eins, dem Schäferhund. Bis auf Weiteres sieht es allerdings so aus, dass die deutschen Mischlinge nicht von Züchtern hergestellt werden, sondern sich im Gebüsch und am Wegrand selbst züchten – in der guten alten Hundestellung.