Wir hatten um ein Gespräch unter Brüdern gebeten, am liebsten im Freien. Die Weppers haben eine bessere Idee: Sie wollen mit uns Fliegenfischen gehen. Ein Ritual, das sie seit mehr als 40 Jahren pflegen. Also fast so lange, wie sie vor der Kamera stehen. In unzähligen Krimis, Vorabendserien und leichten Komödien, haben sie deutsche Fernsehgeschichte geschrieben. Aber eben auch mit ein paar Filmen, die man nicht vergisst (siehe Infokasten). Fritz und Elmar Wepper, das sind zwei Brüder, die denselben Weg gegangen sind und doch zu zwei unterschiedlichen Rollen gefunden haben: Fritz, der virtuose Komödiant, Elmar, der Stillere, Tiefgründigere.
Ihr Fischgrund ist die Traun, ein kleiner Fluss oberhalb des Chiemsees. Auf der Fahrt durchs Voralpenland halten die Weppers auf einer Brücke, um zu schauen, »wo die Fische stehen«. Fritz hinkt seit einer Knieoperation leicht. Zurück zum Auto über die befahrene Straße, nimmt Elmar seinen älteren Bruder am Arm und geleitet ihn rüber. Ein paar Kurven später, ein Parkplatz im Wald. Mücken tänzeln durch die schwüle Luft, der Fluss rauscht. Das Anziehen der Anglerkluft ist bei mehr als 30 Grad ein Kampf, der beiden den Schweiß auf die Stirn treibt. Fritz' Hund Aaron hechtet ins Wasser. Elmar prüft noch mal seine Angel, blinzelt zufrieden in den Himmel: bestes Beißwetter! Welches Räuchermehl Elmar besorgt hat, möchte Fritz wissen.
Elmar: Buche und Esche. Der Fritz hat seinen Räucherofen immer dabei.
Fritz: In der Traun gibt es Bachforelle, Regenbogenforelle und Äsche. Die Bachforelle hat einen nussigen Geschmack. Die wird innerhalb von einer Viertelstunde geräuchert, und wir trinken – in unserem Alter jetzt – nicht nur einen guten Wein, sondern einen sehr guten Wein. Und der Dialog geht so: Mmh, ah, mmmh, ah. Da gibt’s nichts mehr zu sagen.
SZ-Magazin: Kennen Sie den amerikanischen Spielfilm Aus der Mitte entspringt ein Fluss? Da geht es um zwei konkurrierende Brüder und das Fliegenfischen.
Elmar: Konkurrenz gibt's bei uns nicht.
Fritz: Im Gegenteil.
Elmar: Das klingt jetzt so abgesprochen. Aber es gibt keine Spannungen. Wenn wir uns aus Termingründen mal aus den Augen verlieren, sagen wir: Lass uns ans Wasser gehen.
Was, wenn der eine einen dicken Fang macht und der andere nicht?
Fritz: An so was denkt man gar nicht. Wir stehen uns nicht im Wege, wir ergänzen uns. Wenn, dann gibt es Dissens aus anderen Gründen: Einmal, da hatten wir sehr gut gefangen, aber ich habe die Fische immer wieder freigelassen. Sagt der Elmar: Spinnst du jetzt? Da hatte mich das Auge des Fisches so flehentlich angeschaut, dass ich an einen verwunschenen Prinzen denken musste. Ich konnte drei Wochen keinen Fisch mehr töten.
Elmar: Konkurrenz gibt es vielleicht woanders.
Fritz: Nicht mal beim Golfen. Wir sind so erzogen worden. Meine Mutter hat mich Elmar genannt, den Elmar Fritz. Mehr Gleichheit geht nicht …
Elmar: … Golf ist ein bisschen diffiziler. Beim Fischen kannst du sagen: Die beißen nicht heute, Pech. Man führt das nicht auf seine schlechte Wurftechnik zurück. Beim Golfen leidet man, wenn der Schwung nicht stimmt.
Fritz: Der Elmar kann stundenlang darüber reden, weil er, was den Golfschwung betrifft, von uns zweien der Professor ist.
Gerade unter Brüdern vergleicht man sich doch besonders. Einer hat das vollere Glas, oder?
Fritz: Wir haben schon mit 13 eine Radlermaß trinken dürfen. Die Gläser waren bis zum Rand gefüllt, da gab es kein Problem.
Ihr Vater ist nicht aus dem Krieg heimgekommen. Mussten Sie, Fritz, den Vater ersetzen?
Fritz: Das hat unsere Mutter mit viel Liebe, manchmal mit zu viel Liebe aufgefangen. Wir durften viel.
