Das stinkt zum Himmel

Axel Hacke vertieft sich in die lange Liste europäischer Produkte, die mit Strafzöllen belegt werden. Dabei merkt er: die Rache des US-Präsidenten gilt insbesondere unserem Käse. Aber da hat Trump die Rechnung ohne den korsischen »Casgiu Merzu« gemacht.

Illustration: Dirk Schmidt

Vor Kurzem vertiefte ich mich in die Liste europäischer Produkte, die nun mit Strafzöllen belegt werden, wenn sie in die USA ausgeführt werden – in Response to Harm Caused by EU Aircraft stand da –, also: als Reaktion (oder sollten wir als Rache sagen, Rachezoll ist ein schönes Wort) auf Subventionen für Airbus-Flugzeuge in Europa. Wahrscheinlich werden später umgekehrt Rachezölle auf amerikanische Produkte folgen, weil auch Boeing-Flugzeuge subventioniert werden.

Diese Liste beginnt logischerweise mit Fluggeräten, new helicopters, non-military, of an unladen weight not exceeding 998 kg, also leichte Hubschrauber, dann kommen sofort Flugzeuge, leichter als 15 000 Kilogramm, wenn es sich um Passagierflieger handelt, schwerer, wenn es Transportflugzeuge sind. Die Aufstellung endet nach 23 Seiten mit »Künstlerpinseln, Schreibpinseln und ähnlichen Pinseln für das Auftragen von Kosmetika im Wert von null bis zehn Cents pro Stück«. Man kann sich vorstellen, was für Superlaune ein europäischer Künstlerpinselproduzent bekommt, weil der Export seiner Null-Cent-Pinsel in die USA nun möglicherweise wegen Airbus-Subventionen einbricht.

Wo ist da der Zusammenhang?, wird er fragen. Die Antwort ist: Es gibt keinen, außer eben: Rache.

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Noch deutlicher wird das, wenn man sich von Flugzeugen sehr rasch (über gefrorenen Schinken und Krabben aller Art) auf Seite 2 vorgearbeitet hat, wo es schlagartig um Milch, Butter, Joghurt geht und man dann zum Käse vorstößt. Es beginnt mit Cheddar, dann kommen Edamer und Gouda, schließlich Roquefort, darauf Parmesan, Provolone, Provoletti, Pecorino. Seitenlang geht es nur noch um Käse, Käse, Käse.

Eigentlich scheinen die Flugzeuge nur ein Vorwand zu sein, um den Import wunderbarer europäischer Käsesorten in die USA zu unterbinden oder sie wenigstens so zu verteuern, dass es Amerikanern unmöglich wird, sie zu kaufen. Mit Wein ist es ähnlich, hier gibt es den schönen Satz von Donald Trump, er habe amerikanische Weine immer lieber gemocht, obwohl er nie Wein trinke, »aber ich finde einfach, sie sehen besser aus«. Was amerikanischen Käse angeht, tut es mir leid, dass ich nie welchen gegessen habe, sonst könnte ich jetzt darauf verzichten und Rache üben, schade. Ich hätte früher US-Käse in rauen Mengen zu mir nehmen sollen, um Optionen zum Zurückschlagen zu haben. Ich glaube bloß, das Zeug eignet sich nicht mal, um alte Flugzeuge zu überbacken. Unsere schönsten europäischen Strafzölle wären zu schade dafür.

Letztlich sind die Seiten über den Käse wohl der Kern dieser Zollsache, deshalb sind es auch so viele. Vor Jahren wurde an der US-Grenze eine Ladung Mimolette beschlagnahmt, das ist ein französischer Käse, auf dessen Rinde (die man natürlich nicht isst) berechtigterweise Milben leben. Die amerikanischen Prüfer befanden, der Käse bestehe »vollkommen oder zu Teilen aus einer widerlichen, fauligen oder verrotteten Substanz«, deshalb sei er für »menschlichen Verzehr ungeeignet«. Das sind die gleichen Leute, die Rohmilch-Camembert für tödlich halten. Man sollte ihnen Casu Marzu zeigen, einen sardischen Schafskäse, in dessen Mitte größere Mengen von Maden leben, die man ISST! Manchen Sarden gilt das als Delika­tesse, aber der Verkauf ist sogar auf Sardinien verboten. Seine korsische Variante heißt Casgiu Merzu. Als in Asterix auf Korsika der Piratenkapitän den Frachtraum seines Schiffes mit einer Fackel durchsucht, explodiert der gesamte Käse, so gefährlich ist er.

Wir in Europa können also noch ganz anders, wenn es um Käse geht. Sollte der Handelskrieg eskalieren, werfen wir eine Ladung Casgiu Merzu direkt über dem Weißen Haus ab, und zwar aus einem hoch subventionierten Airbus. Europa mag militärisch gesehen ein Zwerg sein, aber wir haben gewisse Spezialwaffen …