Von einem Mann, der tanzen kann, lassen sich Frauen schneller erobern, als er »Darf ich bitten?« sagen kann. Wir begegnen so vielen, die es nicht können. Oder die es gar nicht erst probieren. Warum eigentlich nicht? Typische Antwort: »Hab zwei linke Füße.« Sie fürchten, sie könnten versagen. Unsouverän wirken.
Also hängen sie lieber an der Bar, glotzen in ihre Bierflaschen und wundern sich, wenn die Frau frühmorgens immer noch nicht nach Hause will, weil sie sich viel zu gut amüsiert. Das verpassen Männer nämlich, die stehen, statt sich zu bewegen: das Gefühl einer durchtanzten Nacht, wenn der Körper summt vor Euphorie und im Kopf vor Erschöpfung auf einmal alles ganz ruhig ist.
Die Vorstellung, dass auch Männer in Gruppen tanzen, ist lächerlich (Ausnahme: Boybands). Umso souveräner ist es, wenn der Mann plötzlich ganz allein vor einem steht. Wir ahnen, dass er sich zu diesem Schritt überwinden musste. Wir mögen es, wenn Männer sich für uns zu etwas überwinden. Er kann sich in dem Augenblick an nichts festhalten. Nicht am Tresen, nicht an seinen Kumpels. Nur an der Musik.
Was dann passiert, ist entscheidend. Bewegt er sich monoton und hebt mechanisch die Arme auf und ab? Oder rollt er die Schultern, wippt den Kopf von Seite zu Seite, macht Schrittkombinationen? Dann wirkt er unwiderstehlich. Wenigstens einer Studie der Universität Northumbria in England zufolge. Die sollte herausfinden, ob Balzrituale aus der Tierwelt auch funktionieren, wenn Männer sie anwenden. Ergebnis: Männer, die Torso, Kopf und Schultern in unterschiedlichen Bewegungsabfolgen kombinieren, werden als gute Tänzer empfunden, denn sie demonstrieren Kreativität, Flexibilität und Wandelbarkeit. Ein schlechter Tänzer hingegen folgt rigiden und stereotypen Bewegungen. Wie der Headbanger.
Wer einem Mann eine halbe Minute beim Tanzen zusieht, erfährt mehr über ihn als bei einem langen Gespräch: Guckt er ständig, ob die anderen gucken? Verlangt er nach Applaus? Oder vergisst er sich selbst? Sieht er die Frau, die vor ihm steht? Ganz schwierig: Männer, die beim Tanzen »Moves« machen und die auch so nennen. Den Roboter. Den Taucher. Den Running Man. Ein guter Tänzer macht sich nicht dadurch lächerlich, dass er sich selbst zu ernst nimmt. Er tut aber auch nicht so, als sei das Tanzen an sich lächerlich. Wenn ihm das gelingt, fallen ihm die Frauen vor die Füße. Wer sehen will, wie es geht, muss nur einen Blick in das DVD-Regal einer Frau werfen: Pulp Fiction (John Travolta). Footloose (Kevin Bacons Fußarbeit!). Und natürlich Dirty Dancing (Patrick Swayze, ach, Patrick Swayze!).
Es gibt allerdings noch etwas, mit dem ein Mann auf der Tanzfläche beeindrucken kann: Wenn die Frau neben ihm auf einer Hochzeitsparty nach dem vierten Kräuterschnaps beschließt, die Luftgitarre auszupacken und ein furioses Solo zu Summer of ’69 zu spielen. Und er mich trotzdem liebt.
Illustration: Daniel Frost