Elmar: Bevor uns hier alle mit einem Heiligenschein sehen – ich hatte schon das Gefühl, dass du mehr durftest!
Fritz: Ich war ja auch der Ältere.
Elmar: Und ich war der Jüngere. Das gehört zum biologischen Konzept, dass sich da ein …
Fritz: … Gefälle auftut.
Elmar: Ich erzähl Ihnen ein Beispiel: Fritz sagt, lass uns mit der Eisenbahn spielen. Also hole ich sie raus. Als die Mutti sagt: Alles wegräumen, meint Fritz: Wer sie rausgeholt hat, muss sie auch wegräumen! Wenn jetzt er aber die Eisenbahn aufgebaut hatte und ich gesagt habe, Fritz, räum du sie wieder weg, hat er gesagt: Ich hab sie schon aufgebaut, du kannst sie wenigstens wegräumen.
Fritz: So ist das nun mal mit Erstgeborenen.
Elmar: Mich hat das über viele Jahre beschäftigt. Als der Fritz ins Erwachsenenleben hinauszog, war ich 13. Ich blieb noch lange der kleine Bub. Da waren wir weit auseinander.
Welche Bilder sehen Sie beide, wenn Sie an Ihre Kindheit zurückdenken?
Elmar: Spielen. Draußen spielen.
Fritz: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind Fußball spielen. In den Verein durften wir leider nicht. Elmar war Linksfuß, er hat in einem Jahr sämtliche Tore der Klassenmannschaft geschossen. Er hätte echt was werden können.
Warum war Ihre Mutter gegen den Verein?
Fritz: Ich sag jetzt mal, Fußball war ihr vielleicht zu proletarisch.
Elmar: Und Vereine mochte sie auch nicht. Sie hasste das Naziregime, das ihr ihren Mann nahm. Alles, was nach HJ oder Vereinsmeierei roch, mochte sie nicht.
Wo in München sind Sie aufgewachsen?
Elmar: In Neuhausen gegenüber vom Hirschgarten. Im Winter sind wir im Schlosspark Nymphenburg Ski gefahren. Im Sommer haben wir Tennis gespielt.
Fritz: Wir mussten aber auch Klavier lernen.
Elmar: Stimmt! Es gab doch etwas, das meine Kindheit getrübt hat.
Fritz: Das war dienstags, eine Doppelstunde. Der eine musste auf den anderen warten.
Elmar: Und der Fußweg war so weit.
Durch das zerstörte München.
Elmar: Ich weiß gar nicht. Als Kind sieht man die Zerstörung nicht.
Fritz: Doch. Unser Stiegenhaus war provisorisch, weil da eine Bombe reingefallen ist. Und im Kinderzimmer klaffte lange ein Loch, da hätte man runterfallen können.
Elmar: Stimmt. Vor manchen Fenstern hingen geriffelte Kunststoffplatten. Auf der Toilette hatten wir kein Licht. Im Keller auch nicht. Kohlen holen aus dem Keller, das war für mich mit Todesangst verbunden.
Haben Sie Erinnerungen an Ihren Vater?
Fritz: Nein, leider nicht. Ich würd was geben drum. Ich war drei Jahre alt, als mein Vater vermisst gemeldet wurde. Es gibt Fotos. Ich kenne ihn nur aus Erzählungen, was sich manchmal wie Erinnerung anfühlt.
Elmar: Als Kinder sind wir ins Aki-Kino am Bahnhof, um in den Wochenschauen nach ihm zu suchen. Da liefen Berichte über Kriegsgefangenenheimkehrer.
Fritz: Das war 1952, da gab es noch kein Fernsehen.
Elmar: Gefunden haben wir ihn nie.
Wie hat Sie die Abwesenheit des Vaters geprägt?
Fritz: Man ertappt sich, wie man Fehler in der Erziehung seiner Kinder macht. Weil man keinen Vater erlebt hat, der erzogen hat.
Elmar: Mich hast du auch erziehen wollen, damals.
Fritz: Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen.
Sie haben beide das Abitur. Keine Selbstverständlichkeit damals.
Fritz: Da war unsere Mutter dahinter.
Elmar: Aber wir sollten es nur schaffen. Früher hieß es nicht Gymnasium mit Einser-Schnitt, sondern Abitur: ja oder nein. Ich hätte alles studieren können, auch Medizin.
Hatte Ihre Mutter je wieder einen anderen Mann?
Fritz: Unsere Mutter lebte von der Hoffnung, dass ihr Mann noch gefunden wird.
