Der große Vorteil sogenannter Sozialer Netzwerke oder Online-Communities ist es ja, dass sie Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenbringen, die sich im realen Leben wahrscheinlich nie begegnet wären: die mittellose New Yorker Post-Punk-Band und ihre Zielgruppe in Berlin auf MySpace; die vergessene Exfreundin aus der Grundschule mit einem selbst auf StudiVZ; die Liebhaberin graulederner Miu-Miu-Handtaschen mit weiß Gott wem auf ilikemystyle.com; oder die blonde Frau immerfeucht, die auf Oralsex und Outdoor steht, allerdings kein Interesse an Natursekt hat, mit Herrn stosszu, der sich in etwa das Gleiche wünscht, nur eben seinen Urin bei sich behalten müsste. Frau immerfeuchts und Herrn stosszus virtueller Treffpunkt heißt poppen.de.
Poppen.de ist so etwas wie der Schnaps unter den Flirt-Websites: Hier geht es nicht um genussvolles Herantasten, sondern ums Schlucken. 1,6 Millionen Mitglieder sind laut Betreiber registriert, mit Angaben zu Augenfarbe, Körperbehaarung, Tätowierungen, Geschlechtskrankheiten, Körbchen- beziehungsweise Penisgröße und natürlich ihren Vorlieben. Das wirkt ein wenig unromantisch, soll aber vor allem praktisch sein. In anderen Lebensbereichen haben wir uns ja längst an so einen kundenindividuellen Service gewöhnt. Und wenn man sich bei mymuesli.com ein auf seine Bedürfnisse hin gemixtes Frühstück zusammenstellen kann, warum nicht auch den zum momentanen Appetit passenden Sexpartner? Irgendwie faszinierend ist auch die Direktheit, mit der hier Sex ausgehandelt werden soll (und zwar unbezahlter) - schwule Freunde beneidet man ja manchmal auch, wie unkompliziert sie miteinander umgehen. Wären da nicht die skurrilen Fotos, die dämlichen Namen und das Multiple-Choice-Anmeldeverfahren, man würde poppen.de glatt einmal ausprobieren wollen.
Ein Blick auf adultfriendfinder.com, die weltweit größte Website für private Sexkontakte, reicht aus, um den Gedanken dann wieder zurück ins tiefste Es zu stopfen. Um im Bild zu bleiben: Diese Website ist Selbstgebrannter, 80 Prozent, ungenießbar. Gesichter sieht man kaum, dafür gespreizte Frauenhintern und, ob man will oder nicht: Schwänze. Kleine, dicke, rote, behaarte, verschrumpelte, riesige. Ein Mann bläst sich gerade einen selbst.
Auch wenn das jetzt spießig klingt: Die „Tyrannei der Intimität“ bekommt hier eine neue Dimension, denn dies ist ja primär keine Pornoseite, sondern eben eine Online-Community, auf der sich die Mitglieder eigentlich vorstellen sollen.
Interessante Selbstbilder sind das.