Wüste Mischung

Bei ihrem Besuch im Nordirak stärkt Ursula von der Leyen nicht nur die Truppenmoral der Bundeswehr. Sie setzt auch modisch ein Zeichen – in Friedenstaubenweiß.

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Verteidigungsminister auf Außenmission – das ist unter modischen Gesichtspunkten oft höchst interessant, weil die Politiker ihre eigene Anzug- und Kostüm-Uniform brechen und Einblick in ihr Verhältnis zur »Truppe« geben – und damit in ihre Selbstwahrnehmung. Man denke an Guttenbergs Pilotensonnenbrille, seine lässigen Chinos, de Maizières Jeans oder all die schusssicheren Westen mit vielen Taschen. »Ich gehöre zu euch, Buddies«, will ein solcher Aufzug sagen.

Diesmal ist alles anders. Wir sehen die Verteidigungsministerin im blütenweißen Jäckchen im Nordirak – unbeeindruckt vom Matschwetter und grimmig dreinblickenden Peschmerga, die ihre neuen deutschen Gewehre so unbeholfen halten, dass man sich an einen lustigen Monty-Python-Film erinnert fühlen, wenn die Lage nicht so ernst wäre.

Die Kanzlerin sendet ihr Kabinett in »die Region«, vor zwei Wochen war Steinmeier im Iran, nun ist Ursula von der Leyen im Nordirak. Im Kampf gegen den IS wird jetzt mit allen Waffen gekämpft, und das heißt vor allem mit deutschen. 13 Millionen Euro für Panzerfäuste, Raketen und Sturmgewehre hat die Bundesregierung den Kurden zugesagt, tausende Waffen bereits geliefert. Frieden durch Rüstungsexporte: Dieses verquere Leitbild deutscher Außen- und wirtschaftlicher Interessenspolitik spiegelt sich im Outfit der Verteidigungsministerin: Sie trägt den typischen Von-der-Leyen-Kurzblazer, mit dem sie gerne ihre Petite-ness unterstreicht und der sich zum kaschierenden Kasten-Blazer der Kanzlerin verhält wie ein flinker Fiat 500 zur gepanzerten Limousine.

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Das entscheidende am Blazer sind zwei Dinge: die Farbe und die Ethno-Applikation. Die Farbe ist natürlich Friedenstaubenweiß. Könnte allerdings auch ein wenig subtiler Hinweis von der Leyens auf die Unschuldsvermutung bei ihrer Doktorarbeit sein, macht Lindsay Lohan vor Gericht auch immer so. Aber viel interessanter ist das Ethnomuster an Schultern und Ärmeln – hat es doch etwas zugleich indianisches und damit politisches (unterdrückte Minderheiten) und in seiner epaulettenartigen Anbringung auch: etwas militärisches. Kombiniert mit der schwarzen Hose wird klar: Für Zwischentöne ist jetzt kein Platz mehr. Die Waffen werden weitergegeben an syrische Untergrundorganisationen? Die Peschmerga bedrängen mit den Waffen geflüchtete Araber im Nordirak? Egal. Schwarz, weiß, Freund, Feind.

Die Bundeswehr-Wüstenstiefel bringen diesen sehr deutschen Pragmatismus auf die Spitze: Sie ruinieren das Outfit, das weiß von der Leyen natürlich, aber um Mode geht es jetzt nicht. Die Stiefel sind ihre Art zu sagen: »ich bin mir für nichts zu schade« – und Ausdruck ihrer Standfestigkeit, was auf diesem Posten Verteidigungsminister nicht schlecht ist, die Amtszeiten ihrer beiden Vorgänger dauerten jeweils zwei Jahre. Von der Leyen ist seit 2013 im Amt.

Wird getragen von: Grundschullehrerinnen im Voralpenland, US-Rappern
Wird getragen mit: Outdoor-Rucksack oder Base-Cap
Das sagt von der Leyens Assistentin: »Dann bringe ich die Gabor-Pumps wieder zum Heli, oder?«