SZ-Magazin: Eine Duftforscherin, die zu Hause arbeitet, ist ungewöhnlich, oder?
Sissel Tolaas: Ich habe dieses Modell vor ein paar Jahren für mich entdeckt. Es ist praktisch, weil Arbeiten und Leben bei mir sowieso ineinander übergehen. Aber Platz brauchte ich, darum: zehn Zimmer, Wilmersdorf, beschaulich und bezahlbar.
Wie riecht denn Ihr beschaulicher Kiez?
Neutral, mit einer Prise Grün. Nicht aufregend. Aber genau das gefällt mir, gerade weil ich mit Düften arbeite.
Trennen Sie Wohn- und Arbeitsbereich strikt voneinander?
Im Gegenteil! Ich lege Wert darauf, dass sie sich vermischen. Alle Zimmer sind durch Flügeltüren verbunden, die meisten stehen offen. Geschäftliche Treffen finden an meinem fünf Meter langen Esstisch statt oder in der Küche. Die hat sehr hübsche Terrakottafliesen. Wirklich privat sind nur das Zimmer meiner Tochter Tara und mein Schlafzimmer.
Es gibt keine Bilder bei Ihnen an der Wand.
Wenn ich Kunst anschauen will, gehe ich in Galerien oder ins Museum.
Sie sind Norwegerin, macht sich in Ihrer Wohnung ein skandinavischer Einschlag bemerkbar?
Ich mag es minimalistisch-praktisch, aber bei Ikea kaufe ich nicht! Ich investiere lieber etwas mehr, kaufe Stühle von Verner Panton oder eine Lampe von Tom Dixon. Einige Möbelstücke habe ich bei einem Tischler maßschneidern lassen, weil in einem Altbau selten gerade Wände zu finden sind.
Haben Sie einen Lieblingsplatz?
Mein Ball Chair von Eero Aarnio! Ein Erbstück. Meine Eltern hatten sechs Stück und jede meiner fünf Schwestern hat auch einen bekommen. Wenn ich in dem Stuhl sitze, weiß meine Tochter, dass ich erschöpft bin, und lässt mich in Ruhe.
Ein verrückter Kauf, den Sie bis heute nicht bereuen?
Ein grauer Flokatiteppich aus Polyester. Sieht aus wie Seide, ist irre gemütlich und lässt sich in der Waschmaschine reinigen. So praktisch, dass ich ihn gerade noch mal in Türkis gekauft habe. Meine Katze schläft, gebettet auf einer orangefarbenen Hermès-Tüte, darauf. Sehr dekorativ.
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Sissel Tolaas, geboren 1961 in Norwegen, hat Mathemathik, Chemie, Linguistik und Kunst in Oslo, Leningrad, Moskau, Oxford und Princeton studiert. Sie spricht neun Sprachen, lehrt in Harvard, arbeitet als Duftforscherin und bezeichnet sich als Geruchsprovokateurin. Sie lebt in zehn Zimmern in Wilmersdorf.
Fotos: Todd Selby