Elmar: Ein neues Leben anzufangen, den Verlust zu überwinden, war für sie unvorstellbar. Nicht aus gesellschaftlichen Gründen. Sie konnte einfach ihr Herz nicht mehr öffnen.
Hätten Sie sich das manchmal gewünscht?
Elmar: Vielleicht hätte mir etwas mehr Bewähren und weniger Bewahren gut getan. Da hatte Fritz mehr Möglichkeiten. Er konnte losmarschieren und sich, ja, bewähren.
Fritz: Wie meinst du das jetzt?
Er wusste: Da ist noch jemand bei der Mutter?
Elmar: Irgendwie ja. Ich war das Nesthäkchen.
Sie sind in den wilden Sechzigern groß geworden. Wie haben Sie die erlebt?
Fritz: Die wilden Sechziger?
Elmar: Ja, die Sechzigerjahre, nicht dein letztes Jahrzehnt, Fritz. 1960!
Fritz: Für mich waren die total unwild. Gut, wir sind in den »Hot Club« gegangen, wo es hübsche Mädchen gab und Jazz gespielt wurde. Aber wenn das wild war, heiße ich Maier. Wir haben uns sexuell selbst befreit. Als meine Mutter versucht hat, mich aufzuklären, habe ich gesagt: Du Mutti, weiß ich alles.
Es war die Zeit der Jugendrevolte. Für Sie auch?
Elmar: Natürlich hat man die Schwabinger Krawalle miterlebt. Einmal, in der Schellingstraße, wäre ich fast zwischen die Fronten geraten. Aber ich war kein Aktivposten.
Fritz: Ich saß mal mit Freunden im »Café Europa« in der Leopoldstraße. Plötzlich hörten wir, dass draußen was los war und sind raus. Die berittene Polizei ging mit Knüppeln auf eine Bekannte von mir los, die im siebten Monat schwanger war. Ich bin kein 68er, ich war liberal, aber das empfand ich als unsäglich. Da hatte ich genug von der Obrigkeit.
Gab es Phasen, in denen Sie sich voneinander entfernt haben?
Elmar: Fritz ging aus, hatte erwachsene Freunde, eine Freundin. Ich blieb noch lange Kind.
Fritz: Als der Elmar 18 war, dachte ich auch: Er sitzt zu oft zu Hause. Wir waren bei einem Freund in einer vornehmen Villa eingeladen. Ich wollte ihn mit der Schwester meiner damaligen Freundin bekannt machen, einem bildhübschen Mädchen, das ich auch toll fand. Dann sehe ich meinen Bruder mit zwei Mädchen tanzen. Da hab ich’s gelassen. Du brauchst also nicht so heilig tun!
Elmar: Das war ein singuläres Erlebnis.
War der Fritz für Sie ein Vorbild?
Fritz: Nein, das glaub ich nicht.
Elmar: Doch. Natürlich. Es gibt Dinge, die hab ich am Fritz immer beneidet: Er ist spontaner, unbekümmerter, mutiger. Diese Spontaneität würde ich mir manchmal wünschen. Auf heute übertragen: Er hat eine selbstsichere, entspannte Art zu schauspielern, die ich nicht habe. Er kann seine komische Seite freisetzen.
Fritz: Na, wie du einmal im Polizeiruf mit Helmut Fischer einen Betrunkenen nach einer durchzechten Nacht im »Hofbräuhaus« gespielt hast, nicht eins zu eins, sondern so poltmäßig hinterfragt, das war Weltklasse! Und die seelische Öffnung in Kirschblüten, ohne sich anzubiedern, das sind Leistungen, die mich nicht nur beeindruckt, sondern auch sehr bewegt haben.
Elmar: Aber das Komödiantische hast du besser drauf.
Fritz: Ach was. Wir haben früher Kasperltheater gespielt und die Geschichten selbst erfunden, erinnerst du dich? Unser Krokodil und der Teufel, die waren total zerschlagen von der Pretsche vom Kasperl.
Elmar: Kann es sein, dass ich das Krokodil war?
Fritz: Jedenfalls fanden wir unsere Geschichten immer lustiger.
Elmar: Ich sag’s mal anders. Wir sind beide nicht die schlechtesten Schauspieler. Aber es werden nicht immer die Sachen am besten, die glatt von der Hand gehen. Manchmal muss man sich überwinden. Und manchmal hat man auch einfach Glück. Dass Kirschblüten zustande kam, war nicht zwingend, sondern glückliche Fügung.
Sie, Fritz, sind ja quasi mit und im Fernsehen groß geworden.
