Zu den wunderbar fluffigen Dosas wollte ich ein passendes Gericht servieren. Bis vor kurzem hätte ich ohne viel darüber nachzudenken ein schönes »Gemüsecurry« gekocht. Doch vor ein paar Wochen las ich den Artikel der indischen Autorin Divya Ravindranath im Online-Magazin Goya. Darin seziert sie die herabwürdigende Verwendung des Wortes »Curry« für im Grunde alle indische Gerichte, die nicht »Chutney« sind. Sehr verkürzt kann man vielleicht sagen: Portugiesische Kolonisatoren begannen indisches Essen mit Sauce »Caril« zu nennen, wobei das Wort »Kari« in Wirklichkeit nur ein spezifisches tamilisches Gericht bezeichnete. Ihre englischen Nachfolger verschlurften Caril zu Curry und stülpten das Konzept über die gesamte indische Küche – die sie zusätzlich als einförmig und übelriechend beschrieben. Der sprachliche Mechanismus wirkt jetzt schon seit sehr langer Zeit, das macht die Folgen verwirrend, auch indische Restaurants nennen Gerichte Curry, die vielleicht gar keine sind und in indischen Lebensmittelgeschäften gibt es Curry-Gewürze, die es eigentlich gar nicht gibt. Curry-Blätter werden Sie vermutlich nur als solche finden, dabei haben sie in jeder Sprache des indischen Subkontinents einen eigenen Namen.
Doch auch ohne die komplexe Materie völlig zu durchdringen und auch ohne postkolonialistisch sensibilisiert zu sein, kann man einfach beschließen: Ich versuche indische Gerichte ab sofort bei ihren vielen verschiedenen richtigen Namen zu nennen. Ich würde sagen: Der Wille zählt, Fehler sind erlaubt, Neugier dient der Völkerverständigung. Zu den südindischen Dosas passt zum Beispiel ein ebenfalls südindisches »Sambar«. Dafür werden geschälte und halbierte Straucherbsen, Toor Dal, mit Gewürzen gekocht und püriert, es kommt jahreszeitlich passendes Gemüse dazu. Das Konzept ist recht flexibel, etwas Tamarinde muss sein. Ein Teil der Gewürze, darunter auch eine spezielle Sambar-Gewürzmischung, wird separat in Öl angeröstet, damit sich ihre ätherischen Öle im heißen Öl gut lösen können. Diese Mischung, »Tadka«, ähnelt in ihrer Funktion einem italienischen Sofritto, sie bildet eine wichtige, zusätzliche Aromenschicht im fertigen Gericht. Manche geben Tadka erst zum Schluss über das fertige Sambar, andere kochen das Gemüse mit dem Tadka. Beides ist möglich, das Ergebnis schmeckt jeweils ein wenig anders.
Veggie-Sambar für Dosas
Zutaten:
- 150 g Toor Dal (geschälte und halbierte Straucherbsen)
Linsen, Straucherbsen, Erbsen - 2 Zehen Knoblauch
- 40 g Ingwerwurzel Ingwer
- 1 TL Kurkuma
- Salz
- 1 Bund Koriander, wenn möglich mit Wurzeln Koriander
- 250 g Kürbis
- 100 g violette, asiatische Schalotten Schalotte, Zwiebel
- 4 EL Öl
- 1 TL Senfsamen
- 6 Bockshornkleesamen Bockshornklee
- 3 getrocknete große, rote Chilischoten, z. B. nicht übertrieben scharfe Sorten aus Kaschmir Chili
- 12 frische Curry-Blätter Curry-Blatt, Curry
- 1/4 TL Asafoetida (indische Gewürzmischung) Asafoetida
- 1/4 TL Kurkuma
- 1 TL rotes Chili-Pulver z. B. aus Kaschmir Chili
- 3 EL Sambar Masala (kaufen oder selber machen, siehe Tipp) Sambar Masala
- 1 EL Muscovadozucker oder indischer Jaggery Vollrohrzucker Zucker
- 150 g passierte Tomaten Tomate
- 200 g Blattspinat (frisch oder TK) Spinat
- 2 EL Tamarindenpüree Tamarinde
1. Toor Dal in einer Schüssel ein paar Minuten waschen und dabei leicht quellen lassen. Knoblauch und Ingwer schälen und hacken. Toor Dal abgießen und mit Knoblauch, Ingwer, etwas Kurkuma, eine Prise Salz und 400 ml Wasser. Etwa 15 Minuten weichkochen. Dann grob pürieren. Das soll eine stückige cremige Sache werden.
