Der Jahreswechsel ist zweifellos ein guter Anlass, einmal über die eigene Lieblingszahl nachzudenken. Wobei: Ist nicht das Wort »Lieblingszahl« ein Widerspruch in sich? Lässt sich das Berechenbare mit dem Emotionalen verschrauben?
Der Brite Alex Bellos, Autor zweier Sachbücher über die Welt der Zahlen, hat mehr als 30 000 Menschen in aller Welt die Frage nach der ihnen liebsten Zahl gestellt. Auf Platz eins, unangefochten und mit weitem Vorsprung vor der 3 und der 8: die 7. (Auf dem letzten Platz steht übrigens die 54326754326754000000000000000. Warum? Das weiß ich nicht.) Wunderbar sind die Begründungen: 100 ist toll, weil sie zwei Nullen hat. Die 5 war mir in meinem Leben immer ein Freund. Die 8 ist so schön rund. Ich liebe die 9, weil sie aussieht, als würde sie den Arm um dich legen; eine 9 könnte dich gleich umarmen und küssen. Ich liebe die Reinheit der 11. Es ist die am meisten ausgeglichene Zahl …
Es gibt also eine Gefühlsbeziehung von Mensch und Zahl, das heißt, Menschen lieben bestimmte Zahlen – aber lieben die Zahlen auch zurück? Man muss zunächst einmal feststellen: Was viele Leute da sagen, hat mit dem Wesen der Zahl an sich nichts zu tun. Ich liebe die 2, weil sie so verschnörkelt ist – nun, da liebt jemand die Schreibweise der 2, die ja mit der 2 an sich nichts zu tun hat, die man auch II oder zwei schreiben könnte. Die kalte Zahl ist nicht verschnörkelt, sie legt auch nicht den Arm um dich, sie würde dich nie küssen. Du bist der Zahl egal, das ist die reine kühle Wahrheit.
Und dennoch wird der Mensch nicht aufhören, sich einen Verbündeten zu suchen in der Welt des Rationalen: Ich bin als Kind immer auf Bahn 4 geschwommen, das war gut für mich. Die 6 ist meine Glückszahl, seit Red Rum das Grand National mit der 6 gewonnen hat – und ich hatte auf ihn gesetzt. Bei der 3 denke ich an meine Familie. Mein Sohn, mein Mann und ich, wir sind drei.
Manchen Zahlen fühlt man sich näher als anderen, und, so gesehen, ist die 7 zweifellos den Menschen am allernächsten. Die 3 steht für die nach dem Bild des dreifaltigen Gottes geschaffene Seele, die 4 für die vier Elemente, 3 plus 4 ist 7, das ist der Mensch mit den sieben Löchern im Kopf, Nase, Ohren, Augen und Mund. Bitte, in solchen Betrachtungen kann man sich verlieren, man landet bei den sieben Zwergen, den sieben Wochentagen, den sieben Todsünden und den sieben Weltwundern. Keine Zahl hat den Menschen so fasziniert wie die Sieben. Aber der letzte Grund dafür, sagt Alex Bellos, sei eben doch ein mathematischer: Die 7 sei einzigartig unter den zehn Zahlen, die man an den Händen abzählen kann; sie ist die einzige, die man nicht innerhalb der Gruppe multiplizieren oder teilen kann. 1,2,3,4,5 lassen sich innerhalb von 10 verdoppeln, 6,8,10 sind halbierbar, 9 kann man durch drei teilen – nur mit der 7 geht das alles nicht.
Die 7 sei ein Einzelgänger, sagt Bellos, und nur das erkläre ihre Magie: ein tiefer Einfluss der Arithmetik auf unser Leben.
Und wie schön, dass die 7 im vergangenen Jahr auf unserer Seite war. Deutschland Fußballweltmeister! Die Quersumme von 2014 ist 7. Gegen Brasilien: 7 Tore. Das Finale fand im Juli statt, dem siebten Monat. Schwein-steiger, der Held, trug dabei die Rückennummer 7. Götze, der Torschütze, ist Jahrgang 1992, Quersumme 21, teilbar durch 7. Nach dem Finalsieg schwenkte er das Trikot des verletzten Reus, Rückennummer 21, teilbar durch 7. Bestellt man im Internet Götzes Nationaltrikot, kostet es 84,95 Euro in der Version für die Heimspiele, 79,95 Euro als Auswärtshemd. Die Quersumme von 84,95 ist 26, die von 79,95 ist 30, das macht zusammen 56.
Teilbar durch 7.
Zufall? Unmöglich. Die 7 ist auf unserer Seite.
Jogi Löw ist am 3.2.1960 zur Welt gekommen. Quersumme 21. Jogi Löw, das sind 7 Buchstaben, oder?
Die Reise geht weiter.
Illustration: Dirk Schmidt