Fritz: Ich hab 1956 im ersten Fernsehspiel mitgewirkt, da war ich 15. Das war verfilmtes Theater. Nach der Tagesschau gab’s fünf Minuten Pause, da wurde ein schlafender Löwe gezeigt, der nach drei Minuten halb wach war. Währenddessen wurden die Kameras von einem Atelier ins andere geschleift. Und dann ging’s los. Live. Ich hatte keine feuchten Hände, ich hatte Pfützen in den Händen! Die Gage gab’s gleich danach, davon hab ich mir meinen ersten Fernseher gekauft.
»Der Fritz hat die Chefrolle übernommen«
»Elmar, im Gegensatz zu Fritz haben Sie studiert. Um etwas anders zu machen als er?
Elmar: Nein. Ich war erst bei der Bundeswehr, dann wurde Theaterwissenschaft plötzlich ein Studienfach, da dachte ich: Das ist es. Ich wollte Regisseur werden. Ohne mir allerdings im Klaren zu sein, was man draufhaben muss.
Haben Sie deshalb Fritz' Rolle im Kommissar übernommen, als der 1974 zu Derrick wechselte?
Elmar: Ich war da immer noch unsicher, ob es das jetzt ist: Schauspieler werden. Ich habe nicht so gebrannt für den Beruf wie andere. Aber es war auch nicht wirklich die gleiche Rolle. Ich war Harry Kleins Bruder, Erwin Klein. Und ich kam von der Polizeischule.
Fritz: Es war eine andere Rolle, aber der Stuhl war derselbe. Es war natürlich verlockend. Das war die erfolgreichste Serie damals.
Elmar: Und ich war nicht in der Position, mir was auszusuchen. Ich hatte zwar zig Filme synchronisiert, aber noch nicht viel gedreht.
Fritz: Das Fernsehen war ja was ganz Neues. Elmar und ich haben beide Anfang der Fünfzigerjahre Theater gespielt, an der Jugendbühne. Elmar war auch Kinderdarsteller an den Kammerspielen. Aber damit haben wir nur Geld verdient, haben uns Hosen und die erste Uhr gekauft. Wenn man Glück hatte, warteten hinter der Bühne 25 Fans auf einen, das war’s. Mit dem Kommissar hatten wir nur eine Konkurrenz: die Nationalmannschaft. Die hatte auch eine Einschaltquote von 85 Prozent. Damals gab es im Fernsehen entweder Fußball, Ballett oder den Kommissar.
Wir erklären Sie sich den Erfolg der Serie Derrick, die in mehr als 100 Ländern lief?
Fritz: Die Italiener lieben diese Serie über die Polizei in der nördlichsten Stadt Italiens, weil sie es auch gerne so hätten.
Aber schauspielerisch war das nicht wirklich eine Herausforderung, oder?
Fritz: Es ist kein Hamlet oder Othello, aber als Schauspieler 350 Folgen glaubwürdig zu vermitteln, das darf man nicht unterschätzen. Da werden Zwischentöne wichtig.
Sie sehen sich beide ständig gegenseitig im Fernsehen. Ruft dann der eine den anderen auch mal an und sagt: Das hat mir aber nicht gefallen?
Elmar: Es gab sicher schon mal Sachen, da fand ich die Geschichte etwas flach oder die Charaktere.
Fritz: Welche war das?
Elmar: Ich kenn das von mir auch, dass man manchmal in Produktionen steckt und denkt: Hilfe, es stimmt an vielen Ecken nicht. Manchmal stimmt man auch selber nicht.
Gibt es Seiten am anderen, die nerven?
Elmar: Der Fritz hat aus so einem Selbstverständnis heraus, der ältere Bruder zu sein, eine gewisse Art, die Chefrolle einzunehmen.
Warum ist es gut, einen Bruder zu haben?
Elmar: Ja, das ist jetzt so eine Frage.
Fritz: Damit man nicht als Einzelkind aufwächst.
Elmar: Damit man aufgeklärt wird.
Fritz: Ich wollte eigentlich Einzelkind bleiben, hat zumindest meine Mutter erzählt. Als der Elmar im Kinderwagen lag, habe ich ihm mit den Fingern in die Augen gedrückt, weil ich wissen wollte, ob der echt ist oder nur eine Puppe.
Elmar: Du hast zur Mutti immer gesagt: Bleibt der jetzt da?
Fritz: Das darf ich doch wohl fragen. Ich hab dich immer im Kinderwagen herumgeschoben, der sah aus wie ein Cadillac. Meine Bruderliebe aber hab ich entdeckt, als du im Krankenhaus lagst. Mit Diphterie.