2. Koriander waschen, Wurzeln und Stiele hacken, die Blätter beiseite legen. Kürbis schälen und würfeln, Schalotten schälen, große Exemplare halbieren. Das Öl erhitzen, nicht übertrieben heiß, aber so, dass die Senfsamen im Öl gleich beginnen zu brutzeln. Senfsamen und Bockshornklee ins Öl geben. Chilis, Curryblätter, Asafoetida und Schalotten zugeben, kurz rösten. Korianderwurzeln, Kürbis, Kurkuma, Chili-Pulver, Sambar-Masala und Zucker zugeben. Ein paar Mal umrühren, dann mit Tomaten und 100 ml Wasser aufgießen, leicht salzen. Zugedeckt 5 Minuten köcheln lassen.
2. Spinat entweder auftauen und ausdrücken oder frischen Spinat waschen, dicke Stiele entfernen und abtropfen lassen. Dal unterrühren – eventuell die Konsistenz mit etwas Wasser regulieren. Das soll eine dicke Suppe sein, aber kein Püree. Spinat zugeben, noch ein paar Minuten kochen lassen und dann mit Tamarindenpüree und Sambar Masala abschmecken.
3. In Schalen verteilen, mit reichlich Koriander garnieren und mit Dosas oder Reis servieren.
Sambar Masala
Es macht Spaß – und einen geschmacklichen Unterschied – Gewürze frisch zu rösten und dann zu zerkleinern. Mit Sambar-Gewürz also Sambar-Masala hatte ich noch keine eigenen Erfahrungen, deshalb habe ich ein Rezept der indischen Bloggerin Meet Dassana ausprobiert. Die erdige, scharfe aber nicht zu scharfe Mischung gefällt mir sehr gut, hier ihr Rezept:
Zutaten:
- 2 EL Chana dal (geschälte, halbierte Kichererbsen) Kichererbsen
- 1 EL Urad dal (geschälte schwarze Linsenbohnen, ohne Schale sind sie sehr hell) Linsenbohnen
- 40 g Koriandersamen
- 2 EL Kreuzkümmelsamen
- 16 getrocknete große, rote Chilischoten z. B. nicht übertrieben scharfe Sorten aus Kaschmir Chili
- 1,5 TL Bockshornkleesamen (Methi-Samen) Bockshornklee
- 1 EL schwarzer Pfeffer Pfeffer
- 1 kleine Handvoll Curryblätter Curry, Curryblatt
- ½ EL schwarze Senfsamen Senfsamen
- ½ EL Asafoetida (indische Gewürzmischung) Asafoetida
- ½ EL Kurkumapulver Kurkuma
1. Kichererbsen (Bengal Gram) und Linsen (Urad Dal) separat kurz waschen, ein paar Minuten quellen lassen, dann abtropfen und trocknen lassen.
2. Koriander und Kreuzkümmelsamen in einer Pfanne bei kleiner Hitze rösten bis sie duften und beginnen dunkler zu werden, das dauert 1-2 Minuten. Oft umrühren. Aus der Pfanne nehmen. Pfanne auswischen, Chilis ohne Stiele und ohne Samen in die Pfanne geben, kurz rösten, bis sie leicht rauchig scharf riechen – nicht zu lange, Chilis werden leicht bitter. Nacheinander Bockshornkleesamen und Pfeffer separat rösten, aus der Pfanne nehmen. Kichererbsen goldbraun rösten – das dauert etwas länger. Linsenbohnen goldbraun rösten – das dauert ebenfalls etwas länger. Curryblätter nur ganz kurz knusprig rösten. Jeweils aus der Pfanne nehmen. Senfkörner kurz rösten, bis sie springen. Aus der Pfanne nehmen. Die Herdplatte auschalten, Asafoetida kurz rösten.
3. Alle gerösteten Zutaten abkühlen lassen, mit Kurkuma in einen Mörser geben, fein zerkleinern. Oder in einer kleinen elektrischen Kaffeemühle mit Schlagmessern zerkleinern, oder in dem bekannten Mixer mit Heizfunktion – um Gewürze zu zerkleinern eignet er sich sehr gut.