Nürnberger Christkindlesmarkt

Jetzt wäre die ideale Zeit für einen entspannten Urlaub in Japan, da ist gerade viel Platz für Gäste. Die Japaner sind schließlich alle hier.

2800 Reisebusse, 191 000 Hotelübernachtungen, 2,2 Millionen Besucher insgesamt – das klingt eigentlich nicht nach Adventsstimmung. Und natürlich, der Christkindlesmarkt ist für die Nürnberger mindestens ebenso sehr Wirtschaftsfaktor und Werbeträger wie Gemütlichkeits- und Geschenkequelle. Die meisten Touristen kommen aus Japan, und in Chicago gibt es seit 1996 eine Imitation des Marktes. Beides sind eigentlich Zeichen dafür, dass eine Veranstaltung ihre Ursprünglichkeit verloren hat.

Aber egal wie skeptisch man die Reise antritt, die Bedenken verflüchtigen sich schnell. Bei einem Spaziergang von der Kaiserburg durch die mittelalterlichen Gassen zum Hauptmarkt vertreiben Posaunenchor und Glühwein die Kälte. Der Blick über den beleuchteten Markt, vom Balkon der Frauenkirche, auf dem das Christkind seit 75 Jahren den Markt eröffnet, oder noch besser vom Turm von St. Sebald, ist nicht nur schön, sondern hat einen durchaus lohnenswerten Nebeneffekt: Das Treppensteigen macht hungrig. Man muss hier vieles kosten, von den berühmten Elisenlebkuchen mit Schokoladen- oder Zuckerguss über Hutzelbrot bis zum weniger typischen, aber ebenso süßen Christmas Fudge, Karamellkonfekt aus der schottischen Partnerstadt Glasgow. Und natürlich die obligatorische Bratwurstsemmel, auf Fränkisch »Drei im Weggla«. Trotzdem sollte man nicht gleich alles in den Mund nehmen: Auch wenn die »Zwetschgamännla« aus Dörrobst gefertigt sind, zum Verzehr sind sie nicht gedacht.

(1) Nürnberger Rostbratwürstl gibt es an vielen Buden, vom echten Holzkohlegrill aber nur bei Liebermann und Müller, Zur Puppenküch, Bude 141.
(2) Früchtebrot mit mehr Früchten als Brot, bei Eis-Müller, Zur Eisenboh, Bude 25.
(3) Gabriele Müller, besonders saftige Elisen-Lebkuchen, Beim Zwetschgamoh, Bude 102.
(4) Ernst Weißbeck wirkt ein bisschen grob, verkauft aber winzige, detailverliebte Spielwaren, Zur Eisenboh, Bude 28.
(5) Kirchturm St. Sebald, schönster Blick über den Markt, nur mit Führung, samstags, 16.30 Uhr.
(6) Sepp Kainz, das Urgestein des Christkindlesmarkts, schenkt süffigen Heidelbeer-Glühwein aus, Dockn-Gässla, Bude 44.
(7) Markt der Partnerstädte, schottischer Christmas Fudge, Obama-T-Shirts und heißer Slivovic.
(8) Musikspieldosen Joachim Ulrich, herrlich kitschig und in allen Größen, von der Ballerina bis zum Karussell, Beim Kaschperla, Bude 123.

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Illustration: Zsuzsanna Ilijin