Elmar: Scharlach.
Fritz: Scharlach! Da hab ich dich vermisst.
Wofür sind Sie dem anderen dankbar?
Fritz: Für seine Loyalität. Dick fließt das Blut. Diesen Zusammenhalt hat schon unsere Mutter nicht nur gepredigt, sondern gelebt. Ich bin sehr froh um diese Brüderschaft.
Elmar: Das könnte auch anders sein, da sind wir sehr privilegiert.
Fritz: Freundschaft muss man pflegen, Brüderschaft muss man auch pflegen. Der Elmar wäre, wenn er nicht mein Bruder wäre, mein bester Freund. Wir kommen uns wie gesagt nicht einmal beim Fischen ins Gehege: Mein Bruder ist Linkshänder, ich bin Rechtshänder. Wir stehen weit auseinander, denn Fliegenfischen ist ein Kampfsport. Es sind zehn oder 20 Meter Schnur in der Luft, und wenn Wind aufkommt, schlägt die Schnur einen Bogen. Da bleibt schon mal ein Haken irgendwo hängen.
Elmar: Eine Brille sollte man immer aufhaben. Ein schlechter Wurf, dann bricht die Schlaufe zusammen, der Haken saust am Kopf vorbei. Zack.
Fritz: Das Vorfach heißt nicht umsonst Schusskopf.
Was ist das Vorfach?
Fritz: Die Schnur vom Haken bis zur Hauptschnur. Sie ist keulenartig geformt, damit sie Gewicht hat. So bleibt sie in der Luft und fällt nicht lasch zusammen.
Elmar: Man muss die Schnur in der Luft vor- und zurückschwingen, bis man genau die Länge hat, von der man weiß: Die Fliege landet vor der Stelle, wo der Fisch steht.
Fritz: Das ist die Kunst: das Werfen. Das Servieren. Wenn man einen Ring an der Wasseroberfläche sieht, weiß man: Da steht eine Forelle. Wir Fliegenfischer fischen nicht auf Verdacht, sondern gezielt, wie Jäger.
Gibt es Tricks?
Fritz: Forellen stehen oft in einem Fenster, also dort, wo ein Stein oder ein Stamm eine Welle hinterlässt. Die wirft man an.
Elmar: Wenn der Fisch beißt, kann man ihn nicht einfach einkurbeln wie beim Angeln. Man muss Spannung auf den Fisch kriegen.
Fritz: Wir fischen ohne Widerhaken, denn wenn der Fisch zu klein ist, will man ihn ja unverletzt freilassen können.
Elmar: Forellen schlucken den Köder nicht. Die beißen nur vorn, da sind keine Knochen, keine Nerven. Der Fisch erschrickt natürlich, weil er festhängt, aber hat keine Schmerzen.
Fritz: Wir entnehmen nur die Fische, die wir essen.
Sie sind beide immer in Bayern geblieben. Hat es Sie nie woanders hingezogen?
Fritz: Ich halte mich da an den Satz von Ludwig Thoma, der am Tegernsee festgestellt hat: »Um mich herum ist Heimat.« Ich bin kein Wandervogel, aber diese Heimat ist für mich sehr wichtig. Sprachlich, historisch, der Humor, die Weißwürste.
Elmar: Ich bin mal ein Vierteljahr lang mit einem Freund im Wohnwagen von Seattle runter bis nach Mexiko gefahren. Eine tolle Reise, viele Eindrücke, Natur ohne Ende, Wälder. Anfang Oktober war ich zurück. Und fuhr, an einem perfekten Herbsttag, den Samerberg hoch, unten der Chiemsee, rechts oben die Kampenwand. Da konnte ich nicht mehr. Ich hab das Auto am Rand abgestellt und losgeheult und gedacht: Mein Gott, ist dieses Bayern schön.
Die Rollen ihres Lebens
Fritz Wepper (links), 71, und Elmar, 68, gehören seit 50 Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Schauspielern. Sie wuchsen in München auf und spielten Kinder- und Jugendtheater. Fritz bekam 1959, mit 18, in Bernhard Wickis Die Brücke seine erste Filmrolle, Elmar war Synchronsprecher in Fury. 1968 wurde Fritz der Assistent Harry Klein beim Kommissar. 1974 wechselte er zu Derrick, für 23 Jahre. Elmar übernahm im Kommissar: als Harrys Bruder Erwin Klein. Beide sind bis heute gefragt: Fritz zum Beispiel als Bürgermeister in Um Himmels Willen, Elmar in hochgelobten Kinofilmen wie Kirschblüten – Hanami.
Fotos: Robert Fischer