Kaum Kalk an den Kacheln, das Waschbecken fleckenlos, auf der Ablage nur Zahnbürsten und Elmex-Tuben: Mein Bad ist aufgeräumt und geputzt. Wenn ich gründlich war, ist es fast charakterfrei. Das hat nichts mit Zwängen zu tun, ich habe ein gesundes Verhältnis zu Schmutz. Diese Badordnung ist reiner Selbstschutz vor neugierigen Gästen. Denn ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin, die fremde Schränke öffnet, um ein bisschen, na ja, zu schauen. So ein Bad verrät ja viel. Da steht das Parfüm, das man auch mal hatte. Das Shampoo, das zwanzig Euro kostet, aber wieso dann billige Bodylotion vom Discounter? Ein Pinsel von Manufactum, der Mann rasiert sich also nass. War ja klar. Wofür brauchen sie die Einwegrasierer? Und die Cremetiegel, wie riechen die? Aufmachen, ausprobieren. Die Versuchung ist einfach zu groß. Zugegeben, fein ist das nicht. So richtig unfein ist allerdings, wenn man wie der Lyriker Peter Rühmkorf öffentlich macht, was man beobachtet hat. Der hatte sich bei seinem Freund Fritz J. Raddatz umgesehen und unter anderem notiert, welche Kondommarke der Kritiker benutzt. »Widerliche Schlüssellochguckerei«, fand Raddatz. Vertrauen ist gut, Ordnung ist besser. Zumindest im Bad.
Produktauswahl: Simona Heuberger und Nadja Tadjali; Fotos: Maxime Ballesteros für Schauspiel Frankfurt (1)